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Frankfurter Schule will sich nach Fußballweltmeisterin umbenennen

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Aufgrund der rechtsradikalen Gesinnung ihres Namensgebers will die August-Jaspert-Schule aus Frankfurt sich umbenennen. Weltmeisterin Steffi Jones soll neue Namenspatronin werden.

Frankfurt - Die August-Jaspert-Schule in Frankfurt will ihren Namen ändern. Darüber informierte am Dienstagabend Schulleiterin Katja Mausbach die Öffentlichkeit im Ortsbeirat 10 (Berkersheim, Bonames, Eckenheim, Frankfurter Berg, Preungesheim). Als Grund für die Namensänderung nennt sie Erkenntnisse über „eine fragwürdige Rolle, die Jaspert in der Pädagogik zur Zeit des Nationalsozialismus gespielt hat“. Neue Namenspatronin der Grundschule am Harheimer Weg soll die Fußballspielerin Steffi Jones werden.

Der Pädagoge August Jaspert (1871-1941) ist bekannt als Gründer des Landschulheims Wegscheide. Über dessen rechtsradikale Gesinnung habe der Historiker Gunter Stemmler die Schule informiert, erklärte Mausbach. „Da war für uns ziemlich schnell klar, dass wir den Namen ändern müssen. Corona hat das aber ausgebremst.“

Bonameserin, Spitzenfußballerin und wohl bald Namensgeberin der Grundschule in Bonames: Steffi Jones soll durch die Umbenennung der August-Jaspert-Schule geehrt und für gemeinsame Projekte gewonnen werden.
Bonameserin, Spitzenfußballerin und wohl bald Namensgeberin der Grundschule in Bonames: Steffi Jones soll durch die Umbenennung der August-Jaspert-Schule geehrt und für gemeinsame Projekte gewonnen werden. © Hans Nietner

Frankfurt: Steffi-Jones- statt August-Jaspert-Schule - Aktueller Namensgeber hatte extrem nationalistische Ansichten

Jaspert war Mitglied der antidemokratischen Deutschnationalen Volkspartei, die extrem nationalistische Positionen vertrat und 1933 dem Ermächtigungsgesetz zustimmte, das die Gewaltenteilung in der Weimarer Republik aufhob und der nationalsozialistischen Diktatur den Weg bereitete. Jaspert habe auch etwa als Frankfurter Stadtrat in einer Schrift zur Schulreform völkisch-rassistische Auffassungen vertreten. Pädagogik solle aus Mädchen Soldatenmütter machen und Jungen darauf vorbereiten, im Krieg auch für ihr Vaterland zu sterben, berichtete Stemmler. Der Historiker forderte deshalb schon 2019 die Umbenennung der Schule und der Jaspertstraße in Preungesheim.

Angesichts dieser Erkenntnisse habe die Schulgemeinde begonnen, Kriterien zu definieren, nach der ein neuer Namensgeber ausgewählt werden sollte. Der neue Namensgeber sollte einen regionalen Bezug haben, bekannt sein, als Vorbild dienen können und sich durch soziales Engagement ausgezeichnet haben, erklärte Mausbach. Auch solle die Person mit Schwerpunkten der Schule assoziiert werden. „Und es sollte möglichst eine Frau sein, weil Frauennamen unterrepräsentiert sind.“

Frankfurt: Steffi Jones als neue Namenspatronin? Schulgemeinde und Elternbeirat dafür

So sei die Schulleitung sehr schnell auf Steffi Jones gestoßen und war damit nicht allein. Parallel dazu habe sich der Elternbeirat Gedanken über eine neue Namensgeberin gemacht, sagte Marc Rinecker vom Elternbeirat. Auch er kam auf die heute 50 Jahre alte Fußballweltmeisterin von 2003 und mehrfache Europameisterin (1997, 2001 und 2005).

Jones ist in Bonames aufgewachsen und spielte bis zu ihrem 14. Lebensjahr beim SV Bonames (regionaler Bezug: check, Frau: check). Als Spitzensportlerin und Tochter eines US-amerikanischen Vaters passe sie als Namensgeberin zu den sportlichen und multikulturellen Schwerpunkten der Schule, sagte Mausbach. Außerdem sei Jones unter anderem mit dem Hessischen Verdienstorden ausgezeichnet worden, dem Gabriele-Strecker-Preis und dem Georg-August-Zinn-Preis jeweils für gesellschaftspolitisches Engagement (Vorbildfunktion: check).

Frankfurt: Schulgremien haben Umbenennung nach Steffi Jones bereits beschlossen

Eine Schule nach einer noch lebenden Person zu benennen sei - anders als bei Straßen - kein Problem. So hätten die Albert-Schweitzer-Schule am Frankfurter Berg oder die Astrid-Lindgren-Schule im Dornbusch jeweils ihre Namen erhalten, bevor die Namensgeber verstorben waren. In den Schulgremien sei die Umbenennung bereits beschlossen worden. „Laut dem Stadtschulamt ist die Namenswahl kein Problem“, sagte die Schulleiterin. Das Amt prüfe die Namenswahl aber derzeit noch.

Auch, dass die Schule einen Spitznamen tragen würde, sei kein Problem. Steffi Jones heißt eigentlich Stephanie Ann Jones. Die Schulleiterin verweist auf die Loki-Schmidt-Schule in Hamburg, die nach der Ehefrau des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt benannt ist, in deren Ausweis „Hannelore Schmidt“ stand.

Frankfurt: Neue Namensgeberin Steffi Jones fühlt sich geehrt

Mausbach sieht in der Umbenennung eine Chance. In einem Telefonat mit Jones habe diese sich gefreut und geehrt gefühlt. Auch hätten Sportlerin und Schulleiterin schon über mögliche gemeinsame Projekte gesprochen. Einer der Vorteile einer noch lebenden Namensgeberin.

Im Ortsbeirat wurde die Entscheidung positiv aufgenommen. Unklarheit bestand darin, ob es einen Beschluss des Stadtteilgremiums brauche. Da der aber nicht schaden kann, kündigte Ortsvorsteherin Wera Eiselt (Grüne) einen entsprechenden Antrag für die Sitzung im September an. Dem großen Zuspruch der Fraktionen nach zu urteilen, könnte der einstimmig beschlossen werden. (Friedrich Reinhardt)

Auch eine berühmte Straße in New York wurde einst umbenannt: Die zuvor als Skinner Road bekannte Christopher Street wurde nach Charles Christopher Amos umbenannt, als dieser das Gebiet in Greenwich Village kaufte. Dort entstand später der Christopher Street Day, der längst auch in Frankfurt gefeiert wird.

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