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So werden in Frankfurt kriminelle Karrieren im Keim erstickt

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Von: Michael Forst

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Die kriminelle Karriere beenden, bevor sie beginnt und womöglich vor dem Kadi endet: Das gelingt all jenen besser die vom Haus des Jugendrechts in Höchst betreut werden.
Die kriminelle Karriere beenden, bevor sie beginnt und womöglich vor dem Kadi endet: Das gelingt all jenen besser die vom Haus des Jugendrechts in Höchst betreut werden. © picture alliance/dpa

Eine Studie belegt es nun: Wird ein junger Straftäter in Frankfurt vom Haus des Jugendrechts in Höchst betreut, kriegt er eher die Kurve.

Frankfurt - Die Häuser des Jugendrechts zeigen offenbar Wirkung: Die Rückfallquote von jugendlichen Straftätern, deren Fälle dort von Polizei, Staatsanwaltschaft, Jugendgerichtshilfe und freien Trägern der Jugendhilfe behandelt werden statt in einem herkömmlichen Verfahren, ist deutlich geringer. Das geht aus einer Studie der Kriminologischen Zentralstelle (KrimZ) hervor, die der hessische Justizminister Roman Poseck (CDU) gestern im Haus des Jugendrechts Höchst vorstellte - zusammen mit dessen Leiterin Reinhilde Morbitzer, mit der stellvertretenden Leiterin der Staatsanwaltschaft Frankfurt, Dominique Credé, und dem Leiter der Studie, Professor Axel Dessecker.

Der erklärte, wie das Forschungsteam vorging: Es untersuchte zwischen 2016 und 2019 eine Stichprobe von 103 Straftätern mit im Jahre 2015 abgeschlossenem Verfahren im Haus des Jugendrechts - und verglich diese mit einer Kontrollgruppe von 70 Delinquenten aus dem Frankfurter Osten, deren Verfahren nicht in einem Haus des Jugendrechts bearbeitet wurden. Auch wenn es keine perfekte Übereinstimmung gab, wie Dessecker einräumte, seien beide Gruppen doch hinsichtlich der Delikte vom Schwarzfahren bis zur Körperverletzung, des Alters, Geschlechts und Wohnortes gut vergleichbar gewesen.

Haus des Jugendrechts in Frankfurt-Höchst: 70 Prozent bleiben danach „sauber“

In den Ergebnissen zeigten sich dann aber umso deutlichere Unterschiede zwischen den beiden Gruppen: 70 Prozent der Jugendlichen, die das Haus des Jugendrechts in Höchst durchlaufen hatten, blieben hinterher "sauber" - während aus der Kontrollgruppe nur 41 Prozent die Kurve kriegten. Sprich: 59 Prozent wurden mindestens einmal rückfällig. Immerhin ein Viertel der Beschuldigten aus dieser Gruppe wurde sogar mindestens drei Mal erneut straffällig.

Für den Justizminister lässt das nur einen Schluss zu: "Der ganzheitliche Ansatz, in dem Polizei, Staatsanwaltschaft, Jugendgerichtshilfe und freie Träger der Jugendhilfe in einem Haus zusammenarbeiten, ist effektiv und hat sich bewährt." Auf diese Weise könne man junge Menschen frühzeitig auf strafrechtliches Fehlverhalten aufmerksam machen und kriminelle Karrieren frühzeitig im Keim ersticken. Vor allem bewähre sich hier der "im Jugendstrafrecht maßgebliche Erziehungsgedanke, der zugleich auch Prävention" bedeute. Diesem Ansatz könne keine Institution alleine gerecht werden, betonte Poseck. Unter dem gemeinsamen Dach funktioniere das jedoch; dank der engen Kooperation zwischen den Beteiligten und der kurzen Wege in der Einrichtung der Häuser des Jugendrechts.

„Hauptstadt des Verbrechens“?

Frankfurt galt einst als die „Hauptstadt des Verbrechens“. Stimmt das noch? Die jüngste Polizeistatistik zeichnet ein anderes Bild von Frankfurt. Die Mainmetropole sei „so sicher wie nie“, heißt es vonseiten der Polizei.

Derer gibt es mittlerweile sechs im ganzen Bundesland: Das erste wurde 2010 in Wiesbaden eingerichtet, das zweite ein Jahr später in Höchst. Weitere existieren mittlerweile in Frankfurt-Nord und Frankfurt-Süd, Offenbach, Kassel, hinzu kommt ein virtuelles in Fulda.

Leiterin ist stolz: "Wir feiern das Ergebnis"

Frankfurt sei insgesamt flächendeckend mit Häusern des Jugendrechts abgedeckt. "Das ist etwas Einmaliges für eine so große Stadt", betonte Poseck. Das Höchster Haus soll im nächsten Jahr erweitert werden, denn der Staatsanwaltschaft sei der Platz mittlerweile zu klein. Für 2023 ist ein weiteres Haus des Jugendrechts in Hanau geplant - wegen des Anschlags von 2020 soll es den Schwerpunkt auf rechtsradikale Verbrechen legen.

"Wir feiern das Ergebnis der Studie", erklärte die Leiterin der Höchster Einrichtung, Reinhilde Morbitzer. Den Vorteil ihres Haus für die jugendlichen Straftäter erklärte sie so: "Hier haben sie mit Menschen zu tun, die sich wirklich für sie und ihr weiteres Leben interessieren." Die gute interne Vernetzung der verschiedenen Ressorts sei entscheidend für den Erfolg. Und den definiere sie nicht nur in dem Sinne, dass man jemanden einer Tat überführe, sondern sich auch mit ihren Hintergründen befasse.

"Daraus wiederum ziehen wir Schlüsse und finden passgenaue Lösungen für den Jugendlichen", so Morbitzer weiter. Im normalen Verfahren hingegen liefen alle Stränge nicht zusammen, sondern hintereinander. "Dadurch zieht sich das oft lange hin, die Staatsanwaltschaft erfährt beispielsweise erst dann etwas über die Ermittlungen der Polizei, wenn diese schon abgeschlossen sind." (Michael Forst)

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