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Lage in den Schulkantinen „weiter schwierig“ – Stadt Frankfurt sieht keinen Handlungsbedarf

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Vor allem regional und saisonal sollte das Angebot für die Schüler und Schülerinnen sein.
Vor allem regional und saisonal sollte das Angebot für die Schüler und Schülerinnen sein. © Renate Hoyer

Die Lage in den Schulkantinen sei weiter schwierig, sagt der Ernährungsrat – die Stadt sieht aber keinen akuten Handlungsbedarf.

Frankfurt – Was gibt’s zu essen? Eine der drängenden Fragen, wenn die Schule wieder losgeht. Dem Frankfurter Ernährungsrat ist die Frage wichtig – und die Antwort erst recht. Er fordert die Wiederaufnahme eines „runden Tischs“, der die Grundlagen einer gesunden und regionalen Versorgung der Schülerinnen und Schüler mit Lebensmitteln festzurrt.

Die Lage: „Schülerinnen und Schüler beschweren sich, Eltern beschweren sich, Caterer sagen, die Verpflegung wird zu teuer“, sagt Bärbel Praetorius aus dem Lenkungskreis des Ernährungsrats. Schulen beklagten, dass sie keinen Betrieb fänden, der das Essen liefere, weil die Kriterien der Stadt gerade für kleinere Anbieter schwer zu erfüllen seien.

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Dabei hatte die Stadt vor gut drei Jahren die neuen Kriterien eigens entworfen, um die Schulkantinen in eine bessere Zukunft zu führen. Nachhaltiger sollte es werden, aus regionalen und saisonalen Produkten zubereitet, mindestens 30 Prozent Bioanteil. Kein Einweggeschirr und kein Verpackungsmüll mehr, keine Fertigsoßen und -suppen. Einer der Auslöser war der Streit um die Versorgung an der IGS Nordend gewesen, wo 2018 ein beliebter kleiner Betrieb weichen musste, weil er die damals geltenden Ausschreibungskriterien nicht so erfüllen konnte wie eine Großküche – was alsbald einen regelrechten Streik der Schulkinder und Eltern verursachte.

Umdenken tat not. Aber kaum waren 2020 die neuen gesunden und sozialen Kriterien beschlossen und verkündet, kam Corona, dann kam der Krieg, die Kosten stiegen – und jetzt sei der schöne Plan aus dem Frankfurter Koalitionsvertrag nur noch Theorie, sagt Feyza Morgül, Sprecherin des Vereins Bionales, der den Ernährungsrat trägt. Mit schuld daran sei auch das verregnete Wetter im Sommer, das die regionale Lebensmittelproduktion behinderte und verteuerte; ein Problem, zumal Frankfurt ohnehin weit davon entfernt ist, sich flächendeckend aus regionalem Anbau versorgen zu können.

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„Wir brauchen ein Bewusstsein, um Krisen zu überstehen“, sagt Morgül. „Wir brauchen wieder einen runden Tisch“, sagt Praetorius, „und wir stehen zu der Forderung nach einer Stabsstelle Ernährung oder einer geeigneten Institution, die die Versorgung mit gesunden und regionalen Lebensmitteln in Frankfurt in die Hand nimmt.“ Nicht nur für Schulen, auch etwa für Alten-, Pflegeheime und Krankenhäuser.

Helfen könne dabei das „House of Food“ (deutsch: Haus des Essens), ebenfalls unter dem Dach des Ernährungsrats angesiedelt, um Betriebe, Kantinen, Köchinnen und Köche zum Wohl des Verpflegungsangebots zu vernetzen. Nächster Stammtisch des Arbeitskreises ist am 13. September (Info und Anmeldung: https://house-of-food-ffm.de/kuechenstammtisch).

Was sagt die Stadt zu den Forderungen und Vorschlägen? 17 verschiedene Anbieter für die Essensversorgung an Schulen seien zurzeit unter Vertrag, heißt es aus dem Bildungsdezernat auf FR-Anfrage. Verpflegung werde an jenen Grund- und weiterführenden Schulen angeboten, die passende Räume für eine Essensversorgung und ein Ganztagskonzept hätten. Bis Sommer 2026 solle das Konzept auf alle Grundschulen ausgeweitet werden, „so dass dort die Schüler:innen, die die Ganztagsbetreuung in Anspruch nehmen, verpflegt werden können“. Dann tritt der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder in Kraft. Für die beruflichen Schulen gebe es im Regelfall einen Kioskbetrieb oder Schülerkioske als Lernprojekte. Die Frage, welche Schulen noch auf einen Betrieb warten, der sie im neuen Schuljahr mit Essen beliefert, bleibt offen.

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Die 2020 erstellten Richtlinien fürs Schulessen nennt das Dezernat hilfreich, verweist aber auch auf die schwierige Lage für die Catererbranche, die mit massiven Umsatzeinbußen seit der Corona-Pandemie kämpfe.

Auf die Forderung nach einem runden Tisch geht das Dezernat nicht konkret ein, sondern verweist darauf, dass für die Schulverpflegung in Frankfurt der Qualitätsstandard der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) als Minimum gelte und etwa beim Bioanteil übertroffen werde. Zudem interessierten sich die Schulgemeinden mehr und mehr selbst für die Entwicklung der Essensversorgung. Stadtschulamt und Schulgemeinden arbeiteten „eng zusammen“, unter anderem sei eine Ernährungs- und Haushaltswissenschaftlerin beim Amt beschäftigt. „Sollte es zu einer Überprüfung und erneuten Überarbeitung der Schulverpflegung kommen, werden wir den Ernährungsrat, wie es bisher gute Praxis war, wieder einbeziehen“, verspricht das Bildungsdezernat von Sylvia Weber (SPD).

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Einer Stabsstelle Ernährung erteilt Webers Haus eine Absage: „Für die Verpflegung an Schulen sind das Stadtschulamt und die Schulgemeinden fachlich gut aufgestellt. Die Notwendigkeit der Einrichtung einer Stabsstelle Ernährung wird aus diesen Gründen nicht gesehen.“

Was der Ernährungsrat freilich anders sieht. Zwar sei es tatsächlich der Fall, dass sich die Schulen selbst um bessere Essensangebote bemühten, „um zu verhindern, dass die Kinder mittags um die Ecke zum Chinesen oder Italiener gehen“. Aber: „Zum Schulstart hat sich an der schwierigen Lage bei der Versorgung nichts sichtbar geändert“, sagt Bärbel Praetorius. Und Feyza Morgül bleibt dabei: „Wir müssen bei dem Thema mit der Stadt gemeinsam in Bewegung kommen.“

Immerhin, eine Aktion funktioniert seit Jahren wie geschmiert: Am Sonntag, 10. September, treffen sich schon zum 18. Mal Helferinnen und Helfer um 14.30 Uhr bei der Firma Grundhöfer am Frischezentrum in Kalbach mit Klimadezernentin Rosemarie Heilig (Grüne), um Biobrotboxen für Erstklässlerinnen und Erstklässler zu packen. Ein gesundes Frühstück, sagt man, sei die beste Basis. (Thomas Stillbauer)

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