Seckbach: Wo Frankfurt spitze ist

In unserer Stadtteil-Serie haben wir diese Woche Seckbach unter die Lupe genommen. Hier liegt einem auf dem Lohrberg die ganze Stadt zu Füßen.
Seckbach weckte in seiner fast 1200-jährigen Geschichte mehrfach Begehrlichkeiten bei seinen Nachbarn, darunter auch und Hanau. Beliebt war die rund 1000 Hektar große Siedlung vor allem wegen ihres Wirtschafts-, Erholungs- und Lebensraums – drei Felder, die das Viertel bis in die heutige Zeit in sich vereint. Urkundlich erwähnt wurde erstmals im Jahr 881 als „Seckibah“, was vermutlich auf die damalige Bezeichnung für Sickerwasser zurückzuführen ist.
Im 12. Jahrhundert formierte sich aus 19 Dörfern rund um Frankfurt die Grafschaft Bornheimer Berg, die Ludwig der Bayer 1320 an Ulrich II. von Hanau verpfändete. In Kriegszeiten suchten die Bewohner allerdings gerne Zuflucht im nahe gelegenen Frankfurt, das gegen Ende des 15. Jahrhunderts Anteile an Seckbach erwarb und das Schultheißenamt besetzte. Bei der später erfolgten Aufteilung der Grafschaft fiel Seckbach jedoch für einige Jahrhunderte an die Grafen von Hanau und deren Erben.
Vierzehn Jahre vor der endgültigen Eingemeindung 1900 erfolgte die Zuordnung zum Landkreis Frankfurt. Die Mainmetropole profitierte sehr von dem Zugewinn. Nicht nur weil die Stadt danach wirklich spitze war. Denn die Berger Warte ist mit 212 Metern der höchste Punkt Frankfurts. Die Eingemeindung brachte auch dem neuen Stadtteil viele Vorteile: Neben der zügig ausgebauten Infrastruktur und der ersten Tram im Jahr 1905 nahm auch die Industrialisierung rasant Fahrt auf.
Die Bevölkerung wuchs kontinuierlich von knapp 3 000 auf über 10 000 Einwohner, vor allem nach dem Bau einiger Wohnprojekte, wie der Siedlungen Festeburg (1932), Zentragrafen (1950) und der Atzelbergsiedlung in den 70er Jahren. Der Stadtteil besteht heute im Westen aus einem kleinen Gebiet mit Bebauung und Parklandschaft, in der Mitte einem dicht besiedelten Wohngebiet mit Kleingewerbe und einem größeren Industrie- und Gewerbegebiet im Südosten.
FNP-Reporter Michael Faust hat sich in dem Stadtteil umgesehen.
Höher geht’s nicht
Die Berger Warte steht nicht etwa – wie es der Namen vermuten lässt – auf Bergen-Enkheimer, sondern auf Seckbacher Gemarkung. Bereits 1340 wurde die damals noch hölzerne Geierswarte auf dem Berger Rücken erstmals erwähnt. Hier wechselte der Begleitschutz für Frachtwagen, die das Frankfurter Gebiet verließen. Mitte des 16. Jahrhunderts wurde die Warte nach mehreren Plünderungen durch einen Bau aus Sandstein ersetzt. Das Areal um den Turm ist heute mit 212 Meter über Normal Null (NN) der höchste Punkt in der Mainmetropole.
Freier Blick
Hier liegt einem Frankfurt zu Füßen. Vom Lohrberg aus reicht der Blick bis weit in die Ferne. Und das Gute ist dennoch nah. Denn Frankfurts 185 Meter hoher Hausberg hat einiges zu bieten. Spiel- und Liegewiesen, Grillplätze – leider auch nicht legale Feuerstätten – Kleingärten, Gastronomie, ein kleines Planschbecken und natürlich Frankfurts letzter Weinberg. Und nicht zu vergessen das MainÄppelHaus, das am kommenden Wochenende, 22. April, zum großen Blütenfest einlädt. Das knapp zwei Hektar große Areal mit seinen rund 400 Bäumen ist der ehemalige Beratungs- und Versuchgarten der Stadt.
