Streit um Verkehrspolitik in Frankfurt: Eindringliche Forderung des scheidenden Dezernenten

Stefan Majer (Grüne) geht in den Ruhestand, hat vor den Stadtverordneten Bilanz gezogen. Er äußert Kritik - und es wird Kritik an ihm geäußert.
Frankfurt -Mit einem Appell für mehr gemeinsam getragene Entscheidungen in der städtischen Verkehrspolitik hat sich Mobilitätsdezernent Stefan Majer (Grüne) von den Stadtverordneten verabschiedet. „Ich empfehle allen, auch der CDU, den Anschluss nicht zu verlieren an das veränderte Mobilitätsverhalten der Bevölkerung“, mahnt Majer.
Seine Amtszeit endet mit dem 7. Juli, danach geht der 65-Jährige in Pension. Zwei Amtszeiten lang war Stefan Majer seit 2011 Dezernent: erst für Verkehr, ab 2016 für Gesundheit und Personal, seit 2021 für Gesundheit und wieder Mobilität. In der Stadtpolitik ist der gebürtige Tübinger und studierte evangelische Theologe seit drei Jahrzehnten aktiv.
Radwege: „Rote Farbe auf der Straße“ zeigt von Stefan Majers Arbeit
Damit sich Majer überhaupt in der jüngsten Plenumssitzung der Stadtverordneten äußern kann, hat die Grünen-Fraktion eine allgemein formulierte Frage für die Fragestunde angemeldet. Grünen-Fraktionsvorsitzender Dimitrios Bakakis lobt dabei, Majer habe „empathisch, verständnisvoll, nicht herablassend“ agiert. „Da können wir uns alle eine Scheibe abschneiden“. Majer habe Corona gemanagt und gleichzeitig die Mobilitätswende vorangetrieben. „Die rote Farbe auf den Straßen zeugt davon“, erinnert Bakakis. Und Majer habe persönlich zusammen mit Pearl Hahn (damals Linke), Verena David (CDU) und ihm selbst die Farbe auf den Regenbogenkreisel im schwulen Bermudadreieck nördlich der Konstablerwache gemalt.
Majer: Ein Vergnügen, Trams selbst zu fahren
Die Fragestunden mit dem direkten Austausch zwischen Stadtverordneten und Regierung seien für ihn „ein Vergnügen“ gewesen, sagt Stefan Majer in seiner elfminütigen Rede. Ebenso als Vergnügen bezeichnet er es, dass er bei der Eröffnung der Strecken in den Frankfurter Bogen und in der Stresemannallee die Straßenbahn selbst habe fahren dürfen.
Während seiner Amtszeiten sei es gelungen, durch den Ausbau der Angebote bei Bahn, Bus und Rad viele Autofahrer zum Umsteigen auf saubere Verkehrsmittel zu bewegen, und es sei „eine gerechtere Verteilung der Verkehrsflächen“ gelungen. So würden die U5 ins Europaviertel, die eigene Strecke für die S6 und die Regionaltangente West gebaut. Majer unterstreicht: „Nur Busse und Bahnen bieten die Möglichkeit, hunderttausende Menschen emissionsarm und stadtverträglich zu befördern.“ Eine „konsequente Förderung des Verkehrsträgers Fahrrad“ sei ebenso nötig, sie entlaste die „endlichen Kapazitäten“ von Bahn, Bus und Autoverkehr.
Stichwortgeber: Kritik am Vorgehen der Grünen
Dass die Grünen mit ihrer Frage für die Fragestunde Majer überhaupt die Möglichkeit gaben zu seiner Abschiedsrede, ruft Kritik der Opposition hervor. „Die aktuelle Stunde ist nicht dazu da, um Magistratsmitglieder zu verabschieden“, moniert Linke-Fraktionsvorsitzender Michael Müller (Linke). „Das kann man auf dem Parteitag machen.“
Auch dem verkehrspolitischen Sprecher der CDU, Frank Nagel, „fehlt Verständnis“, einen Tagesordnungspunkt anzumelden, um einen Stadtrat zu würdigen. „Es wird doch sicherlich noch einen Empfang zum Abschied geben.“ Das Stadtparlament solle sich mit aktuellen Themen statt einer Rückschau beschäftigen. „Schulmeisterliche Verhaltensvorschriften führen zur Spaltung der Gesellschaft“, mahnt Nagel.
„Es macht mir Spaß zu streiten, aber noch mehr, zu einem Konsens zu kommen“, antwortet der scheidende Dezernent. Bei vielen Themen gebe es großen Konsens mit der CDU, etwa der anstehenden U5-Verlängerung zum Frankfurter Berg. Der Konsens sei sehr wichtig, sagt Majer, da die aktuelle Politik den Verkehr meist weit über eine Wahlperiode hinaus präge. (Dennis Pfeiffer-Goldmann)