Taufen, wie einst Johannes der Täufer es tat

Dreikönigsgemeinde die Nähe zum Main für eine besondere Feier
Konrad hat die Ruhe weg. Hin und wieder macht der neun Monate alte Bub große Augen, bleibt aber bei der ganzen Zeremonie sichtlich gelassen - auch als Pfarrerin Silke Alves-Christe ihn mit frischem, kühlem Wasser benetzt. Ebenso wie Karolina (13) wird er später einmal sagen können, im wahrsten Sinne des Wortes mit Mainwasser getauft worden zu sein.
Denn einmal im Jahr nutzt die Dreikönigsgemeinde die Nähe ihrer namengebenden Kirche für eine Maintaufe mitten in der Stadt und unter den Menschen. Doch dieses Mal bleibt es wegen der unglücklichen Wetterprognose bis zuletzt spannend. Und während im Gottesdienst in der Kirche das Lied „Ins Wasser fällt ein Stein“ erklingt, halten Gemeinde und Pfarrerin noch einmal inne: „Da dachte ich schon, dass womöglich nicht nur der Stein ins Wasser fällt, sondern die ganze Taufe“, so Alves-Christe.
Auch in der Predigt geht es passenderweise um das Thema Taufe und das Altarfenster von Charles Crodel, das einen Fluss mit Fischen und einem Kreuz als Verweis auf die Taufe Jesu zeigt. Wie der Heiland ließen sich auch die ersten Christen als Erwachsene taufen. Da Jesus aber auch die Kinder besonders segnete, um sie ins Reich Gottes aufzunehmen, wurde später eher die Kindstaufe üblich. Für beide Formen der Taufe gebe es heute gute und berechtigte Gründe, findet Alves-Christe.
Glücklicherweise legt der Regen zum Ende des Gottesdienstes dann doch eine Pause ein - gerade rechtzeitig für die rund 60 Gläubigen, um den etwa zehnminütigen Weg hinunter zum Main zurückzulegen. Dort lässt sich an diesem Sonntag auch Karolina taufen, sie möchte diesen wichtigen Schritt gerne noch vor der Konfirmation machen, die bald ansteht. Oft gibt es bei diesem speziellen Jahresgottesdienst auch mehrere Täuflinge, jedoch seien die Leute wohl auch wegen Covid immer noch etwas zurückhaltend, meint die Pfarrerin.
Seit 2014 gibt es die jährlichen Taufgottesdienste am Main. Inzwischen schon eine Tradition, die auf eine Idee der Pfarrerin aus dem Heiligen Land zurückgeht. „Ich erlebte als Pfarrerin in Jerusalem eine Erwachsenentaufe im See Genezareth“, sagt Alves-Christe. Passenderweise liegt der See, in dem die Jünger viele Fische fangen konnten, nicht allzu weit entfernt vom Fluss Jordan, wo Jesus selbst durch Johannes den Täufer getauft wurde.
Wasserqualität ist gut
Doch bevor es ans Sachsenhäuser Ufer gehen konnte, erkundigte sich die Pfarrerin erst mal beim Gesundheitsamt: „Am Anfang war ich schon etwas unsicher, ob das mit Mainwasser aus hygienischen Gründen so einfach geht“, bekennt sie. Doch dort habe man ihr versichert, dass sich die Wasserqualität stetig verbessert habe und man deshalb keine Bedenken mehr haben müsse. Und dann stand der ersten Taufe im Freien nichts mehr im Weg.
Gerade in Frankfurt sind die Dreikönigskirche und auch der Dreikönigstag sehr eng mit dem Main verbunden. Denn anders als die 1340 geweihte und 1875 abgerissene Vorgängerkirche gleichen Namens im Sachsenhäuser Gassengewirr wurde die heutige Dreikönigskirche bewusst in Flussnähe als protestantisches Pendant zum Kaiserdom Sankt Bartholomäus errichtet. Zudem war der Architekt kein Geringerer als der Dombaumeister Franz Josef Denzinger. Deshalb wird die Dreikönigskirche auch heute noch liebevoll „Sachsenhäuser Dom“ genannt.
Eine weitere Tradition ist inzwischen das orthodoxe Epiphaniasfest am Altstadtufer, mit dem die Frankfurter Griechen zum Dreikönigstag die Taufe Jesu und die Erscheinung des Heiligen Geistes zelebrieren. Daher wird das Kreuz von den Priestern drei Mal in den Fluss geworfen und anschließend wieder herausgezogen. „Ein sehr schöner Brauch, der auch gut zu unseren Tauffesten im Freien passt“, findet Alves-Christe.
Drei Mal in die Knie gehen und Flusswasser schöpfen musste auch die Pfarrerin, als sie Konrad und Karolina taufte. Ob dabei auch ein Blick Richtung Himmel hilft? Am vergangenen Sonntag jedenfalls sind alle Beteiligten trockenen Hauptes zum Main und auch wieder zurückgekommen - nun ja, fast jedenfalls.
Denn später kam Alves-Christe doch noch in den Regen und wurde pitschenass. Denn da der Berg nicht zur Pfarrerin kommt, musste sie hinauf auf den Sachsenhäuser Berg, genauer gesagt zum Pfarrhaus an der Bergkirche, wo sie wohnt. Gernot Gottwals