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Umfrage zeigt: Piloten oft von Sekundenschlaf betroffen – Vereinigung Cockpit warnt

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Eine Umfrage zeigt, wie müde Piloten sind. Die am Flughafen Frankfurt ansässige Vereinigung Cockpit kritisiert den Umgang der Fluggesellschaften.

Frankfurt – Eine Umfrage unter europäischen Piloten aus 31 Ländern hat ergeben, dass die Müdigkeit in den Cockpits schon vor der Sommerhochsaison hoch war. Das teilt die Vereinigung Cockpit, Berufsverband des Cockpitpersonals mit Sitz in Frankfurt, mit. Demnach berichteten bei der Umfrage drei von vier Piloten von mindestens einem Sekundenschlaf während des Flugbetriebs in den vier Wochen vor der Umfrage. Ein Viertel spricht sogar von fünf oder mehr Sekundenschlafsituationen. Darüber hinaus sagen 73 Prozent der Piloten, dass sie sich zwischen ihren Flugdiensten nicht ausreichend von Müdigkeit erholen konnten.

Piloten im Stress: Sekundenschlaf, Erschöpfung und Überschreitung der maximalen Dienstzeit

Außerdem beschäftigte sich die Umfrage mit der Verlängerung von Flugdienstzeiten. In Ausnahmesituationen kann ein Kapitän per sogenanntem Kommandantenentscheid die maximal zulässige Dienstzeit der Crew an Bord verlängern, um besonderen Umständen wie zeitraubenden Umwegen aufgrund schlechten Wetters Rechnung zu tragen. Fast jeder fünfte Pilot nutzte den Kommandantenentscheid innerhalb der vier Wochen vor der Umfrage zweimal oder öfter. Von den teilnehmenden Piloten mit deutscher Basis gaben etwa 45 Prozent an, in unterschiedlichem Maße Bedenken hinsichtlich möglicher negativer Konsequenzen zu haben, wenn sie sich weigern würden, einen Flugdienst per Kommandantenentscheid zu verlängern.

Piloten-Umfrage„A fatigue survey of European Pilots“

An der Umfrage „A fatigue survey of European Pilots“ nahmen insgesamt 6.893 Pilotinnen und Piloten aus 31 europäischen Ländern teil. Sie wurde durch den Luftfahrberater Baines Simmons im Auftrag der European Cockpit Association (ECA) durchgeführt.

Die Daten wurden vom 1. bis 22. Juli 2023 erhoben. Bei mehreren Fragen wurde ein vierwöchiger Rückblickszeitraum zugrunde gelegt, sodass nicht der Höhepunkt des Sommerbetriebs, sondern das „Hochfahren“ vor der Sommerreisewelle seit Anfang Juni erfasst wurde. Die Umfrage ist nicht repräsentativ..

Nur 11 Prozent der Piloten gaben an, dass ihre Fluggesellschaft aufgrund von Müdigkeitsberichten betriebliche Änderungen zur Verbesserung der Sicherheit vorgenommen hat. Nur 13 Prozent wählten die Aussage „das Unternehmen kommuniziert gut mit der Besatzung über Müdigkeitsberichte“ und nur 12 Prozent gaben an, dass sie dem Meldesystem ihrer Fluggesellschaft vertrauen.

Flughafen Frankfurt: Cockpit sieht die Ergebnisse der Umfrage unter Piloten kritisch

Die Ergebnisse sieht die Vereinigung Cockpit kritisch. So sagt der Präsident des Berufsverbandes, Stefan Herth: „Der Bericht hat uns noch einmal klar vor Augen geführt, dass die Belastungen der Pilotinnen und Piloten in Spitzenzeiten oftmals über das sicherheitsverträgliche Maß hinaus gehen. Sekundenschlaf und totale Erschöpfung darf es im Cockpit nicht geben. Gesetzliche Limits dürfen keine Zielgrößen für die Planungen der Flugbetriebe sein. Das müssen Politik und Behörden mit entsprechender Regulierung sicherstellen.“

Zwei Piloten im Lufthansa-Cockpit.
Zwei Piloten im Lufthansa-Cockpit (Symbolbild). © Action Pictures/imago

Vivianne Rehaag ist Vorstand bei Cockpit im Bereich Flight Safety. Sie sagt: „Sicherheitsrisiken durch Müdigkeit werden von vielen europäischen Fluggesellschaften nicht ausreichend ernst genommen. Wir sehen ernsthafte Unzulänglichkeiten bei den Airlines für das Risikomanagement gegen Müdigkeit und Lücken bei der Überwachung durch die Aufsichtsbehörden.“

Erst kürzlich haben die bei Cockpit organisierten Piloten den neuen Tarifvertrag mit der Lufthansa angenommen. Dem war ein langer Tarifstreit vorausgegangen.

Auch das Bodenpersonal am Flughafen Frankfurt ist unter Druck

Doch nicht nur bei den Piloten liegt etwas im Argen. Vor kurzem bekräftigte die Gewerkschaft Verdi ihre Kritik an der Behandlung des Bodenpersonals, auch am Flughafen Frankfurt. „Wir erleben seit dem letzten Sommer die Folgen von jahrelangem Lohndumping im Luftverkehr“, sagte Christoph Miemietz von Verdi dem Nachrichtenportal t-online. Er beschreibt, wie Beschäftigte in Billigtöchter ausgegliedert wurden, wo sie bis zu 30 Prozent weniger verdienten. Für diese Löhne wolle niemand mehr arbeiten, so Miemietz.

Seit den massiven Entlassungen während der flugarmen Corona-Zeit fehlt es dem Airport an Arbeitskräften. Während der Pandemie trennte sich Fraport von rund 4000 Mitarbeitern, rund ein Fünftel der damaligen Belegschaft. Bis heute hat Fraport es nicht geschafft, diese Lücke wieder zu schließen. Entsprechend händeringend sucht der Frankfurter Flughafenbetreiber nach Personal.

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