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Islam-Expertin zu Moscheebau in Frankfurt: „Stadt sollte wissen, mit wem sie es zu tun hat“

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Islam-Expertin Susanne Schröter über den möglichen Einfluss radikaler Muslimverbände in Frankfurt. Sie ist Leiterin eines Forschungszentrums.

Frankfurt – Spätestens seit die Pläne für eine Großmoschee an der Eichenstraße in Frankfurt-Griesheim publik wurden, steht das Islamische Zentrum Frankfurt (IZF) verstärkt im öffentlichen Fokus. So hatte das IZF etwa ein Schreiben veröffentlicht, in dem es angibt, dass über die Deutsche Muslimische Gemeinde (DMG) Spenden für ein entsprechendes Bauvorhaben gesammelt würden. Die DMG wiederum wird vom Verfassungsschutz beobachtet, weil sie ein Ableger der international agierenden islamistischen Muslimbruderschaft ist. Wer ist die DMG und wie hängt sie mit dem IZF zusammen?

Darüber sprach FNP-Autorin Sylvia A. Menzdorf mit der Islamforscherin und Leiterin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam, Prof. Susanne Schröter. Sie ist Professorin für Ethnologie an der Frankfurter Goethe-Universität.

Susanne Schröter (65) ist Professorin für Ethnologie kolonialer und postkolonialer Ordnungen an der Goethe-Universität. Außerdem leitet sie das Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam (FFGI). Seit 40 Jahren arbeitet sie theoretisch und empirisch zu Verschränkungen von Religion, Kultur und Politik, zu Gender und Sexualität sowie zur Transformation moderner Gesellschaften. Nach 15 Jahren ethnologischer Feldforschung in Südostasien, dabei vor allem in Indonesien, lag ihr Fokus seit 2008 vor allem auf der islamischen Welt und der muslimischen Diaspora in westlichen Ländern. Seit 2015 befasst sie sich zunehmend mit den Aspekten von Chancen und Herausforderungen in Einwanderungsgesellschaften, zu denen auch Deutschland gehört. Neben ihren Tätigkeiten als Professorin und Forscherin an den Universitäten Mainz, Trier, Chicago, New Haven (Yale University), Passau und Frankfurt engagiert sich Schröter ehrenamtlich in wissenschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Organisationen. enz
Susanne Schröter (65) ist Professorin für Ethnologie kolonialer und postkolonialer Ordnungen an der Goethe-Universität. Außerdem leitet sie das Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam (FFGI). Seit 40 Jahren arbeitet sie theoretisch und empirisch zu Verschränkungen von Religion, Kultur und Politik, zu Gender und Sexualität sowie zur Transformation moderner Gesellschaften. Nach 15 Jahren ethnologischer Feldforschung in Südostasien, dabei vor allem in Indonesien, lag ihr Fokus seit 2008 vor allem auf der islamischen Welt und der muslimischen Diaspora in westlichen Ländern. Seit 2015 befasst sie sich zunehmend mit den Aspekten von Chancen und Herausforderungen in Einwanderungsgesellschaften, zu denen auch Deutschland gehört. Neben ihren Tätigkeiten als Professorin und Forscherin an den Universitäten Mainz, Trier, Chicago, New Haven (Yale University), Passau und Frankfurt engagiert sich Schröter ehrenamtlich in wissenschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Organisationen. enz © peter-juelich.com

Islam-Expertin äußert Bedenken wegen geplanten Moscheebaus in Frankfurt

Das Islamische Zentrum Frankfurt (IZF) hat jüngst mit einer einigermaßen undurchsichtigen Spendenaktion öffentliche Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Bevor wir da tiefer einsteigen: Wie blicken Sie als Islamkennerin und -forscherin auf das IZF?

Wenn wir uns die Selbstdarstellung des IZF in den sozialen Medien ansehen, dann entdecken wir Kooperationen mit Personen und bekannten Organisationen, die dem Netzwerk der Muslimbruderschaft zugerechnet werden. Dazu gehören das Europäische Institut für Humanwissenschaften, der Rat der Imame und Gelehrten und die Deutsche Muslimische Gemeinschaft (DMG).

Die jüngste Spendenaktion, zu der das IZF im sozialen Netzwerk Facebook aufgerufen hat, soll für den Bau einer großzügigen Moschee und eines Veranstaltungskomplexes an der Eichenstraße in Griesheim sein. „Projekt Zukunft IZF im Auftrag der DMG“ heißt es dort. Was wissen Sie als Forscherin über diese Gemeinschaft?

