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Viele Knochenbrüche auf spiegelglatten Wegen

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Jeder Schritt ein Risiko: Während sich die junge Frau links zentimeterweise vorantastet auf dem spiegelglatten Kopfsteinpflaster des Diesterwegplatzes am Südbahnhof, hat es ihr Vordermann schon bis zur Säule geschafft - kurze Erholungspause, bevor die Rutschpartie weitergeht.
Jeder Schritt ein Risiko: Während sich die junge Frau links zentimeterweise vorantastet auf dem spiegelglatten Kopfsteinpflaster des Diesterwegplatzes am Südbahnhof, hat es ihr Vordermann schon bis zur Säule geschafft - kurze Erholungspause, bevor die Rutschpartie weitergeht. © Monika Müller

Blitzeis sorgt in Frankfurt für zahllose Stürze und Blechschäden. Die Uniklinik ist im Dauerstress, die Rettungsdienste am Limit.

Frankfurt – Blitzeis hat Frankfurt am Montag ab vier Uhr in der Früh an den Rand des Ausnahmezustands gebracht. Rund 50 Unfälle mit Blechschäden verzeichnete die Polizei auf den glatten Straßen. In den Notaufnahmen der Krankenhäuser warteten Verletzte auf Behandlung. Bereits gegen 7.30 Uhr musste der Ausnahmezustand im Rettungsdienst für Frankfurt ausgerufen werden.

Wegen Personalmangels ohnehin in einer angespannten Situation, mussten die Sanitäter bis zum Mittag doppelt so viele Einsätze bewältigen wie an einem normalen Tag. Um die Notfallversorgung aufrechtzuerhalten, wurden frühzeitig Löschfahrzeuge und weitere Rettungswagen der Feuerwehr zur Erstversorgung eingesetzt. Die Einsatzkräfte sind auch rettungsdienstlich ausgebildet. Die Feuerwehr und andere Hilfsorganisationen fuhren mit allen Fahrzeugen, Mitglieder der freiwilligen Feuerwehren und weitere Katastrophenschutzeinheiten übernahmen den Brandschutz, da die Berufsfeuerwehr zu Notfalleinsätzen eingesetzt werden musste. Innerhalb kurzer Zeit wurden an diesem Morgen mehr als 30 zusätzliche Rettungsfahrzeuge mit dienstfreiem und ehrenamtlichem Personal besetzt und in den Einsatz geschickt.

Frankfurt: Besetzung in der Notaufnahme verstärkt

Das Blitzeis war bereits am Sonntag angekündigt worden. „Wir haben schon am Abend alle A- und B-Strecken gestreut“, sagte FES-Sprecher Michael Werner. „Auch am Morgen war das Räumungsteam mit allen Mitarbeitern im Einsatz. Alle Streufahrzeuge fuhren. 300 Mitarbeiter taten, was sie konnten, um Übergänge per Hand zu streuen.“ Die reguläre Müllabfuhr begann gestern erst um 11 Uhr.

Fußgänger stürzten gestern massenhaft, viele verletzten sich. So berichtete das Klinikum Höchst von einem großen Andrang in der Zentralen Notaufnahme. „Von Schulter-, Sprunggelenk- bis Ellenbogenverletzungen ist leider alles dabei“, berichtete Sprecherin Doreen Werner am Vormittag. In der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik waren nur „einige“ Patienten wegen des Glatteises in die Notaufnahme gekommen, an der Uniklinik war es dramatischer: Es seien viel mehr Patienten als üblich in die Zentrale Notaufnahme eingeliefert worden, sagte Sprecher Christoph Lunkenheimer, darunter viele Patienten mit Knochenbrüchen, die aufwendig versorgt werden mussten. „Deshalb wurden alle verfügbaren Unfallchirurgen in die Notfallversorgung delegiert und zusätzliches Personal aus anderen Behandlungsbereichen hinzugezogen.“

Frankfurt: Schulen blieben nach Blitzeis geschlossen

Das war auch der Fall, weil viele Bürgersteige nicht gestreut waren. Zum Beispiel im Nordend. Den früher üblichen Winterdiensten hat so mancher Hausbesitzer dort nach mehreren milden Wintern in Folge offenbar gekündigt. Auch nach 10 Uhr waren die meisten Gehsteige in Keplerstraße, Stalburgstraße, Glauburgstraße oder Eckenheimer Landstraße nicht gestreut. Fußgänger, die unterwegs waren, retteten sich mühselig tapsend auf die Fahrbahnen der Straßen und Radwege, die als einzige Verkehrsflächen weitgehend frei von Glatteis waren.

Wer konnte, blieb zu Hause. Zahlreiche Schulen blieben geschlossen, andere boten Unterricht oder Notbetreuung an. Viele Klassen waren nur dünn besetzt. „Nur etwa die Hälfte der Schüler ist gekommen“, hieß es seitens der Rackow-Schule. „Es ist eine Ausnahmesituation, die Präsenzpflicht ist aufgehoben.“ Evelyn Spyra, die Leiterin des Staatlichen Schulamts, hat Schulleitungen am frühen Morgen informiert, „dass sie in eigener Zuständigkeit darüber entscheiden, wie sie den heutigen Unterricht organisieren; Distanzunterricht; späterer Beginn des Präsenzunterrichts, eine Kombination aus beiden Varianten, auf jeden Fall muss eine Notbetreuung gesichert sein“, sagte sie.

Blitzeis in Frankfurt: Die nächsten Tage sollen besser werden

„In Frankfurt kommt es auf den U-Bahn-Linien, Straßenbahnen und Buslinien noch zu Verspätungen und einzelnen Fahrtausfällen“, meldete der Rhein-Main-Verkehrsverbund am Vormittag. Am Flughafen fielen zahlreiche Flüge aus. Die Verkehrsgesellschaft Frankfurt berichtete, dass Gleise, Weichen und Oberleitungen von dem in der Nacht einsetzenden Regen wie mit einem Zuckerguss aus Eis überzogen waren. Schon am Beginn des Arbeitstages stauten sich die Bahnen in den Betriebshöfen und Abstellanlagen, konnten sie nicht pünktlich verlassen. Auf der „A“-Strecke, befahren von den U-Bahn-Linien U1, U2, U3 und U8, konnte die VGF nur zwischen Südbahnhof und Dornbusch U-Bahnen einsetzen, von dort bis Heddernheim fuhren Taxen. Im Laufe des Vormittags normalisierte sich die Situation weitgehend, auch wenn es weiter auf allen Linien Fahrplanabweichungen und Ausfälle gab.

Für die nächsten Tage gibt der Deutsche Wetterdienst Entwarnung: „Es herrscht jetzt eine wärmere Luftmasse vor, so dass auch die Nächte nicht mehr so kalt werden“, sagt die Meteorologin Tanja Sauter. So führe Regen nicht mehr zu derart extremem Glatteis. (Thomas J. Schmidt)

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