Starker Anstieg der Autos in Frankfurt: „Autofahrer lassen sich nicht umerziehen“

In Frankfurt steigt die Zahl der gemeldeten Autos überdurchschnittlich an. Die hohe Zahl wird im Römer unterschiedlich bewertet.
Frankfurt – Der in Frankfurt überdurchschnittlich starke Anstieg der Zahl der Autos führt in der Römer-Koalition zu geteilten Reaktionen. Während die Grünen und ihr Mobilitätsdezernent dies als Folge des Wachstums der Stadt einordnen, sieht sich die FDP bestätigt, dass sich Autofahrer nicht umerziehen lassen.
„Das Auto ist ein fester Bestandteil der Palette der Verkehrsmittel in Frankfurt“, erinnert Uwe Schulz, mobilitätspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. Das zeigten die Zahlen des Pkw-Bestands. Laut Kraftfahrt-Bundesamt war die Zahl der Autos in Frankfurt zum Jahresbeginn 2023 gegenüber 2022 um 1,2 Prozent gestiegen. Das ist dreimal mehr, als die Autozahl in Gesamtdeutschland anstieg. Während dieser Zeit hatte die Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt den Ausbau der Fahrrad-Infrastruktur vorangetrieben.
Frankfurt: Zugezogene bringen Autos mit
„Die Menschen lassen sich nicht erziehen“, folgert FDP-Politiker Schulz. „Sie wählen das Verkehrsmittel, das ihren Bedürfnissen am besten gerecht wird.“ Deshalb müsse Ziel der Stadtpolitik sein, „ein diverses Mobilitätsangebot“ zu bieten und „das Auto nicht zu verdammen“. Schulz fordert: „Wir müssen aufhören mit der Gängelung der Autofahrer.“ Schließlich seien zum Beispiel viele ältere Menschen auf den Pkw angewiesen. Auch zum „Transport von Sachen“ eigneten sich Fahrrad oder ÖPNV schlecht.
Allerdings habe auch der Radverkehr in den vergangenen Jahren in Frankfurt stark zugenommen, erinnert Schulz. Das betont auch Katharina Knacker, die mobilitätspolitische Sprecherin der Grünen im Römer. Sie lehnt den direkten Vergleich der gestiegenen Autozahlen in Frankfurt und Deutschland als nicht korrekt ab. „Frankfurt wächst und viele Menschen bringen ihr Auto mit, wenn sie herziehen.“ Damit die Stadt nicht durch Autos überflutet werde, „setzen wir auf den Umweltverbund“ aus Rad-, Fuß- und öffentlichem Nahverkehr.
Verkehr in Frankfurt: Auto-Anzahl je Einwohner sinkt laut Mobilitätsdezernent
Den Vergleich kritisiert auch Mobilitätsdezernent Wolfgang Siefert (Grüne). „Man muss das pro Kopf sehen.“ Da sei der Pkw-Bestand in Frankfurt trotz Bevölkerungswachstum sogar zurückgegangen „entsprechend dem Bundestrend“. Der habe in beiden Fällen nahezu gleichauf um knapp 0,6 Prozent nachgegeben.
Tatsächlich ist die Zahl der Autos je 1000 Einwohner in Frankfurt seit 2012 nur noch gering von 448 auf 450 gestiegen, während sie im Bund von 534 auf 583 deutlich zunahm. In anderen wachsenden Großstädten hingegen ist die Auto-Zahl bereits rückläufig. In Berlin kommen auf 1000 Einwohner aktuell noch 338 Personenkraftwagen, vor zehn Jahren waren es noch 342.
Es sei „aus Umwelt- und Klimagesichtspunkten“ wichtig, wenn öffentlicher Nahverkehr und Fahrrad stärker genutzt würden, räumt Uwe Schulz ein. Allerdings stagniere die Nutzung des ÖPNV, „weil Menschen das Angebot nicht für sich als optimal ansehen“. Deshalb sieht der FDP-Politiker als Aufgabe für die Koalition: „Wir müssen Sicherheit und Sauberkeit im ÖPNV verbessern“, ebenso wie die Pünktlichkeit. Ein dreckiger U-Bahnhof wie beispielsweise am Eschenheimer Tor „ist wenig einladend, um Bahn und Bus zu benutzen“.
Initiative „Vorfahrt Frankfurt“: Koalition „weit von der Realität entfernt“
Die Koalition sei schon dabei, das Angebot bei Bahn und Bus zu verbessern, etwa durch verdichtete Buslinien oder den Bau neuer U-Bahnstrecken wie ins Europaviertel, von Bockenheim nach Ginnheim oder zum Frankfurter Berg, erinnert Katharina Knacker. „So stark wie in Rhein-Main wird der Nahverkehr nirgendwo sonst in Deutschland ausgebaut.“ Allerdings dauerten Bahnprojekte länger. „Radwege können wir schneller bauen“. Diese seien „ein wichtiger Zubringer zum ÖPNV“, findet die Grünen-Politikerin. „Das gehört einfach zusammen.“
Die Initiative „Vorfahrt Frankfurt“ wertet die überdurchschnittlich steigende Zahl an Autos als Zeichen, dass die Stadtpolitik auf der falschen Spur unterwegs ist. „Autofahren ist in Frankfurt zum Kotzen, und trotzdem steigen die Menschen nicht um - das sollte doch wirklich jedem zu Denken geben“, sagt Sprecher Hendrik Gienow. Es sei unstrittig, dass der Trend weg vom Auto und hin zu Bahn und Bus gehen müsse. Die Stadtpolitik schaffe bisher aber keine ausreichende Alternative zum Pkw. Deshalb sei das Auto für viele Menschen alternativlos, wenn sie mit Bahn und Bus doppelt so lange unterwegs seien wie mit dem Auto.
Die Stadt müsse erst den ÖPNV ausbauen und dann den Autoverkehr unattraktiver machen. Stattdessen habe sich die grün geführte Koalition „von der Realität entfernt“, geißelt Hendrik Gienow. „Hier wird nur Ideologie verfolgt.“ (Dennis Pfeiffer-Goldmann)