Späte Ehrung für Fritz Bauer

70 Jahre nach Kriegsende würdigt man in der Stadt einen Juristen, der in den 60er Jahren angefeindet wurde: Fritz Bauer. Er war Emigrant und Jude. Vor allem aber brachte er als hessischer Generalstaatsanwalt viele Nazis vor Gericht. An Fritz Bauer erinnert seit gestern ein Felsstück vor der Oberstaatsanwaltschaft.
Leicht grünlich schimmert der Serpentinit, etwa einen Meter hoch, an eine gekappte Bergspitze erinnernd, vor dem Gebäude des Oberlandesgerichts in der östlichen Zeil. Er steht für Fritz Bauers Wort, dass von den Verbrechen der Nazis nur die „Spitze des Eisbergs“ bekannt sei. Unterirdisch, unter dem Justizgebäude, unter der Stadt, unter dem Land lauert der viel größere Teil der Verbrechen und Verbrecher unerkannt.
Gestern wurde das Denkmal eingeweiht. Es wurde von der Künstlerin Tamara Grcic geschaffen und besteht aus dem unbearbeiteten Stein und zwei Bronzetafeln. Neben dem Zitat stehen Informationen über Bauers Leben und Wirken.
Heute ist von Fritz Bauer vor allem die Hartnäckigkeit in Erinnerung, mit der er vor 50 Jahren den Frankfurter Auschwitz-Prozess auf den Weg gebracht hatte. Wir stark der Widerstand gegen den jüdischen Generalstaatsanwalt war, zeigte sich nach Kulturdezernent Felix Semmelroth auch daran, dass die NPD 1966 in den Landtag gewählt worden ist. Oberbürgermeister Peter Feldmann erinnerte daran, mit welchem Einsatz Bauer gegen das Unrecht in der Nazi-Zeit gekämpft hat. „Mehr als 200 Zeugen, ehemalige Häftlinge, sagten aus.“ Das Problem der Nachkriegsgesellschaft sei der Unwille gewesen, das Unrecht anzuerkennen.
Die letzten Prozesse gegen Kriegsverbrecher und Holocaust-Täter finden jetzt erst statt, 70 Jahre nach Ende des Krieges, und verhandelt wird gegen Greise, die womöglich nach Jugendstrafrecht beurteilt werden. „Ist das sinnvoll? Manche sagen nein“, sagte Helmut Fünfsinn, als Generalstaatsanwalt Nachfolger Fritz Bauers. Doch Fünfsinn erinnerte auch an den Begriff des absoluten Rechts, welches eine zerfallende Gesellschaft nach Immanuel Kant auch auf einer einsamen Insel noch immer zwingen würde, den letzten Mord zu verfolgen. Roman Poseck, der Präsident des Oberlandesgerichts, lobte Fritz Bauer als einen „Juristen mit Rückgrat“, der sich auch mit seinem Einsatz für einen humanen Strafvollzug viele Verdienste erworben hat.
Für Raphael Gross, den ehemaligen Direktor des Fritz-Bauer-Instituts, war es eine besondere Ehre, in seiner alten Heimat Frankfurt zu sprechen. Immerhin hat das Institut 2012 die Anregung zu einem solchen Denkmal an prominentem Ort gegeben. Prominent, weil in der Zeil 42, der Adresse des Oberlandesgerichts, die Justiz gewissermaßen in die Öffentlichkeit hineinragt.
Der Auschwitz-Prozess fand wegen des großen öffentlichen Interesses im Bürgerhaus Gallus statt. Unlängst hat auch der Ortsbeirat 2 beschlossen, eine Gedenktafel am letzten Wohnhaus Bauers in der Feldbergstraße 48 im Westend anzubringen.