Sie holen die Sonne in die Siedlung

Nachbarschaftsinitiative erarbeitet Leitfaden für die alternative Energieversorgung.
Wer durch die Siedlung Westhausen läuft, der erkennt sofort die Handschrift von Ernst May: die Flachdächer. In der heutigen Zeit prädestiniert dafür, dort Solarmodule zu montieren und sein Eigenheim oder die Wohnungen so mit grüner Energie zu versorgen.
Doch in Westhausen gibt es Hürden, wie den seit den 1980er Jahren dort geltenden Denkmalschutz. Damit nicht jeder sein eigenes Süppchen kochen und sich um jegliche Dinge alleine kümmern muss, möchte die Nachbarschaftsinitiative SoMeNa, die sich auch für die Reaktivierung des Gemeindezentrums in der Kollwitzstraße einsetzt, einen entsprechenden Leitfaden für die Nutzung alternativer Energiequellen erstellen. Nun hat das erste Treffen dieser Zukunftswerkstatt stattgefunden.
Groß war das Interesse inklusive der drei Kurzvorträge. Rund 150 Westhausener waren auf der Wiese hinter dem künftigen Nachbarschaftszentrum, so die Schätzung von Oliver Wittich, der zusammen mit Sabine Rohner, Beckus Beckmann und Wolfgang Paprotny die SoMeNa-Initiative vertrat. 14 von ihnen hätten sich gar in die Interessentenliste eingetragen, um an dem geplanten Leitfaden mitzuarbeiten, sagte er. In vier bis acht Wochen wolle man diesen veröffentlichen. Dann plane man auch ein nächstes Treffen der Zukunftswerkstatt. „Ganz abgesehen von den anderen vielschichtigen Veranstaltungen, die wir als Initiative noch vor haben“, sagte Wittich.
Zudem betonte er, dass die Info-Veranstaltung sich nicht nur an Eigentümer, sondern auch an Mieter richte. Gibt es in der Sieglung doch auch Wohnungen von den Wohnbaugesellschaften ABG Holding, Nassauische Heimstätte und Vonovia. Von denen man dann aber freilich eine Genehmigung bräuchte. „Unser Ziel ist es aber zunächst, die richtigen Technologien zu finden, um eine klimaneutrale Energieversorgung in Westhausen hinzubekommen“, sagte Wittich.
Das sei unter anderem durch eine eigens gebaute Mini-Solaranlage für den Balkon oder den Garten möglich, erklärte Walter Jahn, einer der drei Experten. Solch eine hat der ehemalige Elektroingenieur im vergangenen Jahr für sich selber realisiert und sich das entsprechende Wissen angeeignet. Seitdem tourt er mit Vorträgen durch die Stadtteile im Nordwesten; in Heddernheim und Rödelheim war er bereits, bald geht es auf den Riedberg. „Maximal 600 Watt schafft solch eine Anlage, sie kann aber in Eigenregie gebaut werden, großes Wissen braucht man nicht, lediglich ein bisschen technisches Geschick“, erklärte Jahn. Und: Solch eine Anlage sei genehmigungsfrei, sie müsste lediglich angemeldet werden. „Es bringt wirklich etwas“, so sein Fazit nach einem Jahr.
Steven Segemüller von der Firma Energiekonzepte Deutschland warb für Photovoltaikanlagen auf dem Dach. Bei einem Vier-Personen-Haushalt, der im Jahr 4000 Kilowattstunden Strom verbrauche, würde dies eine Ersparnis von 30 000 Euro in 20 Jahren bringen, sagte er. Jan Klein von Consolar Solare Energiesysteme hatte derweil ein Solarmodul mitgebracht - ein patentierter Hybridkollektor, der Photovoltaik mit einem Wärmetauscher auf der Rückseite vereint. Auch sie werden auf dem Dach installiert.
Was allerdings mit dem Denkmalamt abgesprochen werden müsste. „Wir sind da im Dialog, das hat für uns Wolfgang Paprotny übernommen. Mittlerweile haben wir eine schriftliche Stellungnahme vorliegen, die sich positiv gegenüber Photovoltaikanlagen stellt. Unter bestimmten Auflagen“, sagte Oliver Wittich, der am liebsten sofort loslegen würde. Wie wohl auch viele Westhausener, die im Anschluss das Gespräch mit den Experten suchten. „Wir haben die Siedlung aufgeweckt und sensibilisiert. Das war unser Ziel“, so Wittich. Interessierte können sich per Mail unter siedlung.westhausen@gmail.com melden. judith dietermann