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Viele Paddel und ein Krokodil

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Über 40 Kanus waren bei der Funzelfahrt auf dem Main dabei. Mit dem Sonnenuntergang wurden auch die vielen Lampen entzündet.
Über 40 Kanus waren bei der Funzelfahrt auf dem Main dabei. Mit dem Sonnenuntergang wurden auch die vielen Lampen entzündet. © rüffer

Wie die Funzelfahrt der Eisenbahn-Kanuten manche Illusion wahr werden lässt

Himmelblau ist der Vogel, der sich ein Nest aus Gingko-Blättern auf dem Rücken des Krokodils gebaut hat. Blut läuft aus dem scharfen Gebiss des Reptils, die Augen leuchten gefährlich weiß auf. „Keine Angst, der frisst nur Männer. Bis auf die zwei da drüben, die brauche ich noch“, sagt Jutta Hörnig lachend. Sie trägt ein orangefarbenes T-Shirt mit einem Krokodilkopf, aus dessen Maul zwei Paddel ragen. Zum dritten Mal ist sie bei der Funzelfahrt des ESV Blau-Gelb vom Rudererdorf Oberrad nach Niederrad dabei. „Bisher hatte ich nur einen Vogel. Jetzt einen Vogel mit Krokodil“, sagt sie schmunzelnd. Monatelang hat sie mit Draht, Pappmaché, Leim und Lederöl das grüne Ungeheuer gebastelt und so geformt, dass es ohne abzurutschen das Kanu komplett bedeckt.

Hexen, Pilze und riesige Spinnen

Kurz vor Sonnenuntergang schwimmen 44 Kanus auf dem Main und leuchten. Riesige Spinnen und Gespenster, fette Bienen und eine Imkerin in Vollmontur, überdimensionale Pilze und wilde Hexen, Eintracht-Laternen und Fackeln. LED-Leuchten und Lichterketten. Kein Kanu gleicht dem anderen. Andrea Zimmermann und Anke Kienle vom ESV Blau-Gold gucken ein bisschen sehnsüchtig auf die kunterbunten und leuchtenden Boote. Vor lauter organisieren kommen sie nicht dazu, auf der gut einstündigen Fahrt zum Frauenrudervereins Freiweg in Niederrad paddelnd mit dabei zu sein. „Das Wetter ist ein Traum, die Kanus sehen toll aus und die Stimmung ist perfekt“, stellen sie fest. Auch Georg Brand, der zweite Vorsitzende der Kanu-Abteilung, ist an Land beschäftigt. Er macht die Durchsagen, damit jeder weiß, wie nah sie Kanus aneinander fahren können und sorgt für gute Stimmung. Die Frauen sind, während die leuchtenden Gefährte entlang des Ufers auf der Frankfurter Seite vor sich hin gleiten und Passanten in Staunen versetzen, mit den Vorbereitungen in Niederrad beschäftigt.

Seit 40 Jahren gibt es die Funzelfahrt. Eine ist wegen Corona 2020 ausgefallen. „Die 40. Fahrt feiern wir dann eben nächstes Jahr nach“, so Zimmermann. 1983 haben sich die Kanu- und Kajakfahrer im Herbst gelangweilt und sie wollten etwas zum Saisonende machen. Die Nidda war nah, aber keine wirkliche Herausforderung. Also paddelten sie bei Einbruch der Dämmerung von Karben nach Bad Vilbel. Weil das im Dunkeln nicht geht, brauchten sie Beleuchtung. Die Idee der Funzelfahrt war geboren und jedes Jahr kamen mehr Wassersportler dazu. Später kam der Main - eine Bundeswasserstraße. Es brauchte Überzeugungsarbeit beim Wasser- und Schifffahrtsamt, aber ab 1999 ging es. Nur mit Begleitung vom DLRG, der auch jetzt dabei ist. „Das macht Spaß“, so Lev von der DRK-Wasserwacht, der seit 2019 dabei ist. Derweil zieht ein Drachenboot vorbei. Neun Erwachsene und elf Kinder vom FRVS 1889 sitzen drin umgeben vom Wäscheleinen voller langer baumelnder Stoffe, dicken Spinnen und Gespenstern. Zwei Tage lang haben sie das Drachenboot in ein Spukkanu verwandelt. „Alle haben mitgemacht. Das war lustiges organisiertes Chaos“, erzählt Annette Schäfer. Fast noch bunter als die Boote ist Michael Gockeln, der Fotos für die Limburger macht. Er trägt eine Lederjacke, die in allen Farben blinkt und leuchtet. „Corona hat’s möglich gemacht. Beim Karnevalverein braucht man immer andere Farben, da hab ich mit eine Jacke gemacht, die die Farben auf Knopfdruck wechseln kann. „

Das Krokodil wirkt unheimlicher, je dunkler es wird. Nur die beiden Augen leuchten schaurig aus dem Wasser. Mit runden Taschenlampen auf Augenhöhlen aus Pappmaché. Die Bewegung wirkt echt. Die Paddelschläge klingen, als ob es auf Futterjagd sei. Der himmelblaue Vogel scheint im Ginkgo-Nest zu schlafen.

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