Industrie im Süden
Im Süden schlägt das wirtschaftliche Herz des Stadtteils. Ein riesiges Industrie- und Gewerbegebiet breitet sich südlich des Seckbacher Rieds und über Enkheim, Fechenheim und das Ostend bis zum Main aus. Viele große Unternehmen wie Siemens, Mannesmann, Carl Zeiss oder ThyssenKrupp haben oder hatten dort Niederlassungen.
Fachwerk im alten Ortskern
Im Gegensatz zu den nüchternen Plattenbauten der Atzelbergsiedlung hat sich der historische Ortskern des Stadtteils seinen pittoresken Charme bewahrt. Viele Fachwerkhäuser und kleine, verwinkelte Gassen prägen das Bild. In einigen der Seitenstraßen befinden sich noch alte bäuerliche Hofreiten die zum Teil in Gastronomiebetriebe umfunktioniert wurden.
Musik und Comedy
Die Batschkapp gehört zu Frankfurts bekanntesten Clubs. 1976 in Eschersheim als linkes Kulturzentrum gegründet, erlangte die „Kapp“ schnell auch überregionale Popularität als Rockclub und Konzerthalle. Ende 2013 erfolgte dann der Umzug nach Seckbach in die Gwinnerstraße. Auch wenn sich viele Stammgäste über die fehlende Tradition am neuen Standort beschweren, prallt die Kritik an Batschkapp-Chef Ralf Scheffler ab. „Ab ungefähr 2018 wäre eine Grundsanierung des alten Hauses nötig geworden. Das Geld wollten wir lieber in etwas ganz Neues investieren, das uns auch zusätzliche Möglichkeiten bietet, z.B. die Bestuhlung für Veranstaltungen wie Comedy, Lesungen oder Unplugged-Konzerte.“
Exoten auf dem Blumengroßmarkt
Unweit des Lohrbergs und der Unfallklinik ist Frankfurts einziger Blumengroßmarkt beheimatet. Auf über 34 000 Quadratmetern Marktfläche verkaufen knapp 40 Anbieter in den frühen Morgenstunden ihre Pflanzen an Floristen und andere Großkunden, die sich auf dem Markt eindecken. Die Blumenbauern kommen meist aus der Umgebung – zum Beispiel aus dem Taunus. Beeindruckend ist die große Vielfalt: Exoten wie Limettenbäumchen stehen neben Kakteen, Schnittblumen und Seerosen. Aber auch das gute alte Stiefmütterchen findet immer seine Abnehmer.
Historischer Friedhof und Barock-Kirche
Die im Stil des Barock errichtete lutherische Marienkirche wurde 1710 in der damaligen Landgemeinde Seckbach eingeweiht. Mit ihrem historischen Friedhof steht sie oberhalb der Wilhelmshöher Straße. Bei der Sanierung wurden in Inneren Gräber entdeckt, die durch eine Glasscheibe im Boden sichtbar sind. Der Kirchhof beherbergt neben außergewöhnlichen Grabsteinen auch botanische Besonderheiten: Rund um die alten Bäume entstand eine naturnahe Parklandschaft, in der wie auch am Südhang des Lohrbergs die in Frankfurt sehr seltene Osterluzei (Wolfskraut) gedeiht.
Altes Rathaus als Bürgertreff
Das Seckbacher Rathaus gilt als eines der schönsten erhaltenen Fachwerkhäuser der bäuerlichen Spätrenaissance im Rhein-Main-Gebiet. Mit der Eingemeindung verlor das heutige Baudenkmal seine einstige Funktion. In der Folgezeit wurde das Gebäude unterschiedlich genutzt. Seit der damals fast vier Millionen Mark teuren Sanierung (1993) dient es als Bürgertreff.