Moses Pelham bei Gottesdienst in Frankfurt: Wenn Goethe auf die Böhsen Onkelz trifft

Prominenz beim Gottesdienst in Frankfurt: Moses Pelham und DJ Matthias Westerweller zitieren in der Bornheimer Johanniskirche Goethe, Ed Sheeran und die Böhsen Onkelz.
Frankfurt - Es ist weder Ostern noch Weihnachten, trotzdem ist die Bornheimer Johanniskirche proppenvoll. Es ist: Vinylgottesdienst. Und Moses Pelham spricht und spielt Musik vor, unterhält sich dabei mit DJ Matthias Westerweller . Mehr als 250 Neugierige sind dabei. Es geht um das Thema Trost, zu dem der Musiker und Produzent auch Passagen aus Werken von Hermann Hesse und Johann Wolfgang von Goethe zitiert und einige Titel ausgesucht hat. Die Auswahl reicht von Vivaldi über B.B. King , Ed Sheeran , Chaka Khan bis zu den Böhsen Onkelz - das hat bestimmt Seltenheitswert.
Auffällig: Die Veranstaltung nennt sich zwar Vinylgottesdienst, aber auf dem Altar steht kein Plattenspieler, sondern ein Mischpult, eine Bibel, Kerzen und ein Computer. Einleitende Worte spricht Pfarrer Lars Heinemann . Die zentrale Frage beim Trost sei, „ob ich mich darin gesehen fühle, denn das ist es, was wahrhaft tröstet“, so Heinemann.
Musik-Produzent Moses Pelham und DJ Matthias Westerweller bei Frankfurter Gottesdienst
Dann legten die zwei Fachleute auf der Couch los. Musik als Ablenkung, als Entertainment, das sei nicht das, „wonach ich suche“, stellt Pelham klar, der mit dem Rödelheim Hartreim Projekt bekannt wurde. Komme jemand mit Halligalli um die Ecke, „dann sag’ ich: ,Willst du mich verarschen’?“ Vielmehr wolle er „eine Umarmung“. so der Produzent.
„Mich würde ein Fächer trösten“, scherzt Matthias Westerwelle, in Anspielung darauf, wie stickig und schwül es in dem Gotteshaus ist. Die Kunst sei oft dazu in der Lage, und die „inhaltliche Natur“ der Musik, die Sprache, habe eine „umarmende Ebene“, so Moses Pelham, der mit einem Stück beginnt, das keinen Text hat - Vivaldis Frühling, recomposed von Max Richter . „Diese Version berührt mich unglaublich“, schildert Pelham, warum er gerade diese ausgesucht hat. „Ich liebe daran das aus der Schwere kommende Erheiternde“, so der Produzent, der sich auch mit Bands wie Glashaus einen Namen machte.
Trost in der Musik
„Bei einem Song kann der Text noch so clever sein - wenn die Musik nichts ist, komme ich gar nicht an den Punkt, mir das Lied anzuhören“, sagt Pelham, der Trost auch in Gedichten und Texten findet. „Der ,Werther’ das ist mein Lieblingsbuch“, sagt er und berichtet, wie er, als sein Vater in Amerika im Sterben lag und er irgendwo im Nirgendwo war, in einen Supermarkt fuhr und CDs kaufte. Hauptsächlich wohl Compilations.
Ursprünglich war er auf der Suche nach „Ace of Spades“ von O.V. Wright , „eines der ersten Stücke, die ich mit meinem Vater hörte“, und entdeckte „I’m going Home (to live with God)“ von O.V. Wright. „Ich kannte dieses Stück überhaupt nicht, aber es passte wie die Faust aufs Auge auf die Situation, in der wir uns befanden“, erinnert er sich. Er weiß noch, dass er sich getröstet fühlte. Am Ende zeigt sich der Pfarrer begeistert von der Veranstaltung. „Wie lange muss ich denn jetzt fragen und ein bisschen bitten und betteln, bis du sagst: ,Natürlich predige ich hier in der Johanniskirche?““ Der Angesprochene lacht und antwortet: „Ich sag mal so: Das muss ich mit meinen Rabbi besprechen.“ Das macht Hoffnung. (Enrico Sauda)