Eintracht-Party dabei – das sind die größten Steuersünden 2023 in Hessen
Der Bund der deutschen Steuerzahler veröffentlicht sein Schwarzbuch für 2023. Elf Fälle aus Hessen sind dabei, darunter auch einer aus Frankfurt.
Frankfurt – Wer viel Geld hat, gibt es auch leichter aus. Umso leichter fällt das offenbar, wenn es nicht das eigene Geld ist. Der Eindruck entsteht zumindest Jahr für Jahr, wenn der Bund der Steuerzahler (BdSt) das Schwarzbuch veröffentlicht. Denn: Nicht immer ist eine große Investition mit der Hilfe von Steuergeldern eine gute Idee.
In der am Dienstag (17. Oktober) veröffentlichten Liste ist das Spektrum der Steuergeldsünden recht breit. Es geht um geplante Partys, die am Ende doch nicht stattfinden, um einen Hubschrauberlandeplatz nahe einer Kita oder um Fahrradbügel, die mit wenigen Handgriffen demontiert werden können. Elf Fälle listet der Bund der Steuerzahler in Hessen im Schwarzbuch „Die öffentliche Verschwendung 2023/24“ auf.
„Das Schwarzbuch zeigt seit fünf Jahrzehnten anhand konkreter Beispiele auf, welche Fehler zu Verschwendung führen. Damit wollen wir dazu beitragen, ähnliche Fälle in Zukunft zu vermeiden. Dass uns das immer wieder gelingt, zeigt das Kapitel Erfolge“, sagt Joachim Papendick, Vorsitzender des BdSt Hessen, in einer Mitteilung.

Abgesagte Eintracht-Party kostet Steuerzahler viel Geld
Auch Eintracht Frankfurt kommt im Schwarzbuch vor, wenn auch nur indirekt. Für das zurückliegende DFB-Pokalfinale gegen RB Leipzig (0:2-Niederlage) bereitete die Stadt Frankfurt ein großes Fest auf dem Römerberg vor. Nach der Niederlage im Berliner Olympiastadion ließ die Stadt Frankfurt die Eintracht-Party auf dem Römer ersatzlos streichen.
„Trotzdem fielen 850.000 Euro Kosten für die klamme Frankfurter Stadtkasse an, die Eintracht steuerte trotz hoher Champions-League-Einnahmen lediglich rund 350.000 Euro bei“, heißt es im Schwarzbuch. Die Party nach dem Europa-League-Sieg der SGE im Jahr 2022 kostete im Übrigen rund eine Million Euro.
Hubschrauberlandeplatz nahe Kita bei Planung vergessen
Wie jedes Jahr gibt es auch 2023 eine Straßensanierung, die es in Schwarzbuch geschafft hat. Auf der B453 zwischen Gladenbach und Runzhausen (Landkreis Marburg-Biedenkopf) sorgten Denkmalschutz, fehlerhafte Asphaltarbeiten und Kollateralschäden für eine doppelt so lange Bauzeit und doppelt so hohe Kosten.
In Lich im Kreis Gießen „wurde bei der Planung eines Kindergartens der Hubschrauberlandeplatz eines privaten Krankenhauses in unmittelbarer Nachbarschaft außer Acht gelassen. Auf den Kosten für dessen im Nachhinein angeordnete Verlegung könnten die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sitzenbleiben, weil sich die Stadt auf Aussagen des Bauträgers verlassen hat, statt sie im Vertrag mit dem Klinikbetreiber festzuhalten“, schreibt der BdSt. Verzichtet die Stadt nach zwei Niederlagen auf eine weitere gerichtliche Überprüfung oder unterliegt auch in letzter Instanz, würden den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern laut Angaben des BdSt 580.000 Euro verloren gehen.
Bund der Steuerzahler
Der Bund der Steuerzahler ist ein gemeinnütziger Verein. Er finanziert sich nach eigenen Angaben ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen sowie Spenden und bekommt keinerlei staatliche Mittel. Die Organisation hat 15 Landesverbände. Der Mitgliedsbeitrag in Hessen beträgt den Angaben zufolge derzeit 96 Euro jährlich. Der hessische Bund der Steuerzahler wurde 1949 gegründet. Er hat eigenen Angaben zufolge fast 12 000 Mitglieder.
Ein Dauerbrenner im Buch der Steuergeldverschwendungen ist der Hessentag. Das mit Abstand längste und teuerste Landesfest Deutschlands belaste die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler jährlich mit rund 20 Mio. Euro. „2023 stiegen die Kosten krisenbedingt noch einmal sprunghaft an, sodass das Fest in Pfungstadt kurz vor Beginn sogar auf der Kippe stand“, teilte der BdSt mit. Das knallharte Fazit: “Das bisherige XXL-Format ist nicht mehr zeitgemäß und muss dringend verschlankt werden.“ Der Hessentag 2024 in Fritzlar hat als erster die Chance, im kommenden Jahr sich aus dem Schwarzbuch herauszuhalten.
Fahrradbügel in Kassel sorgen für Ärger und Vandalismus
Einer anderer Fall von Steuergeldverschwendung spielt in Kassel. Die für 840.000 Euro installierten Fahrradbügel im gesamten Stadtgebiet von Kassel sorgten nicht nur für Ärger und Beschwerden von Anwohnern und Geschäftsinhabern, sondern auch für Vandalismus. Obendrein waren sie einfach zu demontieren.

„So haben Diebe zu leichtes Spiel – gefördert von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern. Während sich die Nutzerinnen und Nutzer um ihre Räder sorgen, verweist die Stadt unverdrossen auf die Vorteile der Abstellanlagen. Die Bügel bestechen zwar durch ihre Flexibilität im öffentlichen Raum, doch die originäre Funktion einer sicheren Anschlussmöglichkeit erfüllen sie nicht ausreichend. Der Bund der Steuerzahler bezweifelt, ob man Menschen so davon überzeugen kann, für Alltagswege verstärkt das Fahrrad zu nutzen“, heißt es in der Begründung des BdSt.
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(esa)