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So macht das Lernen Spaß

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Jedes Kind besucht die Familienklasse in Begleitung eines Elternteils. Gemeinsam wird gelernt und auch gespielt.
Jedes Kind besucht die Familienklasse in Begleitung eines Elternteils. Gemeinsam wird gelernt und auch gespielt. © Oeser

Freitags haben Kinder mit Eltern Unterricht an der Erich-Kästner-Schule

Praunheim Pavle, Rafael, Adam, Eymen und Kirnbel sind stolz darauf, freitags anders zu lernen als ihre Klassenkameraden. „Mir geht es gut, weil ich heute in den Park gehe“, sagt Kirnbel mit einer lachenden blauen Qualle aus Plüsch in der Hand. „Mir geht es auch gut, weil ich gestern und heute bei meiner Tante war“, sagt Pavle lachend. Alle Kinder wählen die lachende Seite der Plüschqualle, die sich wenden lässt in ein frohes und ein trauriges Gesicht. Seit Anfang Februar besuchen acht Schüler aus der ersten bis dritten Klasse freitags die „Familienklasse“. Das Besondere daran: Ein Elternteil ist mit dabei und es macht keinen Unterschied, dass sie in unterschiedlichen Jahrgängen sind und trotzdem keinen Stoff verpassen.

Möglich ist das in Frankfurt einmalige neue Pädagogikkonzept an der Erich-Kästner-Schule, weil sich die Schule, die Sir-Peter-Ustinov-Stiftung und das Albert-Schweitzer-Kinderdorf Hessen (ASK) zusammengetan haben. „Die Gesellschaft wandelt sich, die Pandemie hat ihre Spuren hinterlassen und der Zuzug nach Frankfurt steigt“, sagt Schulleiter Benedikt Gehrling und staunt sogar selbst ein bisschen. „Das Projekt läuft so gut an, dass es schon eine Warteliste gibt.“

In Frankfurt ist es die erste Familienklasse, in Hessen die 27. „Es ist ein präventives Projekt, bei dem Kinder und ihre Eltern individuell gesehen werden“, so Christian Scharfe vom ASK. Spielerisch und trotzdem mit Regeln werden die Kinder von der Schullehrerin Claudia Weiß und von Martina Brogle vom ASK in Abläufe integriert. Freundlich mit anderen Menschen umgehen, ruhig sitzen bleiben, Arbeitsaufträge gleich anfangen und fertigmachen, sorgfältig arbeiten, warten, bis man an der Reihe ist, sind die Ziele. Die Eltern machen bei Spielen mit und können beobachten, wie sich ihre Kinder verhalten, was sie mögen und was nicht. Sie lernen miteinander, mit Problemen umzugehen. Nicht, weil Weiß und Brogle ihnen sagen, was zu tun ist, sondern, indem sie sich untereinander austauschen, wenn Kinder mal bockig sind oder abends nicht ins Bett wollen. Jeder gibt jedem Tipps. Die Klassenlehrer füllen jeden Tag im Schulalltag Zettel mit sechs Smileys aus zu den Punkten, die in der Familienklasse geübt werden. So wissen die Pädagogen und Eltern, wo es hakt und wo man Lösungen suchen kann.

Während Weiß zwischen Spielen und Erzählen mit jedem Kind den individuellen Unterricht übt, geht Brogle auf die Eltern ein, bevor alle wieder beisammen sind. Alle zusammen pflanzen dann zum Beispiel Blumenkästen an oder bemalen Steine. Spielerisch lernen alle, wie man Kompromisse eingeht, auf einen bestimmten Farbstift wartet und trotzdem Spaß haben kann.

Die Eltern haben genauso viel Spaß wie die Kinder. Sie diskutieren, gehen aufeinander ein und malen Raketen, Käfer oder Blumen und Sterne auf Steine. Wer keine Lust hat, schaut zu. Wer schüchtern ist, wird sanft motiviert, bis schließlich ein paar bunte Punkte auf einem Stein auftauchen. Sitzfußball mit den Händen hinter der Lehne und Stuhl-Zwischenräumen als Tore sind ein Vergnügen. Der Ball fliegt hin und her. Es wird gelacht. Karten mit Fotos unterschiedlicher Menschen in unterschiedlicher Laune werden auf den Boden gelegt. Jeder darf sich welche aussuchen und damit zeigen, wie die Stunden gefallen haben.

Eymen wählt ein lachendes Kind. „Mir geht es gut, weil ich in der Familienklasse bin und weil mein Papa da ist“. Rafael nimmt gleich zwei lachende Kinder in die Hand. „Ich fand den Tag gut, weil wir gespielt haben.“ Die Eltern äußern sich ähnlich und denken weiter. „Es müsste viel mehr Familienklassen geben. An jeder Schule. Die Kinder werden toll gefördert, wir lernen vieles mit und es bilden sich neue Freundschaften.“

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