Umzug des Klinikums Höchst ist abgeschlossen

Organisatorische Meisterleistung in Frankfurt: Für die Patienten ging es im Zeittunnel aus den 60ern ins 21. Jahrhundert.
Der Umzug lief am Samstag noch auf vollen Touren, als um 13.14 Uhr Leonora das Licht der Welt erblickte: Sie ist 50 Zentimeter groß, wiegt 3100 Gramm und wird immer von sich behaupten können: „Ich war das erste Baby, das im neuen Kreißsaal des Klinikums zur Welt kam.“ Das Team der Geburtsklinik um Chefarzt Prof. Joachim Rom und die Leitende Hebamme Michaela Jäger gratulierte den Eltern Miglena Ruseva und Lubomir Spirov zur Geburt ihres dritten Kindes.
„Erster“ bei den anderen Patienten war hingegen der Höchster Hans Cavalier: Am Samstagfrüh gegen 7.30 Uhr wurde er von Martin Menger, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung der Varisano-Kliniken, in seinem Zimmer im Neubau mit einem Blumenstrauß begrüßt; sein Bett war das erste gewesen, das durch eine Art Zeit-Tunnel aus den 60er Jahren ins 21. Jahrhundert geschoben wurde. Denn eine Zeitreise war für alle Patienten am Wochenende der Umzug vom maroden Bettenhochhaus, das Ende der 1960er Jahre eröffnet worden war, in den Klinikneubau an der Windthorststraße, das erste Klinikgebäude weltweit, das in Passivhausbauweise errichtet worden war. Der „Zeit-Tunnel“ war eine beheizte Einhausung mit Gaze und Zeltplanen zwischen dem Bettenhochhaus (A), dem B-Gebäude und dem Neubau: So wurde verhindert, dass Patienten, Pfleger und Ärzte nass wurden oder frieren mussten.
Der Umzug lief generalstabsmäßig ab: An beiden Tagen des Wochenendes wurden etwa 350 Patienten aus den Altgebäuden A und B sowie Teilen des Gebäudes D (Neurologie) in den Neubau verlegt, darunter 25 Intensiv- und Stroke-Unit-Patienten, also überwachte Schlaganfallpatienten, sowie zehn kleine Patienten von der Kinderintensivstation. Insgesamt waren 60 Kinder und Babys vom Umzug betroffen. Der Umzug der Frühchen der Kinderintensivstation hat allein den ganzen Samstag beansprucht. Der letzte Patient war dann gestern um 13 Uhr im Neubau.
„Dieser Umzug war eine logistische und herausfordernde Mammutaufgabe, die alle Beteiligten zielgerichtet, kompetent und engagiert erfüllt haben“, loben die Geschäftsführer des Klinikums Martin Menger und Stefan Schad. Besonders die Verlegung der Intensivpatienten war eine große Herausforderung. „Dank der detaillierten Organisation und der engen Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf den Stationen, den für den Umzug verantwortlichen Ärzten und Kinderintensiv- sowie Intensivpflegern und der Johanniter Unfall-Hilfe konnten wir diese Aufgabe lösen“, so die Geschäftsführer. Drei beatmete Schwerstkranke wurden mit dem Intensivtransportwagen verlegt, die übrigen jeweils in Begleitung eines Arztes und einer Pflegefachkraft in ihrem Bett geschoben.
Damit der Umzug gestemmt werden konnte, waren schon in der Woche zuvor Hunderte Lkw voller Umzugskartons hin- und hergefahren. Am Samstag und Sonntag waren dann 1041 Mitarbeiter aus allen Berufsgruppen auf den Beinen, darunter rund 400 freiwillige Helfer, auch aus den Varisano-Kliniken Main-Taunus.
Zwar waren diejenigen Patienten, bei denen es möglich war, vor dem Umzug entlassen worden, doch lief der Krankenhausbetrieb weiter: Gleich zu Beginn des Umzugs etwa musste das Kinderklinik-Team um Dr. Lothar Schrod einen Not-Kaiserschnitt bei einer Mutter mit Zwillingen in der 32. Schwangerschaftswoche ausführen sowie ein fünf Monate altes Baby wiederbeleben, während Kollegen die Inkubatoren mit den Frühchen durch den Tunnel ins neue Gebäude schoben. „Wir haben mehr als die doppelte Besetzung an Pflegern und Ärzten da, mindestens das Dreifache“, sagt Schrod: „Eine Besatzung im Altbau, eine im Neubau und die Transport-Teams im Einsatz.“ Monitore und Medizintechnik wurden am alten Standort ab- und am neuen aufgebaut. „Es ist schön zu sehen, wie die Leute miteinander funktionieren“, sagte Schrod, „alle sind spontan initiativ und packen mit an.“ So hätten Schwestern sich Schraubenzieher geschnappt und gangbar gemacht, was noch nicht perfekt gewesen sei. Corina Bindschädel-Blum, Bereichsleitung Kinderklinik und Kinderchirurgie, erklärte: „Jedes intensivpflichtige Früh- und Neugeborene und Kind wird auf dem Transport vom Alt- zum Neubau durch den leitenden Oberarzt, eine erfahrene Fachkinderkrankenschwester und Helfer aus der Kinderklinik mit entsprechendem Notfall-Equipment begleitet. Sowohl im Alt- als auch im Neubau sind Teams der Kinderintensivstation und Medizintechnik vor Ort.“ Felix Fischer-Wasels, Leiter der Frühchenstation, lobte seine Helfer: „Wir haben uns sehr gut vorbereitet und uns Gedanken gemacht, weil wir ein sehr sensibler Bereich sind, und ich bekomme die Unterstützung des gesamten Teams.“
Komplett neu ist der zehn Säle umfassende OP-Trakt mit einem Hybrid-OP für minimalinvasive Eingriffe. Die neue Medizintechnik hat rund 30 Millionen Euro gekostet - zusätzlich zu den Kosten von rund 270 Millionen Euro für das 700-Betten-Krankenhaus.
