Protest wegen geplanter Flüchtlingsunterkunft: „Das muss nicht vor meiner Haustür stattfinden“

Bürger äußern ihren Unmut wegen der geplanten Unterkunft für Geflüchtete am Riedberg.
Frankfurt – Furcht, Unmut und Empörung - das war am Freitagabend in der Bürgersprechstunde bei der Sitzung des Ortsbeirats 12 (Kalbach, Riedberg) zu spüren. Etwa ein Dutzend Anwohner war gekommen, um ihren Unmut darüber auszudrücken, dass die Stadt Frankfurt an der Hans-Leistikow-Straße eine Unterkunft für Geflüchtete errichten will.
Sie zeigten sich verärgert darüber, dass die Entscheidung über das Vorhaben über ihre Köpfe hinweg getroffen worden sei. „Es wäre angemessen gewesen, die Bürger vorher darüber zu informieren“, sagte ein Mann. Da es hier jedoch um eine Wohnnutzung gehe, sei das aus rechtlicher Sicht nicht notwendig, hielten mehrere Ortsbeiräte dagegen.
Aber auch Bedenken über das Projekt selbst wurden laut. Er wolle sicher am Riedberg leben, vor allem im Hinblick auf seine drei Töchter, betonte ein Anwohner in einem emotionalen Redebeitrag. Er habe selbst in einer Unterkunft für Geflüchtete gelebt, als er vor mehreren Jahren nach Deutschland gekommen sei. Dort hätten schlimme Zustände geherrscht. Deshalb wolle er eine derartige Einrichtung nicht in seiner Nachbarschaft haben.
Unterkunft in Frankfurt: Ablehnung aus Angst „nicht mittragen“
Etliche Ortsbeiräte stellten jedoch heraus, dass man in dem Stadtteil bislang durchwegs gute Erfahrungen mit Geflüchteten gemacht habe. 2015 und 2016 hätten viele beispielsweise in der Turnhalle am Martinszehnten gelebt, sagte Susanne Kassold (SPD): „Da ist es zu keinerlei Vorfällen gekommen.“ Genau wie im vergangenen Jahr, als etliche Ukrainer in der Halle untergebracht waren. Er habe ebenfalls Kinder und wohne in der Nähe der Hans-Leistikow-Straße, fügte Ronald Bieber (Grüne) hinzu.
Dennoch könne er die vorgebrachten Sorgen nicht teilen. Eine solche Unterkunft allein aus der Angst heraus abzulehnen, dass es dort Probleme geben könnte, „das kann ich nicht mittragen“, betonte er. „Sollte es zu nicht-nachbarschaftsverträglichen Handlungen kommen, werden wir uns dafür stark machen, das zu lösen“, versprach Thomas Schmidt (CDU).
Kein Verständnis zeigte Bieber für die Befürchtung mehrerer Anwohner, dass ihre Häuser und Grundstücke an Wert verlieren könnten, wenn die Unterkunft gebaut werde. Schließlich hätten sich die Immobilienpreise in dem Quartier in den vergangenen Jahren mehr als verdoppelt.
Geplante Flüchtlingsunterkunft in Frankfurt: Platz für 120 Menschen
Bis zum vergangenen Sommer war die Judith-Kerr-Grundschule an der Hans-Leistikow-Straße angesiedelt. Diese zog jedoch an die Carl-Hermann-Rudloff-Allee um. Eigentlich soll das Areal für Kleingärten genutzt werden. Bei der Ortsbeiratssitzung im Februar hatten Vertreter der Stadt jedoch mitgeteilt, dass dort nun für fünf Jahre bis zu 120 Geflüchtete untergebracht werden sollen. Dafür wird ein Gebäude in Holzmodulbauweise errichtet. Wann die Arbeiten dafür beginnen, steht allerdings noch nicht fest.
Unter dem Eindruck des Ukrainekriegs und der zahlreichen Hilfesuchenden hatte der Ortsbeirat im vergangenen Jahr mehrere Standorte für derartige Bauten im Stadtteil ins Gespräch gebracht, darunter auch das Gelände an der Hans-Leistikow-Straße. Der Riedberg, erklärte Ragnar Strauch (FDP) nun, müsse als „einer der wohlhabenderen Stadtteile“ ebenfalls einen Anteil daran übernehmen, „dass Geflüchtete ein Dach über dem Kopf bekommen“.
Geplante Flüchtlingsunterkunft in Frankfurt: Sorge um die Lebensqualität
Genau das konnten mehrere Anwohner allerdings nicht nachvollziehen. Man habe viel Geld für die Häuser bezahlt und nun auch ein Recht auf eine entsprechende Lebensqualität, argumentierte ein Mann. Stattdessen leide man seit Jahren immer wieder unter Baulärm, etwa bei der Errichtung beziehungsweise dem Abbau der Schule. Und jetzt komme auch noch die Geflüchtetenunterkunft. „Natürlich wollen wir alle Gutes tun, aber das muss nicht vor meiner Haustür stattfinden“, meinte der Mann. Eine Äußerung, die mehrere Ortsbeiräte mit resigniertem Kopfschütteln quittierten.
Vorgebracht wurde auch die Befürchtung, dass die Unterkunft länger als die versprochenen fünf Jahre stehen könnte. Susanne Kassold und Nils Müller (Grüne) betonten jedoch, dass die Stadt derartige Zusagen in der Vergangenheit eingehalten habe. (Brigitte Degelmann)
Nach Beginn des Ukraine-Kriegs kamen viele Geflüchtetet in Frankfurt unter.