Reformpläne sind ein guter Anfang

Gemischte Reaktionen aus Frankfurt auf Lauterbachs Vorschläge zum Umbau der Krankenhausfinanzierung
Ein guter Anfang - darauf können sich die vier Frankfurter, die diese Zeitung zur geplanten Neugestaltung der Krankenhausfinanzierung befragt hat, einigen. Die Gründe für diese Einschätzung sind allerdings - genauso wie die Bewertungen einzelner Teile - ziemlich unterschiedlich.
Für Prof. Jürgen Graf, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Uniklinikums, gehen die Pläne „in die richtige Richtung“ - allerdings nur dann, wenn sie auch tatsächlich umgesetzt werden. „Die administrative Komplexität und die hohen Kosten unseres Gesundheitswesens sind nicht zuletzt die Folge einer unübersehbaren Anzahl von kleineren und größeren Reformversuchen, die regelmäßig nur in Teilen zur Umsetzung gekommen sind.“
Die Reduzierung der Fallpauschalen zugunsten einer Vorhaltevergütung für bestimmte Leistungen sei „grundsätzlich ein sinnvoller Ansatz“, da sie die Finanzierung mit Qualität statt mit Masse verknüpfe.
Die Einteilung in ein gestuftes Versorgungsmodell sei „überfällig“, weil auch das die Qualität und zudem die Wirtschaftlichkeit erhöhe. Dass bestimmte Behandlungen nur noch in bestimmten Krankenhäusern durchgeführt werden, sorge außerdem für Transparenz und mache es für die Patienten einfacher. Als Uniklinik gehört sein Haus zur höchsten Stufe der Maximalversorger.
Martin Menger, unter anderem Geschäftsführer des Höchster Klinikums, sieht ebenfalls „gute Ansätze“. Das Hauptproblem des deutschen Krankenhauswesens würde die Reform seiner Meinung nach aber nicht lösen: Weil sie als Basiswert für die Neuverteilung die Finanzlage des vergangenen Jahres nimmt, sei sie per definitionem unterfinanziert: Laut Deutscher Krankenhausgesellschaft fehlen durch die coronabedingte Abnahme an Patienten und gestiegene Personalanforderungen bundesweit 15 Milliarden Euro Betriebskosten und vier Milliarden Euro Investitionskosten - bei 1877 Krankenhäusern grob überschlagen also rund zehn Millionen Euro pro Haus. „Ich fordere deshalb zusätzlich zum generellen Umbau ein kurzfristiges Paket zur Absicherung der Kliniken.“ Fünf Jahre Zeit, um sich an das neue System heranzutasten, mit flankierender finanzieller Unterstützung. „das finde ich sinnvoll“.
Nicht sinnvoll hingegen sei es, Krankenhäuser, die sich perspektivisch nicht selbst finanzieren können, mit Hilfe der Vorhaltevergütung „künstlich am Leben“ zu halten. „Krankenhäuser teilweise oder ganz zu schließen wäre richtig und notwendig.“ Dafür fehlte der Politik allerdings bisher meist der Mut.
Die Fallpauschalen durch Vorhaltevergütungen zu ergänzen, sei „ein richtiger Ansatz“. Sie abzuschaffen, nicht. „Ohne einen gewissen Wettbewerb gibt es keinen oder nur langsamen Fortschritt.“ Das Klinikum Höchst soll auch künftig Maximalversorger bleiben, die beiden anderen Kliniken des Varisano-Verbunds bleiben ebenfalls in ihren Stufen.
„Den Häusern steht das Wasser bis zum Hals“
Ihm zur Seite steht - nicht nur finanziell - Gesundheitsdezernent Stefan Majer (Grüne): „Den Häusern in städtischer Trägerschaft steht das Wasser bis zum Hals.“ Ob die Reform der erhoffte Rettungsring sei, müsse sich zeigen. „Positiv ist, dass die Koalition im Bund das Thema grundlegend angehen will.“ Notwendig seien aber „eine grundlegende Reform der Finanzierung plus kurzfristige Entlastungen“.
Einen etwas anderen Blickwinkel hat Christian Schwark, Neurologe am Nordwestkrankenhaus und Vorsitzender des Marburger Bunds Hessen. Er begrüßt, dass endlich der Wille zu einer „echten Reformierung“ da sei, deren Ansätze „grundsätzlich sinnvoll“ seien. Die Klinikärzte plädieren aber dafür, die Fallpauschalen langfristig ganz abzuschaffen und die Personalkosten für Ärzte, wie bereits die für das Pflegepersonal, in die Vorhaltekosten zu überführen. So soll verhindert werden, dass, um Geld zu sparen, Arztstellen nicht neu besetzt werden.
Die Idee, unter dem Label „Grundversorger“ eine integrierte ambulante und stationäre Versorgung zu schaffen, werfe Fragen auf: „Es ist beispielsweise unklar, welche Patienten eine solche ’Basisversorgung’ benötigen, die nachts und am Wochenende weitgehend ohne Ärztinnen und Ärzte auskommen soll, und wer die Haftung übernimmt, wenn die Leitung beim Pflegepersonal liegt.“ Zudem müsse für den Hin- und Hertransport der Rettungsdienst ausgebaut werden.