Sein süßes Leben ist eiskalt

Erfinder des Grüne-Soße-Eises startet mit dem Dolce Vita in die nächste Saison
Blaues Schlumpf-Eis, Zitrone oder Malaga. Bei Mario Russo hat La Dolce Vita, übersetzt: das süße Leben, wieder eiskalt begonnen. Aber auch selbst gebackenen Torten und Kuchen gibt es ab sofort wieder in dem gleichnamigen Salon - leckerer Start in die neue Saison. Kurz sind alle Sorgen vergessen. Nach zwei Monaten Winterpause hat die Eisdiele La Dolce Vita am Buchrainplatz wieder geöffnet und die Stammgäste stürmen ihren Lieblingsplatz mit jede Menge "Ciao" und "Buon Anno"-Wünschen.
Federico Fellini lässt grüßen
Das neue Jahr ist zwar schon fast ein altes, aber nicht für die Eisdiele, in der momentan 16 Sorten hausgemachtes kunterbuntes Eis, 13 Sorten selbstgebackener Kuchen und jede Menge Café leuchten und duften. "Das ist Bienenstich und der Kuchen mit den Beeren ist mit Philadelphia" erklärt Mario Russo (50) freundlich und lässt die Qual der Wahl. Ein Mann entscheidet sich für Käsekuchen. "Der muss besonders lecker sein. Dann nehme ich ein Stück, bevor er alle ist", sagt er fröhlich zwischen schwarz-weißen Fotos aus dem Fellini-Film "La Dolce Vita" aus dem Jahr 1960. "Hier kann man kurz sogar den Krieg vergessen", sagt der Mann und vertieft sich gleichzeitig in seine Zeitung.
Der gebürtige Calabrese Russo wuselt zwischen seiner neuen Küche, Gästen und Theken, um den Willkommensgruß "Benvenuto" für jeden schnell wahr werden zu lassen. Er ist Gastronom aus Leidenschaft. 1987 fing er als Kellner im Lokal Rinaldo Rinaldini, hat es Mitte 1998 übernommen und 13 Jahre lang geführt. Vor 15 Jahren eröffnete er parallel dazu die Eisdiele. Ab und zu hat er auch "einfach nur aus Spaß" einem Freund in Neu-Isenburg beim Pizzamachen am Holzofen geholfen. "Wer weiß, vielleicht mache ich irgendwann wieder eine Pizzeria oder ein Lokal auf", sagt er. "Jetzt ist allerdings nicht die richtige Zeit dafür", winkt er sofort ab. "Niemand wollte die Pandemie, den Krieg schon gar nicht. Die Zeiten sind merkwürdig geworden. Alles ist teurer geworden, Personal zu finden, ist fast unmöglich und man weiß einfach nicht, was kommt", so der Vater eines Sohnes (10). Seine Frau Sonia macht die Buchhaltung und hilft auch am Tresen aus. Beide und drei Angestellte kümmern sich vor und hinter den Kulissen darum, dass alles läuft.
Früher hat Sonia als Hobby die Torten und Kuchen gebacken, jetzt haben sie eine junge Frau angelernt, da die Zeit für das Eiscafé, den Sohn und die Familie nicht reicht. Über Weihnachten war die Familie in der Heimat "bei tollem Essen und am Meer". Danach hat Mario die Küche umgebaut. Auch wenn die Zeiten rau sind, lässt er sich nicht entmutigen. "Die Gäste sind toll und man versucht eben, einfach weiter zu machen, auch wenn Inflation, Corona, viele neue Regelungen und jetzt auch noch Putin da sind. Vieles ist schwerer geworden, aber wenn man gute Qualität anbieten will, muss man auch gute Qualität einkaufen."
Die Preissteigerungen von Wasser, Strom, Getreide, Milch und Sahne setzt er moderat um. Die Kugel Eis kostet 1,40 Euro, der Cappuccino mit fluffig geschäumter Milch 2,50 Euro. Ab März gibt es auch wieder das beliebte "Grüne Soße Eis", das er vor Jahren als Gag erfunden hat und mittlerweile im Standardprogramm neben Schoko, Vanille und Erdbeere angeboten wird. "Sogar Kinder mögen es", weiß seine Frau. Russo erzählt, dass Leute, die nicht aus dem Grüne-Soße-Dorf stammen, "auch extra deswegen nach Oberrad kommen." Sobald es wärmer wird, wird es wieder bis zu 24 Sorten Eis geben. "Wir überlegen, auch noch kleine kalte Snacks mit in die Karte aufzunehmen", erzählt er. Im Moment gibt es verschiedene Toasts, Waffeln und Crêpes für alle, denen Eis noch zu kalt ist. Trotz der kühlen Temperaturen wagen sich schon einige an große Portionen Spaghetti-Eis und Fruchtbecher heran. Die Gäste sind entspannt und lassen es sich schmecken. Dafür ist Russo viel auf den Beinen. "Zeit für Hobbys bleibt keine", sagt er knapp. Oft arbeitet Russo 14 bis 16 Stunden am Tag und das an sieben Tagen in der Woche. "Die richtige Saison dauert sieben bis acht Monate, zwei Monate im Jahr machen wir zu. Da muss man schon richtig ackern, um die Kosten für Personal und Einkauf und Renovierungen zu decken und selbst auch noch etwas zu verdienen. Mein Hobbys sind und bleiben die Eisdiele und meine Familie. Das ist für mich La Dolce Vita." SABINE SCHRAMEK