Scharfe Kritik am barrierefreien Ausbau

Behinderten-Arbeitsgemeinschaft wirft Stadt Schneckentempo bei der Umgestaltung von Haltestellen
Fünf weitere Frankfurter Straßenbahnhaltestellen sollen in diesem Jahr barrierefrei gestaltet werden. An der ersten haben nun die Bauarbeiten begonnen. Das geht nicht schnell genug, kritisiert jedoch die Frankfurter Behinderten-Arbeitsgemeinschaft (FBAG).
„Da muss endlich mal Gas gegeben werden“, findet Hannes Heiler von der FBAG. Obschon das Personenbeförderungsgesetz die Barrierefreiheit im Nahverkehr bereits seit 2022 vorschreibe, sei bis heute nicht absehbar, bis wann Frankfurt alle Haltestellen umgebaut habe. „Da fehlt ein fester Zeitplan“, kritisiert Heiler.
Zwar sind in städtischer Verantwortung 82 der 84 U-Bahn-Haltestellen bereits barrierefrei und der Umbau der Stopps Römerstadt fürs vierte Quartal sowie Niddapark für kommendes Jahr vorgesehen. Beim Bus allerdings sind erst 56 Prozent der 1400 Halte barrierefrei, bei der Straßenbahn sind es sogar erst 53 Prozent der 136 Stationen. Nach den Sommerferien wolle das Dezernat den Stadtverordneten eine Bilanz vorlegen, kündigt der scheidende Stadtrat Stefan Majer (Grüne) im Mobilitätsausschuss an.
Es seien „in der Zwischenzeit nicht im großen Stil Planungen vorangebracht worden“, kritisiert er seinen Vorgänger Klaus Oesterling (SPD). So kamen 2018 und 2021 offenbar jeweils gar keine neuen barrierefreien Haltestellen hinzu, 2019 und 2020 wurde je nur eine umgebaut. Die Planungen seien inzwischen intensiviert worden, der Umbau werde daher wieder an Fahrt aufnehmen, kündigt Dezernent Majer an.
Bauarbeiten im Ostend sind angelaufen
An der Station Habsburger-/Wittelsbacherallee der Straßenbahnlinien 14 im Ostend sind im Auftrag der Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) vor kurzem die 1,8 Millionen Euro teuren Umbauarbeiten angelaufen. Bis Mitte oder Ende September sollen beide künftig 40 Meter langen Perrons fertig sein, kündigt VGF-Sprecher Bernd Conrads an. Die bisherigen Bahnsteige sind deutlich länger, wurden jedoch stets nur an ihrem südlichen Ende genutzt. Bis voraussichtlich 8. Dezember würden dann noch die Zugänge umgebaut, erklärt Conrads.
An den neuen Bahnsteigen der Haltestelle Habsburger-/Wittelsbacherallee werden Fahrgäste dank eines 25 Zentimeter über Schienenoberkante liegenden Bahnsteigs ebenerdig in die Trams einsteigen können. Bisher waren die Bahnsteige nur rund 15 Zentimeter hohe Standardbordsteine. Zusätzlich würden Bahnsteigkantendämpfer eingesetzt, wodurch sich der Spalt zwischen Fahrzeug und Bahnsteig auf nur vier Zentimeter reduziere, erläutert Conrads.
Zusätzlich wird der stadtauswärts führende Bahnsteig auf 3,87 Meter breiter, indem die hintere Kante direkt an den Rand der Fahrbahn versetzt wird. Die neuen Wartehallen erhalten Gründächer, ebenso werden digitale Abfahrtanzeiger aufgestellt, erklärt der VGF-Sprecher. Während der Bauarbeiten fährt die 14 ohne Einschränkungen und hält im nördlichen Teil der Haltestelle, da die vorbereitenden Arbeiten - neue Masten wurden gesetzt und das Schotterbett gestopft - bereits im vorigen Jahr erledigt wurden. Seinerzeit war die Strecke mehrere Wochen lang voll gesperrt gewesen, um zwischen Scheidswald- und Freiligrathstraße ein Grüngleis einzubauen.
Bereits in den vergangenen Jahren waren die Fußgängerüberwege der benachbarten Kreuzung barrierefrei umgebaut worden, ebenso die beiden Haltestellen der Buslinie M32 an der Habsburgerallee. Dass auch die umliegenden Zuwegungen zu den Haltestellen barrierefrei umgebaut werden müssten, sei heute Voraussetzung für die finanzielle Förderung, erklärt Mobilitätsdezernent Majer.
„Der Umbau ist dadurch in den vergangenen Jahren deutlich komplizierter geworden.“ Auch sein Vorgänger Oesterling hatte darauf bereits hingewiesen. Meist sei der barrierefreie Umbau daher nicht mehr schnell machbar, sondern die Vorhaben entwickelten sich zumeist zu Großprojekten mit intensiven Eingriffen in die ganze Straße, erläutert Majer.
Dennoch plant die VGF für dieses Jahr noch vier weitere Tram-Stationen barrierefrei umzubauen. So soll die Haltestelle „Hospital zum Heiligen Geist“ der Linie 18 in der Langen Straße in der Innenstadt vom dritten Quartal an erneuert werden. Ebenso steht fürs dritte Quartal die Haltestelle Stresemannallee/Gartenstraße der Linie 15 in Sachsenhausen auf dem Plan. Im vierten Quartal soll es - dann erneut in Sachsenhausen - mit dem Umbau der Haltestellen Lokalbahnhof/Textorstraße (Linien 15, 16 und 18) sowie Stresemannallee/Mörfelder Landstraße (Linien 17 und 18) losgehen. Dennis Pfeiffer-Goldmann