Stadtteil wegen Strafzetteln in Aufruhr: Beschimpfungen und Eingeständnis der Stadt
Bei einer Aussprache werden die Mitarbeiter des Frankfurter Straßenverkehrsamtes kritisiert – die Behörde räumt Fehler in Preungesheim ein.
Frankfurt – Noch bevor die Diskussion beginnt, wird der erste Anwohner laut. „Wollen sie nicht erst mal die Bürger zu Wort kommen lassen?“ Ulrich Nothwang vom Straßenverkehrsamt in Frankfurt will im Ortsbeirat am Dienstagabend (21. März) gerade mit seinem Vortrag beginnen und erklären, warum rund um die Straße Niemandsfeld Strafzettel ohne Vorwarnung für Gehwegparken verteilt wurden. Doch fürs Zuhören waren viele der rund 50 Anwohner nicht gekommen.
Nothwang wird immer wieder unterbrochen. „Das will keiner hören“ oder „Jetzt hören Sie auf“. Nach sarkastischen Zwischenrufen lacht die Menge über Nothwang. „Sie haben gezeigt, dass kein Amtsschimmel zu viel geritten werden kann“, sagt einer. Nothwang, weißes Hemd mit Amtszeichen auf dem Ärmel, drückt den Rücken durch, verkneift sich Antworten und bleibt sachlich. Nur einmal erlaubt er sich eine schnippische Antwort.

Frankfurter Stadtteil Preungesheim in Aufruhr: Die Bürger und der Amtsschimmel
Eine Bürgerin hat – im Ton, als würde sie mit einem Begriffsstutzigen sprechen – empfohlen, das Amt solle Hinweiszettel für die Anwohner nicht an Autos heften, sondern in die Briefkästen werfen. Nothwang: „Vielleicht waren wir zu naiv, als wir dachten, die Nachbarn würden untereinander kommunizieren.“ Die Zettel hatten in Windeseile im Quartier die Runde gemacht.
Neben viel Empörung brachten die Anwohner Argumente gegen die jetzige Parksituation. Nachdem das Parken auf einer Seite verboten wurde, sei die Fahrbahn zwar breiter, aber die Autos auch schneller unterwegs. Für seine drei Kinder sei es nun gefährlicher, sagte Thomas Elbe. Autos wichen nun bei Gegenverkehr auf den Gehweg aus. Ein Auto sei seiner Mutter fast über den Fuß gefahren. Michael Martell, Vorsitzender des Fördervereins Festeburg, berichtete, dass Gäste der Konzerte nun kaum Parkplätze fänden.
Frankfurt-Preungesheim in Aufruhr: Die Parksituation wird sich wohl nicht ändern
Aus Sicht des Straßenverkehrsamts werde sich an der Parksituation wohl dennoch nichts ändern, sagte Nothwang. Ein Bewohnerparken setze einen Mangel an Parkplätzen voraus, den es hier nicht gebe, wenn man den Frankfurter Durchschnittswert von 539 Autos pro 1000 Einwohner auf das Quartier überträgt. Gehwegparken könne nicht legalisiert werden, weil der Gehweg zu schmal sei. Die Straßen nur für Anlieger freizugeben sei nicht zielführend. Das Verbot könne nicht kontrolliert werden, da Streifen nicht erkennen, welches Auto zu einem Anwohner gehört.
Ändern werde sich aber die Kommunikation des Amts, versprach Nothwang. „Das ist nicht ideal gelaufen. Daraus werden wir lernen.“ Heißt: Bevor das Amt bislang toleriertes Verstöße ahndet, sollen Anwohner vorgewarnt werden. Im Fall des Niemandsfelds habe die Landespolizei Strafzettel verteilt. „Die kennen die Maßnahme der Anwohnerinformation nicht.“
Frankfurter Stadtteil Preungesheim in Aufruhr: Ein gesellschaftlicher Wandel
Immer wieder betonte Nothwang, die Behörde führe nur Gesetze aus. „Wir sind weder der lange Arm der Politik noch einzelner Bürger.“ Warum wurde dann nicht schon früher das Gehwegparken geahndet, fragte eine Bürgerin. Nothwang verweist auf einen „gesellschaftlichen Wandel“ und sagt: „Es gibt einen höheren Druck, die Gesetze durchzusetzen.“ Petra Breitkreuz (CDU) versteht das so: „Ich höre raus, dass es ideologische Gründe sind, dass das Amt hier so vorgegangen ist.“ Nothwang schüttelt heftig den Kopf, kommt aber nicht zu Wort. Was mit dem „gesellschaftlichen Wandel“ und dem „höheren Druck“ gemeint ist, erklärt Ingmar Bolle, Sprecher des Straßenverkehrsamts.
Das Amt habe einen Ermessensspielraum. Dieser werde aber nie willkürlich genutzt. Die Amtspraxis werde beeinflusst durch Gerichtsurteile und Fachdebatten, die seit Jahren beklagen, dass Gehwegparken nicht ausreichend geahndet werde. „Druck“ mache neben der Fachaufsicht auch ein Wandel im Verkehrsgeschehen. Radverkehr hat zugenommen. „Kinder bis acht Jahre müssen auf dem Gehweg fahren – und das sicher.“ Es gebe mehr Beschwerden über Gehwegparker. Der Koalitionsvertrag spiegele diesen gesellschaftlichen Wandel wider. Darin heißt es: „Um die Sicherheit schwächerer Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten, setzen wir uns für konsequente Ahndung illegalen Parkens auf Geh- und Radwegen ein.“ (Friedrich Reinhardt)