Betrugsmasche in Frankfurt: Wenn Abzocker dir aufs Dach steigen

Dachhaie gaukeln Senioren vermeintliche Schäden vor und verlangen dann überzogene Preise. Zurzeit sind sie wieder in Frankfurt unterwegs.
Frankfurt -Dachhaie sind in Frankfurt unterwegs, warnt Bernd Neumann, Dachdeckermeister und im Gewerbeverein Oberrad aktiv. Er wurde von einer Bekannten alarmiert: In Eschersheim sei ein älteres Ehepaar solchen fahrenden Handwerkern auf den Leim gegangen.
Zuerst sei angeblich nur ein Ziegel locker gewesen, den die Handwerker befestigen wollten. „Als sie herunterkamen, sagten sie, es sei noch mehr kaputt.“ Am Ende wurde behauptet, dass die Dachlatten verfault seien und das Dach komplett neu gedeckt werden müsse. Sogar der Schornstein müsse erneuert werden. „Mehrmals leistete mein Bekannter Vorauszahlungen, insgesamt 7500 Euro“, sagt Birgit H. „Es hieß, für eine Dachseite hätten sie Ziegel im Auto, sie könnten gleich anfangen.“
Birgit H. wurde aufmerksam, als sie zu Besuch bei den alten Leuten war. Sie informierte Neumann, der von Oberrad nach Eschersheim gefahren ist. „Das Dach ist in Ordnung, völlig normal, wenn man das Alter bedenkt“, so Neumann. „Das ist glasklar Abzocke. Es werden weit überhöhte Preise verlangt für Arbeiten, die gar nicht nötig sind.“ Neumann hat schon öfter mit den Arbeiten solcher Dachhaie zu tun gehabt. „Sobald die Leute am Haken hängen, ist es fast immer zu spät.“
Im vorliegenden Fall wurde ein Rechtsanwalt eingeschaltet, der dann auch einen Hausbesuch gemacht hat. „Er hat ein Betretungsverbot für das Grundstück ausgesprochen“, sagt Neumann.
Betroffene Firma spricht von Rufschädigung
Schwierig dürfte es hingegen sein, das vorausbezahlte Geld zurückzubekommen. „Ich habe eine Frist gesetzt“, sagt Rechtsanwalt Raimund Ernst. „Bislang ist nichts eingegangen. Die Frist ist überschritten. Die Firma reagiert einfach nicht.“
Das betreffende Unternehmen war dieser Zeitung gegenüber nicht zu einer Aussage bereit. „Wir sind keine Dachhaie und bereiten eine Anzeige wegen Rufschädigung vor“, sagt der Inhaber Patrick L. Mehr wollte er nicht sagen. Auch nicht, ob er schon am nächsten „kaputten“ Dach arbeitet.
Die Firma ist in Wächtersbach registriert. Ein Anruf bei der zuständigen Handwerkskammer Wiesbaden bestätigt, dass das Unternehmen in die Handwerksrolle eingetragen ist. Allerdings nicht als Dachdecker, sondern als Gebäudereiniger, Raumausstatter. Auch Rollladen- und Sonnenschutztechnik sei ein Arbeitsfeld der Firma ebenso Holzschutz, Mauerschutz und der Einbau genormter Baufertigteile. Es sei wohl auch mal ein Betriebsleiter angestellt gewesen, der die nötigen Qualifikationen für Dachdeckerarbeiten aufwies. Inzwischen sei das nicht mehr so. Die Handwerkskammer will jetzt die Firma anschreiben und gegebenenfalls bei den Ordnungsbehörden anzeigen, wenn sich der Verdacht erhärte, dass sie unerlaubt Dachdeckerarbeiten anbietet, so der Justiziar der Handwerkskammer.
Hermann Schmidt, Obermeister der Dachdeckerinnung, kennt die Masche: „Sie schauen sich von unten ältere Häuser an. Wenn die Bewohner älter sind, bieten sie eine kleine Arbeit an. Meist kommen sie mit einem Stück faulen Holzes vom Dach. Das Holz haben sie zuvor mitgebracht.“ Fast immer werde eine Vorauszahlung gefordert: „Wenn erst einmal die Ziegel abgedeckt sind und der nächste Regen droht, bekommen die Leute Angst und zahlen.“ Häufig haben sie keine Kinder, oder sie wohnen weit weg. So werden die Rentner Opfer und schämen sich auch noch dafür.
„Diese Betrügereien sind klar geplant“, sagt Schmidt. Mitunter gebe es Drücker, Außendienstler, die die Aufträge rekrutieren und an offizielle Firmen weitergeben. Sie selbst sind oft nur Briefkastenfirmen. „Es ist ein ausgeklügeltes System“. Man könne sich bei Verdacht an die Dachdeckerinnung wenden: „Wir schützen unsere Firmen und die Verbraucher, wir vermitteln juristische Hilfe, wir wollen an die Klinkenputzer und die nicht berechtigten Firmen heran.“ Bei der Polizei ist das Thema Dachhaie derzeit keines: „Es liegen keine Anzeigen vor“, sagt Sprecher Manfred Füllhardt.