1. Startseite
  2. Frankfurt

Das Verkehrschaos in Frankfurt blieb aus

Kommentare

Busse waren begehrt. Gestern standen die Fahrgäste an der Südseite des Hauptbahnhofs, wo die Fahrzeuge abfuhren ? wenn sich die Türen schließen ließen.
Busse waren begehrt. Gestern standen die Fahrgäste an der Südseite des Hauptbahnhofs, wo die Fahrzeuge abfuhren ? wenn sich die Türen schließen ließen. © Rainer Rueffer-- FRANKFURT AM MA

Menschentrauben eilten durch die Kaiserstraße zum Bankenviertel, der Taxistand am Hauptbahnhof war wie leer gefegt, hier und da schimpften Pendler: Insgesamt aber verlief der Streik-Mittwoch undramatisch. Selbst auf den Straßen war’s nur ein wenig voller als sonst.

Mittwochmorgen, 9 Uhr, Hauptbahnhof: Aus den S-Bahnen strömen die Pendler und drängen auf die Rolltreppen. Zügige Schritte, angespannte Gesichter, gestresste Blicke aufs Smartphone, alle wollen irgendwie ihren Arbeitsplatz erreichen. So weit, so normal war der gestrige Mittwoch, der vermeintliche Verkehrschaostag. Seit die Gewerkschaft Verdi am Freitag verkündet hatte, dass die Fahrer von Straßen- und U-Bahnen ihre Arbeit niederlegen, war in der Stadt die Sorge gewachsen. Schließlich ist das Nadelöhr des öffentlichen Nahverkehrs, der S-Bahntunnel, immer noch wegen Arbeiten am Stellwerk gesperrt. Was also, wenn auch noch die Ausweichrouten wegfielen?

Den vorübergehenden Stillstand auf ihren Verkehrsadern steckte die Mainmetropole gestern unerwartet gut weg. Viele der Frankfurter und der 360 000 Berufspendler hatten sich offenbar auf die Ausnahmesituation eingestellt, hatten frei genommen oder arbeiteten von zu Hause. Die Ferienzeit tat ihr Übriges. Wer dennoch in die Innenstadt wollte, pilgerte im Nieselregen in einer Menschentraube die Kaiserstraße entlang zu den Bankentürmen. Dutzende quetschten sich in den Bussen zwischen überfüllte Sitzreihen. Ein Geschäftsmann schlängelte mit dem letzten verbliebenen Leihrad davon, seinen Rollkoffer zog er hinter sich her. Am leer gefegten Taxistand standen Studentinnen neben Bankern und Touristen diszipliniert in der Schlange. Die Fahrer erfreute das gute Geschäft. Kurz: Frankfurt machte das Beste aus seiner Lage.

„Natürlich ist das ein blöder Zeitpunkt zum Streiken“, sagte Daniela Mitterle, die zwei Stunden früher daheim in Jügesheim zur Arbeit aufgebrochen war. „Ich habe aber trotz allem Verständnis“, sagte sie. Ein Schulterzucken. Ähnlich sahen das viele der am Hauptbahnhof Gestrandeten. „Ich bin schon genervt“, sagte hingegen Pia Reuter aus Heusenstamm. „Man könnte den Tunnel auch am Wochenende sperren, wenn nicht so viele Leute unterwegs sind.“ Wie ihre Kollegen die zehn Minuten zur Taunusanlage einfach zu laufen, war für die Bankangestellte nicht möglich: Sie ist am Knie verletzt.

VGF ist zufrieden

Für kranke, ältere oder behinderte Menschen sei die Situation natürlich schlecht gewesen, sagte auch der Sprecher der Frankfurter Verkehrsgesellschaften (VGF), Bernd Conrads. Insgesamt sei er aber zufrieden, das Chaos sei ausgeblieben. Von Vorteil sei, dass die Aktion bereits am Freitag angekündigt worden war: „So konnten wir die Fahrgäste rechtzeitig informieren.“ Warnstreiks seien ein legitimes Mittel im Arbeitskampf.

Rund 1000 Mitarbeiter der (VGF) streikten, davon 700 Fahrer, außerdem Werkstattpersonal, Signalwärter und Angestellte. Ihre Gewerkschaft will durch den Ausstand Druck machen in der laufenden Tarifrunde im öffentlichen Dienst für die Beschäftigten von Bund und Kommunen. Tatsächlich habe keine einzige Bahn die Depots verlassen können, sagte Conrads. Allein im Depot „Gutleut“ standen 80 Straßenbahnen auf den Gleisen.

Auch Klaus Linek von Traffiq sagte: „Unter den schlechten Umständen haben wir den Tag gut überstanden.“ Die Atmosphäre sei meist entspannt gewesen. Die Busfahrer der Traffiq mussten arbeiten, sie werden in Frankfurt nicht nach dem Tarif des öffentlichen Diensts bezahlt. Vollwertig ersetzen konnten die Busse die Bahnen jedoch nicht. Auch wenn die Linie 64 wegen der Tunnelsperrung beispielsweise doppelt so häufig fuhr, konnte sie am Hauptbahnhof zunächst oft nicht losfahren – zu viele Menschen versuchten, sich durch die Türen zu quetschen.

Autofahrer bekamen die prekäre Verkehrslage kaum zu spüren: Die Straßen waren zwar ein wenig voller, große Staus blieben aber aus.

Hilfe in fünf Sprachen

Die VGF entsandte rund 100 Mitarbeiter, um Gestrandeten zu helfen. Auch Angestellte der Deutschen Bahn und des RMV gaben Fahrpläne heraus, erklärten Routen und mussten auch mal Wutanfälle über sich ergehen lassen. An den Gleisen fingen Uniformierte diejenigen ab, die vorher vom Streik gar nichts mitbekommen hatten. In fünf Sprachen konnten sie erklären, was in Frankfurt los war: Viele Verirrte verstanden nur schlecht Deutsch, andere waren Geschäftsreisende – und manch Einheimischer hatte schlicht die Nachrichten nicht verfolgt.

Auch interessant

Kommentare