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Mit großer Begeisterung machten die Grundschüler mit beim Projekt in der Textorschule.
Mit großer Begeisterung machten die Grundschüler mit beim Projekt in der Textorschule. © Michael Faust

Im Projekt „Deutschsommer“ lernen Grundschüler mit besonderem Bedarf .

Frankfurt. „Eins, zwei, drei, Bühne frei!“ Immer wieder rufen die etwa 15 Kinder in einem der Räume der Textorschule gemeinsam diesen Spruch. Einer nach dem anderen treten die Jungen und Mädchen dann einzeln vor ihr Publikum. Narges, zehn Jahre alt und aus Afghanistan stammend, Viktoriia und Darina, beide elf und aus der Ukraine gekommen, sowie all die anderen lesen oder tragen dann jeweils den Satz vor, den sie vorher aus einem Häufchen mit Papierschnipseln gezogen haben. Die Aufgabe ist Teil der Vorbereitung eines Theaterstücks, das sie alle in der nächsten Woche ihren Eltern zeigen wollen. Vor allem jedoch sollen sie auf diese Weise spielerisch ihre Sprachfähigkeiten verbessern.

Gemeinsam ein Stück entwickeln

„Deutschsommer“ nennt sich das 2007 entstandene Projekt, zu dem die Stiftung Polytechnische Gesellschaft alljährlich Kinder mit besonderem Bedarf aus den dritten und vierten Klassen der Frankfurter Grundschulen lädt. Während diesmal 131 von ihnen die ersten drei Wochen der Sommerferien im Schullandheim Wegscheide und in der Jugendherberge Oberreifenberg verbringen, nehmen die restlichen 29, Sprachanfänger oder aus Intensivklassen stammend, an einem Programm ohne Übernachtung in Sachsenhausen teil.

Morgens stehen für die beiden Gruppen, die jede von einer Sprachlehrerin, einer Theater- und einer Sozialpädagogin betreut werden, jeweils zwei Unterrichtsstunden an, in denen sie gemeinsam ein Stück zu der Geschichte von „Rosie und Moussa“ entwickeln, die ihrer eigenen ähnelt, weil die beiden von Michael De Cock und Judith Vanistendael erfundenen Protagonisten sich in einer neuen Umgebung zurechtfinden müssen. Lesen, sprechen, neue Wörter lernen, all das wird dabei mitgefördert, ohne extra Vokabeln pauken zu müssen. Am Nachmittag werden Schatzkisten oder Einladungen für die Theaterpremiere gebastelt, bei Rallyes lernen die Kinder, Karten zu lesen, und erkunden die Umgebung. Auf Tablets lösen sie kreative Aufgaben - Letzteres ist durch einen Zuschuss der gemeinnützigen GmbH „Deutschland rundet auf“ in Höhe von 200 000 Euro möglich geworden und soll auch die digitale Kompetenz der Kinder fördern.

Ohne Sprachbildung könne man an der Gesellschaft nicht teilhaben und auch keinen Beitrag zu ihrem Zusammenhalt leisten, sagte Frank Dievernich, der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Polytechnische Gesellschaft, bei einem Pressetermin am Dienstag. Indem man die Theaterpädagogik dafür nutze, spreche man nicht nur den Kopf an, sondern auch den Körper.

„Mir geht das Herz auf, wenn ich sehe, wie die Kinder hier aufblühen und Selbstbewusstsein entwickeln“, sagte die Frankfurter Bildungsdezernentin Sylvia Weber (SPD). Das Spiel trage dazu bei, „dass sie Spaß am Sprachunterricht haben“.

Die Kinder selbst, darunter 23 Ukrainer, bestätigten das. Sie habe viele neue Freunde gefunden, sagte Darina. Die Leute seien „gut“, der Unterricht „interessant“. In der normalen Schule lerne man nur, im Deutschsommer könne man auch spielen.

Auftakt zu weiteren Offerten

Die Sommerferien bilden den Auftakt zu weiteren Offerten, für die alle, die von Anfang an dabei sind, ihr Interesse bekunden können. Von Oktober bis März stehen 60 Plätze für ein Projekt mit digitalem Schwerpunkt zur Verfügung, bei dem eine virtuelle Museumsführung, ein Hörspiel oder ein Poetry Slam gestaltet werden sollen. Beim „Endspurt“ wird dann noch einmal Gas gegeben, damit den Kindern der Sprung in die nächste Klasse gelingt.

Die Stadt unterstützt die Initiative, die hessenweit mit anderen Trägern in 19 Kommunen stattfindet, mit 50 000 Euro. Der Bedarf ist laut Weber groß. „Wir hatten bis vor Kurzem mehr als 100 Intensivklassen mit 2100 Kindern“; zudem würden 500 Berufsschüler gefördert.

Webers Fazit zum Deutschsommer lautet: „Besser kann man es nicht machen.“ Sie würde sich wünschen, dass sich das Angebot nicht nur auf die Ferien beschränkt, sondern es Möglichkeiten gäbe, es auch in der Schulzeit als Teil der Ganztagsbetreuung anzubieten. Katja Sturm

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