Die Deutsche Muslimische Gemeinschaft gilt als einflussreichste Organisation von Anhängern der Muslimbruderschaft in Deutschland. Sie wird vom Verfassungsschutz beobachtet, weil angenommen wird, dass deren Führung mittelfristig plant, eine Art islamischen Staat zu gründen. Europa soll islamisches Territorium werden, im Sinne einer Fortführung ehemaliger muslimischer Eroberungen in der Vergangenheit. Die Organisationen der Bruderschaft sollen die europäischen Muslime von einer „Verwestlichung“ abhalten.

Der Europäische Rat für Fatwa und Forschung tritt ein für ein islamkonformes Leben in strenger Auslegung. Dessen Gründungsmitglied und ehemaliger Vorsitzender, der inzwischen verstorbene Yusuf al-Qaradawi, hat noch 2018 die Todesstrafe für den Abfall vom Islam gefordert und Selbstmordattentate gerechtfertigt. Der Fatwa-Rat ist sehr aktiv darin, Muslimen in Europa Anweisungen an die Hand zu geben, wie sie Alltagsprobleme im Sinne der Scharia lösen und sie sich in den säkularen Gesellschaften des Westens verhalten sollen.

Gibt es aus Ihrer Sicht einen lokalen Bedarf für ein muslimisches Gebets- und Veranstaltungszentrum in Griesheim, das sich offenbar auch über ein Nachbargrundstück erstrecken soll? Für dieses, so war zu lesen, soll im Grundbuch bereits eine Auflassungsvormerkung für die DMG zu finden sein.

Einen lokalen Bedarf erkenne ich nicht. Das Projekt dürfte weit darüber hinausgehen. Es ist so dimensioniert, dass es eine deutschlandweite und auch internationale Anziehungskraft für Muslime entwickeln könnte. Die Stadt Frankfurt sollte den Fortgang der Dinge sehr aufmerksam verfolgen und eine öffentliche Debatte über das Vorhaben führen. Natürlich sind die Hürden hoch, um etwa Baugenehmigungen zu verweigern, aber es gibt auch andere Mittel, um extremistische Umtriebe zu verhindern.

Aber die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung sollten sehr genau wissen, mit wem sie es da zu tun haben. Am Geld wird es übrigens bei der Umsetzung eines geplanten muslimischen Zentrums nicht scheitern. Da ist man auch nicht angewiesen auf Spenden, die das IFZ einsammelt.

Islam-Expertin hat Sorge, dass Muslimbruderschaft geplante Moschee in Frankfurt unterwandern könnte

Sehen Sie Gefahren, dass das Islamische Zentrum Frankfurt (IZF) unterwandert sein oder werden könnte von der vom Verfassungsschutz beobachteten Muslimbruderschaft?

Klar ist, dass es keine große Distanz gibt. Der Prediger Khaled Hanafy trat allein in den vergangenen Monaten wiederholt im IZF auf. Auch mit ihm hat sich der Verfassungsschutz schon beschäftigt. Er ist Dekan des Europäischen Instituts für Humanwissenschaften in Deutschland, das seinen offiziellen Sitz an derselben Adresse in Griesheim hat wie das IZF. Khaled Hanafy gehört zweifellos zur Prominenz dieses muslimischen Milieus.

Wie schaut die Forschung auf das Netzwerk der Muslimbruderschaft?

Die Bruderschaft habe ich in einer 2019 erschienenen Monographie, die sich mit dem politischen Islamismus beschäftigt, eingehend beleuchtet. Wir wissen: Führende Mitglieder, meistens hochgebildet und smart im Auftreten, suchen den Kontakt insbesondere zu Vertretern in der Politik und sind in aller Regel dort auch wohlgelitten. Auch, weil sie nach außen scheinbar einen modernen Islam vertreten und sich mit Klima- und Umweltschutz oder Rassismus beschäftigen.

Aus Strategie-Papieren wissen Forscher, dass das Aufgreifen aktueller Themen zur Strategie gehört, Vorbehalte aufseiten der Bevölkerung abzubauen und einen Islam im Sinne der Bruderschaft in Europa zu etablieren.

Wie oft haben Sie sich angesichts so klarer Worte schon dem Vorwurf ausgesetzt gesehen, Ressentiments zu pflegen?

Das ist der klassische Reflex der Szene, über die wir hier gesprochen haben. Man versucht, jedwede Kritik als Muslimfeindlichkeit oder sogar als antimuslimischen Rassismus darzustellen und dadurch unmöglich zu machen. Wer sich mit meiner Arbeit im Forschungszentrum Globaler Islam beschäftigt, weiß, dass genau das nicht zutrifft. In den dort tätigen Teams sind selbstverständlich auch Muslime vertreten.

(Das Interview führte Sylivia Amanda Menzdorf)

Sanierung geplant: Neues Leben für Frankfurts Geisterbahnhof.

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