Stadt Frankfurt will ihre Beschäftigten gesünder machen

Frankfurt -Ein Mitarbeiter einer deutschen Großstadtverwaltung war im Jahr 2020 laut Deutschem Städtetag durchschnittlich 27,2 Kalendertage krank, ein Jahr später waren es 26,6 Tage. Bei einem Mitarbeiter der Frankfurter Stadtverwaltung waren es 29,0 (2020) und 27,9 (2021) Tage. Zu viel, fand die CDU-Fraktion im Römer - und forderte den Magistrat auf, „eine systematische, anonymisierte Studie“ zu erstellen, um herauszufinden, woher die hohen Fehlzeiten kommen.
Auf deren Basis sollen dann laut CDU „gesündere Bedingungen am Arbeitsplatz und Präventions-Strategien“ erarbeitet werden.
Der zuständige Personaldezernent Bastian Bergerhoff (Grüne) hält die Gesundheit der Mitarbeiter ebenfalls für wichtig. Die vorgeschlagene Studie helfe allerdings nicht, sie zu verbessern: Die Stadtverwaltung sei viel zu heterogen, als dass allgemeine Maßnahmen greifen würden.
Stattdessen habe das Personal- und Organisationsamt auf Basis der drei zurückliegenden Kalenderjahre ermittelt, in welchen der 69 Ämter und 25 Referate der Krankenstand besonders hoch war, nämlich „insbesondere bei Tätigkeiten mit Publikum oder im pädagogischen Bereich“. Für die betroffenen Abteilungen würden nun „passgenaue Verbesserungen“ identifiziert und bis Ende des Jahres umgesetzt. Dazu gehörten unter anderem klassische arbeitsschutzrechtliche Maßnahmen, betriebliche Gesundheitsförderung und gesunde Führung.
So will Bergerhoff die Zahl der Krankheitstage in der Stadtverwaltung - trotz der sehr hohen Zahl an Atemwegsinfektionen in diesem Winter - „nachhaltig bis Ende dieses Jahres um fünf Prozent im Vergleich zum Stand des Jahres 2020“ senken. Also um 1,45 Krankheitstage pro Beschäftigtem.
Auch der Gesamtpersonalrat der Stadt Frankfurt unterstützt die Grundidee des Antrags. „29 Tage sind eine riesige Zahl und zeugen nicht nur von einer großen Belastung der Beschäftigten, sondern stellen auch einen nicht zu unterschätzenden betriebswirtschaftlichen Schaden dar. Wir brauchen zügig wirksame und nachhaltige Maßnahmen, um die Zahl der Krankheitstage zu senken“, sagt Personalratsvorsitzender Christian Barthelmes.
Dass die geplanten Maßnahmen dafür ausreichen, sei allerdings fraglich. Denn die „passgenauen Verbesserungen“ sollen, so Barthelmes, nur auf Basis von Aussagen von Amtsleitungen und dem erweitertem Führungskreis entwickelt werden. „Das reicht unserer Meinung nach nicht: Nur die Beschäftigten selbst wissen, wo genau bei ihnen der Schuh drückt.“ Wenn man tatsächlich vorhabe, etwas zu ändern, „müssen die Betroffenen bei der Entwicklung geeigneter Maßnahmen intensiv und ernsthaft mit einbezogen werden“.
Führungskultur muss sich ändern
Zudem gebe es - wie in jeder hierarchisch aufgebauten Organisation - auch in der Stadtverwaltung eine sogenannte kalte Konfliktkultur, zu der beispielsweise gehört, dass Streitigkeiten nicht offen ausgetragen werden. Deshalb sei es für Vorgesetzte oft schwierig, Konflikte anzusprechen und eine Lösung zu finden. Zusätzliche Gesundheitsmaßnahmen hülfen hier nicht. „Die ganze Führungskultur in der Stadtverwaltung müsste sich ändern, beteiligungsorientierter, vermittelnder werden“, sagt Barthelmes. Zwar arbeite man an der Einführung eines Konfliktmanagementsystems, doch von diesem Punkt bis zum tatsächlichen Wandel sei es noch ein langer Weg. „Der Leitsatz, dass der Mensch im Mittelpunkt steht und auch Fehler machen darf, muss in die Teams einsickern können.“ Auch hier sei es wichtig, die Betroffenen zu beteiligen.
Ein weiteres, und vielleicht das größte Problem der Stadtbediensteten: Frankfurts Bevölkerung wächst, ohne dass in der Stadtverwaltung neue Stellen geschaffen würden. Gleichzeitig müssten die Mitarbeiter immer mehr Aufgaben stemmen, im vergangenen Jahr etwa die Folgen der Ukrainekrise, nun die Ausweitung des Wohngeldes. „Die Arbeitsbelastung ist mittlerweile nahezu überall dauerhaft zu hoch, viele von uns werden oder sind bereits krank. Die Folge: Bei denen, die noch da sind, steigt die Belastung noch weiter an. Ein Teufelskreis“, sagt Barthelmes. Die Zahl der psychosomatischen und emotionalen Beschwerden nehme deshalb seit Jahren kontinuierlich zu.
Um die Beschäftigten innerhalb eines Jahres gesünder zu machen, werde das betriebliche Gesundheitsmanagement in seiner jetzigen Form also nicht reichen, sagt Barthelmes. „Da ist noch deutlich mehr zu tun.“ Sarah Bernhard