„Sie fahren ganz ungeniert auf dem Bürgersteig“: Frankfurterin kritisiert rücksichtslose Radler

Die Frankfurterin Christiane von Keutz spricht darüber, wie Fußgängern in Sachsenhausen das Leben schwer gemacht werde und fordert Verbesserungen.
Wenn Christiane von Keutz aus ihrer Haustür in der Textorstraße in Frankfurt tritt und auf die Schweizer Straße zum Einkaufen geht, weiß sie schon, was ihr höchstwahrscheinlich nach ein paar Schritten begegnet: ein Radfahrer, der in hohem Tempo auf dem Gehweg fährt.
„Sie fahren ganz ungeniert auf dem Bürgersteig, auch die Lastenradfahrer mit ihren schweren Rädern, was nicht erlaubt ist. Wenn ich sie anspreche, sagen sie etwas wie „Ich will doch nur zu Alnatura!“, oder: „Ich wohne hier!““, erzählt die Sachsenhäuserin. Nicht wenige würden aggressiv und ausfällig und beschimpften sie mit unsäglichen Beleidigungen. Die Rücksichtslosigkeit sei schockierend, sagt von Keutz.
Warum die Radler auf dem Gehweg für sie und für viele andere Fußgänger ein Problem sind, ist schnell erklärt: „Ich habe Angst, umgefahren zu werden“. Nach einem Unfall kann sie nicht gut laufen, kann sich nicht schnell drehen und wenden, wenn etwas passiert. Wenn jemand schnell auf sie zugefahren kommt, erschrickt sie. Wenn sie sich also nach links wendet, um vom Gehweg aus ein Geschäft zu betreten, macht sie deshalb den Schulterblick: „Ich schaue nach hinten, ob jemand auf einem Roller oder Rad angeschossen kommt und mich seitlich überholt“, schildert von Keutz. „Denn damit muss ich hier rechnen.“
Frankfurt-Sachsenhausen: Hindernisse säumen den Weg - Ärger für Fußgänger
Fußgänger, und nicht nur die Senioren, haben es auf den Gehwegen an der Schweizer Straße nicht leicht. Viele Hindernisse stehen im Weg, etwa Stühle und Tische der Außengastronomie, Werbe-Aufsteller vor Geschäften, Schilder, herumstehende oder -liegende E-Roller. Allerlei „Gelärsch“, das man nicht braucht.
Ärgerlich seien auch die Fußgängerampeln, deren Grünphase so kurz sei, dass man in der Mitte der Straße schon das Signal auf Rot umspringt. „Autofahrer, die abbiegen wollen, sehen nur das Rotsignal für Fußgänger und werden aggressiv, wenn man dann noch auf dem Überweg läuft.“ Langsamere Fußgänger, Ältere, aber auch Kinder, gerieten unter Druck.
Frankfurt: Mehr Fläche für Fußgänger in Sachsenhausen gefordert
Christiane von Keutz versucht schon lange, die Stadtverwaltung und die Politik auf das Problem aufmerksam zu machen. Sie verfolgt die Verkehrspolitik, ging auch früher zum Verkehrsausschuss. „In allen Beschlüssen und Papieren kommt hauptsächlich die Begriffe Autofahrer, Parkplätze und Radfahrer vor. Aber Fußgänger werden höchst selten überhaupt nur erwähnt.“
Radler hätten eine starke Lobby, übten viel Druck aus. Fußgänger hätten das nicht, sie würden meist vergessen. Die Radfahrer zählten tatsächlich zu den schwächsten Verkehrsteilnehmern, sagt von Keutz. „Es ist richtig, sie zu schützen. Auch um der Fußgänger willen: Denn viele Radwege sind gefährlich, deshalb weichen die Radfahrer auf die Gehwege aus - besonders auf der Schweizer Straße.“
Umgestaltung der Sachsenhäuser Einkaufmeile: Fußgänger keinen Platz wegnehmen
Wenn Straßen umgestaltet würden, wie demnächst die Sachsenhäuser Einkaufsmeile, müsse dringend darauf geachtet werden, dass den Fußgängern keine Flächen weggenommen werden. „Die Verkehrsflächen werden nicht größer, sie können nur anders verteilt werden.“ Damit Fußgänger und Radfahrer beide auf der Schweizer Straße mehr Platz bekommen, müssten vor allem die Parkplätze weg, findet sie. Was nicht passieren dürfe, sei, dass die Gehwege den neuen Radwegen zum Opfer fallen.
Ein Übel müsse endlich entschiedener bekämpft werden: die E-Roller. Die Stadt habe „völlig unvorbereitet“ die Gefährte zugelassen, die jedoch nur zum Spaßgewinn von jungen Leuten genutzt würden - „wie ein Fahrgeschäft auf der Dippemess!“ findet von Keutz. „Alle fahren riskant und rücksichtslos überall: auf Straßen, Gehwegen, Radwegen.“ Die Regeln seien den meisten unklar, sie würden zudem schlecht kommuniziert. Die Verkehrspolitik der Stadt wirke seit Jahren „wie am Schreibtisch gemacht“. Fußgänger und Radfahrer kommen sich allerorten ins Gehege, Radfahrer missachteten Regeln. Mit Strafen hätten sie aber nicht zu rechnen.
Von Keutz hat es aufgegeben, die städtischen Akteure anzuschreiben. „Ich habe in den vielen Jahren, in denen ich Briefe an die Verkehrsdezernenten geschrieben habe, nicht einmal eine Antwort erhalten“, moniert sie. Dabei wünscht sie sich nur eins: Dass sie in Ruhe an der Schweizer entlangflanieren kann, ohne Angst zu haben, überrollt zu werden. (Stefanie Wehr)