Vermuteter sexueller Übergriff an Frankfurter Schule

Eine Person wurde freigestellt, die Ermittlungen laufen - Eltern mit eingebunden
An der Viktor-Frankl-Schule für Kinder mit Förderbedarf gab es „vermutlich einen Fall von körperlich grenzüberschreitendem Verhalten“. Das teilte Konrektor Ole Marxner der Schulgemeinde in einem Elternbrief mit, der dieser Zeitung vorliegt. Ein erster Hinweis sei vor den Weihnachtsferien eingegangen, die Schule habe „sofort reagiert“ und die betroffene Familie, das Schulamt und das Jugendamt informiert. „Die verdächtige Person arbeitet nicht mehr an der Schule“, schreibt Marxner, und habe zudem Hausverbot. Es wurde Anzeige erstattet, die Ermittlungen laufen.
Wie häufig es in Frankfurt zu sexuellen Übergriffen durch Schulpersonal kommt, werde nicht statistisch erfasst, sagt Bettina von Haza-Radlitz, die beim Staatlichen Schulamt für die Schule zuständig ist. „Aber in meinen über 30 Jahren im Schuldienst habe ich noch von keinem solchen Vorfall gehört.“
Frustrierend für die Viktor-Frankl-Schule: Seit mehr als einem Schuljahr arbeitet sie zusammen mit dem Elternbeirat an einem Schutzkonzept, das genau solche Vorfälle besonders effektiv verhindern soll - und ist damit sogar früher dran als die meisten anderen Frankfurter Schulen: Erst Monate später, im Dezember vergangenen Jahres, hat der Hessische Landtag beschlossen, das alle Hessischen Schulen ein solches Schutzkonzept gegen Gewalt und Missbrauch erarbeiten müssen. Bestandteil des Konzepts soll unter anderem ein Verhaltenskodex für Mitarbeiter und deren regelmäßige Sensibilisierung für das Thema sein.
An der Viktor-Frankl-Schule seien sowohl der Bedarf als auch die Anforderungen für ein Schutzkonzept besonders hoch, sagt von Haza-Radlitz. „Es ist eine Schulform, in der körpernah gearbeitet wird, und in der es üblich und notwendig ist, dass Erwachsene mithelfen“, sagt sie. Viele der rund 120 Schüler müssen gepflegt, gewindelt oder gefüttert werden, neben Lehrern arbeiten dort auch Pflegekräfte und Therapeuten. Die Abhängigkeit zwischen Schülern und Erwachsenen sei dementsprechend besonders hoch.
Abhängigkeit besonders hoch
Der Hinweis im Dezember kam auch nicht von den betroffenen Jugendlichen selbst, sondern von Mitschülern. In solchen Fällen ist die Schulleitung angehalten, Hinweise zu sammeln und zu dokumentieren. Auch das sei an der Schule im Dornbusch schwieriger als an vielen anderen, sagt von Haza-Radlitz: Einige der Kinder und Jugendlichen könnten sich kaum oder gar nicht artikulieren oder es fehlten ihnen die Worte, um Übergriffe zu beschreiben. Doch der Schulleitung gelang es, genügend Verdachtsmomente zu sammeln.
„Sobald klar war, dass die Vorwürfe als ziemlich realistisch einzuschätzen sind, wurde die betreffende Person freigestellt“, sagt von Haza-Radlitz. Wenn sich die Hinweise verdichteten, dass eine Kindswohlgefährdung vorliegt, sei das das normale Vorgehen. „Der Schutz der Kinder und Jugendlichen hat Priorität.“
Einiges an Abläufen im Schulalltag sei nach dem Bekanntwerden des Vorfalls direkt geändert worden, „aber das ist nicht genug, um zu sagen, es sei ein vollständiges Schutzkonzept“ sagt von Haza-Radlitz. Einiges könne auch erst mit dem geplanten Neubau der Schule in fünf Jahren umgesetzt werden, etwa in welche Richtung sich Türen öffnen oder Notknöpfe in den Zimmern. „Aber wir müssen jetzt schon Transparenz und Bewusstsein schaffen.“
Der Schulelternbeirat hat sich vergangene Woche ebenfalls mit dem Thema beschäftigt. Im Moment will sich dessen Vorsitzende Janet Sabri nicht öffentlich äußern. „Was ich Ihnen aber sagen kann, ist, dass wir großes Vertrauen in unsere Schule haben und, ganz wichtig, unsere Kinder hier sehr glücklich sind.“