Wo Schüler Erste Hilfe leisten

Gibt es an der Deutschherrenschule einen medizinischen Notfall, wissen mehr als 30 Schüler professionellen Rat – weil sie vom Malteser Hilfsdienst zu Schulsanitätern ausgebildet wurden. Mittlerweile läuft das freiwillige Projekt im zweiten Jahr.
Wenn es schnell gehen muss, ist guter Rat teuer – bei einem medizinischen Notfall können wenige Momente über schwerwiegende körperliche Folgen und auch über Leben und Tod entscheiden. Die rund 400 Kinder und Jugendlichen der Deutschherrenschule, einer Realschule an der Willemerstraße, können sich in dieser Beziehung einigermaßen sicher fühlen: Unter ihnen befinden sich 30 Schüler, die vom Malteser Hilfsdienst als Schulsanitäter ausgebildet wurden und werden. Das erfolgreiche Projekt, das die Malteser bundesweit anbieten, in Frankfurt aber nur an der Deutschherrenschule, läuft nun im zweiten Jahr, obwohl die Teilnahme freiwillig ist.
Abgesehen vom positiven Vermerk im Zeugnis ist die Motivation der Schüler dabei aller Ehren wert: „Das Gefühl, jemandem das Leben retten zu können, ist wichtig“, erklärt Fatih (15). Und seine Mitschülerin Katarina (16) berichtet: „Neulich ist meine beste Freundin umgekippt, da musste ich Erste Hilfe leisten. Helfen zu können ist ein besseres Gefühl, als ratlos zu sein.“ Andere Schüler erzählen von Asthmaanfällen und aufgeschnittenen Knien, deren Versorgung sie entweder selbst vornehmen oder durch schnelles Rufen des Krankenwagens sicherstellen konnten. Es sei auch schon vorgekommen, dass ein Lehrer nicht zu reagieren wusste – die Schüler aber schon.
Auch im Unterricht
Projektleiter Hajo Trefz, Lehrer für Mathematik sowie Politik und Wirtschaft, platzt darum beinahe vor Stolz: „Ich hätte nicht gedacht, dass das Projekt so gut funktioniert. Soziales Engagement haben wir gerne hier“, sagt er. „Die Schüler wachsen über sich hinaus, bringen sich selbstständig auf ganz tolle Weise ein.“ Wenn bei der Sekretärin ein Krankheitsfall gemeldet werde, rufe diese auf dem eigens für die Schulsanitäter angeschafften Handy an, um den diensthabenden Schüler zu informieren. Dieser springe dann auch mitten im Unterricht auf und eile zur Hilfe. „In der gesamten Zeit ist das Handy höchstens zwei Mal nicht abgeholt worden“, betont Trefz – die Schüler kämen ihrer Verantwortung also stets nach. Obwohl der Schulsanitätsdienst einigen Spielraum für Missbrauch liefere – etwa Ausreden für das Schwänzen von Unterricht – käme dies sehr selten vor.
Somit erfüllt sich, was die Malteser mit dem Projekt, das pro Jahr und Schule knapp 5000 Euro kostet, erreichen wollen. Zum einen ist dabei die Vermittlung medizinischen Wissens zu nennen. An drei Wochenenden werden die Heranwachsenden in Fragen der Ersten Hilfe geschult, regelmäßige Fallbesprechungen sorgen für stete Fortbildung. Die Schüler erfahren wie eine Herz-Lungen-Wiederbelebung funktioniert, wie man Verbände anlegt, psychischen Beistand gibt und mit dem Rettungsdienst zusammenarbeitet. Außerdem lernen sie, spezifische Notfälle zu erkennen und die Erstversorgung vorzunehmen. „Den Klassiker, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall, erkennt man an stechendem Schmerz in der linken Hand. Die Brust fühlt sich an, als säße ein Elefant darauf“, erläutert Onor (17). Und Zoe (16) berichtet: „Wir können eigentlich alles, außer Medikamente verabreichen und Desinfektionsmittel nutzen. Es könnten Allergien bestehen.“
Wissen verbreiten
Nicht weniger wichtig ist den Maltesern aber auch die Förderung des sozialen Handelns. „Durch das Engagement werden Hilfsbereitschaft, Verantwortungsgefühl und Zuverlässigkeit gelernt“, sagt die Malteser-Stadtbeauftragte Annette Lehmann. „Wir erleben, dass die Persönlichkeitsentwicklung der Jugendlichen positiv beeinflusst wird und sie selbstbewusster werden.“ Außerdem trage der Schulsanitätsdienst dazu bei, dass das nötige Wissen über Erste Hilfe in der Bevölkerung zunehme.