Frankfurt trauert um den Herrn der Äpfel: Günter Possmann ist tot
Kelterei-Chef, Bewahrer, Lokalpatriot: Günter Possmann ist im Alter von 84 Jahren gestorben.
Frankfurt – Er war ein Patriarch. Für seine Familie. Er war ein Behüter. Für die Apfelweinkultur, für die Streuobstwiesen. Er war ein Kämpfer. Für das Antlitz Frankfurts. Günter Possmann einte viele Rollen in einer Person - aber nicht um seiner selbst Willen. Er wollte das Beste herausholen. Für seine Familie. Für den Ebbelwei. Für Frankfurt. Am 19. Januar ist der Seniorchef der Kelterei Possmann GmbH & Co. KG im Alter von 84 Jahren unerwartet gestorben. Das hat das Unternehmen gestern bekanntgegeben.
Sein Wunsch zum 80. Geburtstag, mindestens 100 Jahre zu werden, hat sich somit nicht erfüllt. Doch weit mehr als 50 Jahre war er mit seiener Frau Annette verheiratet. Neben ihr hinterlässt Günter Possmann drei Kinder und sieben Enkel, viele Freunde sowie Wegbegleiter.
Frankfurter Apfelwein-Kelter Günter Possmann ist tot
Günter Possmann hatte 1964 - im selben Jahr übrigens, in dem er seine spätere Gattin kennenlernte - in vierter Generation mit seinem Cousin Werner Volkmar Possmann als Inhaber und Geschäftsführer die Kelterei übernommen. Und er hatte immer wieder betont, dass die Ehe mit seiner Annette die beste Entscheidung gewesen sei, die er in seinem Leben getroffen habe - „ohne sie wäre das alles nicht möglich gewesen“.
Bis 2004 leitete er die Geschicke des Familienunternehmens. Und auch hier war er ehrlich. Zu sich. Und zu Wegbegleitern. „Die zweitbeste Entscheidung meines Lebens war, dass ich niemals aufgegeben habe. Auch nach meinen ersten Fehlern, die ich im Betrieb gemacht habe“, sagte der Frankfurter Bub anlässlich seines 80. Geburtstags. Ja, er kannte sie, die Aufs und Abs der kleinen Apfelweinszene, in der „Possmann“ ein Großbetrieb ist. Und ja, auch Umbrüche wie jene, die vor Jahren von Manufaktur-Kelterern ausgelöst worden waren, die jahrgangs- und sortenrein arbeiten, hatte er anfangs skeptisch beobachtet. Zeiten ändern sich. Der Betrieb, den seit 2004 sein Sohn Peter in fünfter Generation leitet, ist längst kein Hort der einstmals reinen Kelter-Lehre mehr. Ja, Günter Possmann war eigensinnig, bisweilen stur. Gleichwohl lernfähig.
Er war eine Persönlichkeit, die sich der Familientradition folgend für die Pflege von Brauchtum in Frankfurt einsetzte. Als Vorsitzender der „Freunde Frankfurts“, als Kämpfer für ein Apfelweinmuseum im Herzen Frankfurts. Weit über seine beruflichen Herausforderungen hinaus an der Spitze des Apfelwein-Unternehmens lagen ihm bis zum Schluss als Seniorchef Erhalt und Pflege der regionalen Streuobstwiesen am Herzen. Und er hatte Utopien im Herzen: Zum Beispiel eine Streuobstwiese auf dem Goetheplatz. Die wünschte er sich nämlich, als er 2019 die Ehrenplakette der Stadt entgegengenommen hatte. Diese würde die Luftqualität in der Innenstadt merklich verbessern. Schließlich sei die mies, vor allem wenn’s zu heiß sei im Zentrum der Stadt, „braucht’s frische Luft und ein anständiges Klima, denn die Luft ist oft überhitzt“, argumentierte Possmann.

Günter Possmann: Ein Leben für den Apfelwein
Günter Possmann kämpfte für ein Apfelweinmuseum in der Neuen Altstadt. Und er forderte gemeinsam mit den Altstadtfreunden eine Komplett-Rekonstruktion der Altstadt zwischen Dom und Römerberg. Ohne Erfolg. Trotz harter Arbeit. Und des Mottos frei nach Friedrich Stoltze: „Es geht mir in de Kopp’ net rein, wie kann nur das Apfelweinmuseum net in Frankfurt sein.“
Doch genauso wie er dem Herzen Frankfurts zugetan war, engagierte er sich in seinem Stadtteil, Rödelheim. Als 1998 der Förderverein Petri-Haus von Wilhelm Bender gegründet wurde, hat Günter Possmann als überzeugter Rödelheimer viele Jahre aktiv im Vorstand des Fördervereins gearbeitet und geholfen, das historische Haus wieder erstehen zu lassen. Sein Engagement für das Petri-Haus hat kulturelles Erbe bewahrt. Das tat Rödelheim sehr gut - denn nicht immer steht dieser Stadtteil auf der Sonnenseite. Und das Petri-Haus ist noch immer ein Anziehungspunkt. Ein Leuchtturmprojekt.
Die Kelterei Possmann GmbH & Co. KG, und die Familie verabschieden ihren Seniorchef mit herzlichen Worten: „In all diesen Jahren haben wir seinen Einsatz für unser Unternehmen, den Frankfurter Äpfelwein und die Äpfelweinkultur, seine klare und aufrichtige Haltung sowie seinen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn bewundert und geschätzt. Mit seinem Tod verlieren wir eine große Persönlichkeit und einen wundervollen Menschen.“ Viele Frankfurter schließen sich ihnen an.
Die Unesco hat kürzlich die Apfelweinkelterei gewürdigt. Das Handwerk wurde in die Liste der Weltkulturerben aufgenommen.