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Samen, Spinat und Teufelsohr

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Helles Ambiente, viel Grün: Rund 20 Aussteller boten bei der Premiere der Saatgut-Börse in der Seilerei ihre Waren an. Und rund 1500 Besucher kamen. FOTOs:
Helles Ambiente, viel Grün: Rund 20 Aussteller boten bei der Premiere der Saatgut-Börse in der Seilerei ihre Waren an. Und rund 1500 Besucher kamen. FOTOs: rainer rüffer © rüffer

Saatgut-Börse im Netzwerk Seilerei - Premiere mit über 1500 Besuchern ein Erfolg

Manchmal geht die Energiewende ungewöhnliche Wege. Und wo vorher noch Benzin geflossen ist, liefern jetzt Tomaten und Paprika den Saft. So wie an der „Gemüsetankstelle“ von Michael Pecho, der neben Samen auch kleine Setzlinge verkauft und für Bettina und Heiko Wagner Erdbeerspinat im Angebot hat: „Genau das Richtige für unser Grabeland in Eschersheim“, freut sich das Ehepaar. „Die Namensidee zur Gemüsetankstelle kam mir, weil an meinem Gewächshaus in Rödelheim früher tatsächlich Zapfsäulen standen“, verrät Pecho.

Auch Kräuter und Honig

An diesem Tag nimmt er am ersten Saatgut-Markt des Vereins Seilerbahn Kunst & Kultur auf dem alten Werksgelände in der Offenbacher Landstraße teil. Und mit rund 20 Ausstellern und 1500 Gästen auf dem weitläufigen Grundstück ist die Premiere durchaus gelungen.

Das bunte Programm mit viel Musik von den „Happy Gangstas“ reicht von Verkaufs- und Tauschständen für Saatgut und Pflanzen über Foodsharing, Kräuter- und Honigverkauf bis zur Beratung für eigene Pilzzucht und einer Kleidertauschbörse. Kinder kommen auf ihre Kosten beim Bauen von Samenbomben und Bogenschießen: Auch das passt zur Seilerei, in der früher auch die Sehnen hergestellt wurden, mit denen der Bogenschütze und -bauer Blasius Maltzahn seine Sportwaffen selbst herstellt.

Ein Heimspiel haben auch die Gemüseheldinnen, die neben der Grünen Lunge im Günthersburgpark eine Stadtfarm in Sachsenhausen betreiben und zum Thema Permakultur und dauerhafte Landwirtschaft auch für Einsteiger zahlreiche Tipps auf Lager haben. „Kochen mit Biogas im eigenen Garten“ lautet derweil ein Vortrag von Katrin Pütz, den Cajus Heubner gleich in die Tat umsetzt: Mit Gleichgesinnten hat er unter einem Gewächshausdach auf dem Außengelände der Seilerei eine kleine Biogasanlage gebaut. „Die wird mit Mist vom Dottenfelder Hof betrieben und soll schon in wenigen Wochen Energie für drei bis vier Stunden Küchenarbeit liefern“, hofft er. Derweil führt sein Vater Wolfgang Heubner Interessierte durch die Seilerei, die noch bis vor drei Jahren in Betrieb war: „Nachdem die eigentliche Seilerherstellung schon 1985 nicht mehr wirtschaftlich war, florierte die Produktion von Seilabhängungen, so dass der Betrieb 2021 nach Nieder-Eschbach umgezogen ist“, erklärt Ehefrau Verena, geborene Reutlinger. Sie kommt aus der Inhaberfamilie der Wilhelm-Reutlinger-GmbH und bestimmt als Vorstandsmitglied des Vereins Seilerbahn Kunst & Kultur die Geschicke der Seilerbahn.

Raum für Kunst und Kultur

Verena Heubner stellte sich gegen den Verkauf des 15 000 Quadratmeter großen Betriebsgeländes an einen Bauinvestor und kämpfte für den Erhalt der Seilerbahn als Raum für Kunst- und Kulturschaffende: Neben einer Zimmerei, die Sohn Cajus betreibt, sind hier Ateliers, Probenräume, Bühnen und weitere Werkstätten entstanden. Auch biologischer Obst- und Gemüseanbau werden hier betrieben, ebenso Bienenzucht und eine Bäckerei.

Und damit die fruchtbare Saat bald aufgeht, haben die Experten einige Tipps parat: „Das Teufelsohr ist ein Pflücksalat in einjähriger Kultur, der von außen nach innen geerntet wird“, verrät Nils Sielaff, der auf YouTube einen eigenen Kanal zu Pflanzensamen betreibt.

Clara Schmidt von Myco-Nect in Düsseldorf führt vor, wie sich Shitakepilze aus einem Substrat von Sägespänen gefällter Bäume züchten lassen. Und Michael Pecho rät, den heranwachsenden Erdbeerspinat in der warmen und trockenen Jahreszeit zweimal täglich zu gießen. Übrigens: „Die Früchte erinnern zwar an Erdbeeren, schmecken aber nicht so.“ Sie sind eher Futter für die Raupen des Dickkopffalters.

Gernot gottwals

An der Gemüsetankstelle von Michael Pecho und Sohn Liam gibt’s keinen Sprit sondern Setzlinge.
An der Gemüsetankstelle von Michael Pecho und Sohn Liam gibt’s keinen Sprit sondern Setzlinge. © rüffer

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