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Roma-Hütten sollen verschwinden

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In der Nähe des Heizkraftwerks West leben rund 30 Roma in Verschlägen aus Sperrmüll. Die Firma, der das Grundstück gehört, hat Strafanzeige gestellt. Sie will das illegale Lager möglichst schnell räumen lassen. Das städtische Ordnungsamt verweist dabei auf die Polizei.

Erst vor gut einem Jahr hat die Stadt ein slumartiges Hütten-Lager im Gutleutviertel räumen lassen. Auf einem ehemaligen Industriegelände lebten dort jahrelang bis zu 70 Menschen in selbstgezimmerten Holzverschlägen (mehr dazu im unten stehenden Begleittext) . Die meisten von ihnen waren Roma, die aus Rumänien stammten. Nun haben sich keinen Kilometer vom damaligen Lagerplatz entfernt wieder rund 30 Hüttenbewohner niedergelassen. Es könnte sich zum Teil um dieselben Personen wie damals handeln.

Zwischen Müll und Metall

„Wir kommen aus Rumänien, sind aber schon seit mehreren Jahren in Deutschland“, sagt Arsene Cristian Baies. Sie hätten schon an verschiedenen Plätzen in Frankfurt gewohnt und wären immer wieder vertrieben worden, erzählt Baies. Seit zwei Monaten seien sie hier. In der Nähe des Heizkraftwerks West haben sie sich die Laderampen zweier leerstehender Industriegebäude als Lagerplatz ausgesucht. Aus alten Matratzen und Möbelresten haben sie sich unter Vordächern ein gutes Dutzend Hütten gebaut. Neben Müllhaufen liegen Metallreste und auseinandergeschraubte Fahrräder, in einem Einkaufswagen türmen sich Pfandflaschen und leere Dosen.

Der 42-jährige Baies ist der einzige aus der Gruppe, der etwas Deutsch spricht. Angeblich arbeitet er als Maurer auf verschiedenen Baustellen. Er holt einen zusammengefalteten Arbeitsvertrag aus seiner abgenutzten Geldbörse. Als Stundenlohn sind darauf 14,70 Euro mit Kugelschreiber eingetragen.

Baies erzählt, dass die anderen Bewohner der Hüttensiedlung keine Arbeit fänden, weil sie die Sprache nicht könnten. Währenddessen gesellt sich eine kleine Frau mit wenigen Zähnen dazu und streckt ihre Hand aus. Ein paar deutsche Worte bringt sie dann doch über die Lippen: „Zehn Euro für Essen.“

Eigentümer der beiden Gebäude ist das Chemieunternehmen Ferro. Am 7. März hat die Firma Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch gestellt. „Wir möchten so schnell wie möglich wieder Ordnung herstellen“, sagt Standortleiter Stefan Pfeifer. Die hygienischen Zustände seien katastrophal.

Dem städtischen Ordnungsamt sind diese bekannt. Zuständig für eine Räumung sei aber nicht seine Behörde, sondern die Polizei, sagt Sprecher Michael Jenisch. Und bei der Frankfurter Polizei heißt es wiederum, man könne erst tätig werden, wenn ein gerichtlicher Räumungsbeschluss vorliege und der Gerichtsvollzieher um Unterstützung bitte.

Gericht eingeschaltet

Das könnte demnächst der Fall sein. Denn Ferro-Standortleiter Pfeifer sagt: „Wir sind gerade dabei, vor Gericht eine einstweilige Verfügung zu erwirken, um das Lager räumen zu lassen.“

Auch das Frankfurter Sozialamt ist über die neue Hüttensiedlung informiert. Straßensozialarbeiter werden sich demnächst dort umsehen, kündigt die Sprecherin des Sozialdezernats, Manuela Skotnik, an. „Wir haben den Träger der Obdachlosenhilfe gebeten, sich darum zu kümmern. Das ist für diesen Bezirk das Diakonische Werk.“

Sollte das Roma-Lager geräumt werden, könnten dessen Bewohner für zwei, drei Tage übergangsweise in einem Heim untergebracht werden, sagt Skotnik. „Wir prüfen dann, ob sie Ansprüche auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch haben.“ Unabhängig davon könnten Obdachlose aber jederzeit in der B-Ebene der Hauptwache übernachten, um vor der Kälte geschützt zu sein.

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