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Sie schreibt an gegen die Ignoranz

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"Verschnitt", einen Thriller aus dem medizinischen Milieu, präsentiert Jennifer Hauff hier vor dem Frankfurter Literaturhaus. Aufgewachsen ist die talentierte junge Frau jedoch in Sindlingen; sie lebt heute in Nied.
"Verschnitt", einen Thriller aus dem medizinischen Milieu, präsentiert Jennifer Hauff hier vor dem Frankfurter Literaturhaus. Aufgewachsen ist die talentierte junge Frau jedoch in Sindlingen; sie lebt heute in Nied. © sauda

Die Autorin Jennifer Hauff thematisiert das "dritte Geschlecht".

Frankfurt -Ihre zehn Jahre jüngere Schwester war's, die Jennifer Hauff zum Schreiben brachte. Mit ihr zusammen verfasste sie ihr erstes Buch "Herzverwandt". Inzwischen hat sie schon ihr nächstes Werk verfasst. Jüngst erschien ihr neues Buch mit dem Titel "Verschnitt" - ihr erstes "Erwachsenenbuch"; ein Thriller, der im medizinischen Milieu spielt. Und darum geht's: Kinderchirurg Johannes Gelders ist bereit, über Leichen zu gehen. Doch OP-Schwester Liane will seine Menschen-Experimente stoppen - auf ihrem persönlichen Rachefeldzug ist ihr jedoch jedes Mittel recht. Verfolgt von ihrer eigenen Vergangenheit, wird die Jägerin zur Gejagten und das Opfer zum Täter. Der LGBTQ-Thriller (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender and Queer) über das "dritte Geschlecht" erzählt eine fiktive Geschichte über geschlechtsverändernde Operationen, zerbrochene Familien und blinde Vergeltung.

Inspiriert wurde "Verschnitt" von einer wahren Begebenheit; gut fünf Jahre lang recherchiere die heute 36-Jährige, die in Sindlingen aufgewachsen ist und in Nied lebt. "2015 habe ich die Geschichte von David Reimer gelesen", erklärt Jennifer Hauff, warum sie begann, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen: Reimer wurde als Junge geboren, jedoch als Mädchen aufgezogen, nachdem sein Penis in früher Kindheit bei einer missglückten Beschneidung irreparabel verletzt worden war, so dass er amputiert werden musste. Er ging als der John / Joan-Fall in die Wissenschaftsgeschichte ein. "Seine Lebensgeschichte hat mich gefesselt. Vor allem, weil der Fall als Erfolg beschrieben wurde", sagt Jennifer Hauff. Sie traf sich sogar mit Dr. Milton Diamond, einem Professor aus Hawaii - dem einzigen, der dieser Auffassung widersprach.

"Es gibt etwa so viele intersexuelle Kinder wie Rothaarige, ungefähr zwei Prozent", sagt Jennifer Hauff. "Es ist ein echt krasses Thema - und ich habe mich über mich selbst gewundert, dass ich so wenig darüber wusste." Im Laufe der Jahre hat die junge Frau, die bei Lindner in Höchst Hotelkauffrau gelernt hat und auch am Empfang einer Industriepark-Firma viele Menschen getroffen hat, mehr intersexuelle Menschen kennengelernt. Das sehr sensible Sujet berührte sie immer mehr. "Wie würde ich denn handeln?", habe sie sich gefragt. "Ich habe mir oft die Frage gestellt, ob ich, als selbst nicht Betroffene, so ein Buch überhaupt schreiben darf."

Geschrieben hat sie "Verschnitt" dann doch, "weil ich über meine Unwissenheit so schockiert war und weil ich finde, dass es an Aufklärung darüber sehr mangelt. Es ist ein sehr wichtiges Thema, und ich wundere mich sehr, dass es so unbekannt ist".

"Zuerst trage ich alles mit Bleistift in Notizbüchern ein", berichtet sie von ihrer Vorgehensweise. "Ich habe das Buch bestimmt zehnmal neu geschrieben, weil ich Perspektiven änderte, Szenen umgebaut habe", berichtet Jennifer Hauff. "Zwischendurch kam auch noch das Leben dazwischen", so die Autorin, die auch Fremdsprachenkorrespondentin ist. "Seit sechs Jahren arbeite ich bei einer Fluggesellschaft", erzählt sie. Doch damit nicht genug, denn sie studiert Germanistik und Amerikanistik an der Goethe-Universität. Das Schreiben lässt sie nicht los. Der nächsten Thriller, den sie bereits vor "Verschnitt" fertig hatte, wird wohl demnächst veröffentlicht. "Es wird wieder ein medizinisches Thema." Enrico Sauda

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