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Europa Open Air in Frankfurt: Hochkultur mit Tupperware und Thermoskanne

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Der Tisch ist gedeckt: Schon vor dem Start des fünften Europa Open Air ist die Stimmung an der Weseler Werft gut. FOTO: Rolf Oeser
Der Tisch ist gedeckt: Schon vor dem Start des fünften Europa Open Air ist die Stimmung an der Weseler Werft gut. © Rolf Oeser

Unter dem Motto „Celebrating Europe“ wurden die Weseler Werft und das Sachsenhäuser Mainufer zum 5. Mal ein riesiger Open-Air-Konzertgenuss.

Frankfurt - Die ersten Musikfans stehen schon um 13 Uhr an einem der vier Eingänge zur Weseler Werft, um „ganz nah an der Bühne sein zu können“. Dabei beginnt das fünfte Europa Open Air der Europäischen Zentralbank und des Hessischen Rundfunks erst um 18 Uhr mit der HR-Bigband und Soulkönigin Joy Denalane, bevor das HR-Sinfonieorchester bei Sonnenuntergang die Mainufer mit Paul Dukas, Richard Strauss und Maurice Ravels „Boléro“ in pure Romantik taucht.

„So eine lange Schlange habe ich noch nie gesehen“, staunt Renate Walder mit einem Campingstuhl und einem Anorak unterm Arm kurz hinter der Alte Brücke eineinhalb Stunden später. Um 16 Uhr ist Einlass, und sofort ist der extra ausgelegte weiche künstliche Rasen direkt vor der riesigen Bühne voll mit sorgfältig ausgebreiteten Picknickdecken, Teddy-Kissen, Körben, Taschen und lachenden Kindern und Erwachsenen. Sie Schuhe ziehen alle aus, bevor sie es sich gemütlich machen. „Das ist immer so ein gutes Konzert“, schwärmen Lena (12), Lia (13) und ihre Mutter. „Den Platz haben wir sofort freigehalten“, erzählen sie stolz und packen Cracker, Trauben und Tomaten aus.

Europa Open Air in Frankfurt: „Man gönnt sich ja sonst nichts“

Ein ganzes Buffet haben Petra und Hans-Jürgen Huff und ihre Freunde Silvia und Gerhard aus der Gegend von Hünfeld vor ihren Campingstühlen in der ersten Reihe hinter dem Kunstrasen aufgebaut. „Wir sind zum dritten Mal da, und es ist immer so schön.“ Vor ihnen sind Käsewürfel, Wurst, Brot aller Art, Gemüse und Obst bis zum Abwinken drapiert. „Der Tag ist noch lang, und man gönnt sich ja sonst nichts“, sagt Huff. Rotwein haben sie in Plastikwasserflaschen gefüllt, weil Glas ihnen bei der Eingangskontrolle abgenommen worden wäre. Eine Picknickdecke haben sie auch auf dem Grün ausgebreitet. „Da kommen nachher noch sechs weitere Freunde mit unserer Tochter“, sagt seine Frau. Neben den Freunden liegt ein dickes Schafsfell auf einem Campingstuhl. „Nachher wird’s kalt, und meine Freundin friert leicht“, erzählt Beate Grimm aus Frankfurt. „Dafür habe ich Regenzeug mit dabei. Weil ich mir letztes Jahr den Rücken auf der Picknickdecke verdorben habe, sind zum ersten Mal die Stühle dabei.“

Das Gelände auf der Weseler Werft vor der EZB ist gut eingeteilt. Hinter den Campingstühlen stehen Biergarnituren. Für Rollstuhlfahrer gibt es eine erhöhte Ebene und noch mehr Bierbänke bis hinter die Buden, in denen Bratwurst verkauft wird, Fleischwurst, Hot Dogs, Reibekuchen, Bier und Wein.

Auf Campingstühlen und Bierbänken bei Europa Open Air in Frankfurt

„Wir sind mit dem ganzen Verein und Freunden hier und machen heute einfach blau“, sagt Andreia Amthor, Vorsitzende des Vereins FIZ. Erst vor wenigen Wochen haben sie einen Raum in Frankfurt bezogen. „Fördern, integrieren und Zusammenarbeit ist das, was wir tun. Wir helfen Familien, Kindern und Jugendlichen, wenn das Amt keine Kapazitäten mehr hat“, erzählt sie. Zur Feier des Tages hat sie den Biertisch mit Tischdecke geschmückt, es stehen Nüsse, Süßigkeiten und jede Menge Obst drauf. Sie ist jedes Jahr hier beim Europa Open Air. „Das ist so tolle Kultur, und auch noch kostenfrei. Das ist ein echtes Geschenk.“

An der Weseler Werft ist es schon vor 18 Uhr gerammelt voll. Am Sachsenhäuser Mainufer drängt es sich erst langsam. Räder, Hunde, Picknickdecken, Essen und Getränke bringen die Leute auch hier in Hülle und Fülle mit. „Die Räder nerven. Die sollten heute oben fahren“, sagen einige. Ansonsten ist die Stimmung hier fast wie am Meer. Blick auf schaukelnde Boote und Schiffe, die Bühne gegenüber, Klapptische am Ufer und ein Glas Wein in der Hand. Die besten Plätze sind auch hier schnell belegt.

Beim ersten Klang des HR-Sinfonieorchesters ist jedes Stück Grün belegt. Rund 16 500 Besucher sind gekommen. Man prostet sich zu, genießt trotz kühler Temperaturen die verzaubernde Atmosphäre. (Sabine Schramek)

Das Bahnhofsviertel in Frankfurt polarisiert seit eh und je. Oft in Negativ-Schlagzeilen in Sachen Kriminalität, Dreck und Drogen – es gibt aber auch andere Seiten.

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