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Ausverkauf bei Karstadt in Frankfurt: „Das ist besser als jeder Flohmarkt“

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Ausverkauf: Beim ehemaligen Karstadt auf der Zeil in Frankfurt wird zu Geld gemacht, was nicht niet- und nagelfest ist.

Frankfurt - Ende des Monats ist endgültig Schluss für die ehemalige Karstadt-Filiale des Galeria-Konzerns. Danach übernimmt die Modekette Aachener das Haus. Bis dahin gibt es so viele Rabatte, wie die Zeil in Frankfurt es noch nicht gesehen hat. Vieles ist aber auch schon vergriffen. „Ich wollte einen Kühlschrank-Schnapp machen. Da war ich wohl zu spät“, sagt Dieter Wöhler und beäugt stattdessen die leeren Regale, die ebenfalls zu haben sind. „Die müssten genau ins Büro passen“, sinniert er. „Dann nehme ich eben die“, murmelt er und reiht sich ein in die lange Schlange an der Kasse.

Einen Kaffee zur Stärkung im Restaurant ganz oben gibt es nicht mehr. Es ist bereits geschlossen. Ebenso der Rewe im Untergeschoss. Der Asia-Lebensmittelhändler ist noch da und wird wohl auch bleiben, wenn Karstadt Ende des Monats die Pforten schließt und die Modekette Aachener einzieht. Die Post ist weg, die Postbank auch, Hugendubel längst. Dafür prangt überall knallige Ausverkauf-Reklame. „Mega Angebote“, „Wir schließen“, „Heute billiger“, “-50 Prozent“, „Alles muss raus“ leuchtet es schrill auf Plakaten.

Daunenkopfkissen sind schon seit vier Wochen ausverkauft, Decken gibt es noch ein paar. Und Lattenroste und Betten, auf denen bisher Bettwäsche und Matratzen ausgestellt waren. Dort, wo bisher Kosmetik und Parfum stand, stapeln sich Schraubenzieher und Salatschleudern, nur wenige Flaschen Duft verstecken sich noch einsam in Regalen. Die Mitarbeiter beraten geduldig und versuchen, das Wühltischchaos im Griff zu behalten. Das Warenhaus ist brechend voll, jeder will noch etwas haben. Die Stimmung ist erstaunlich gut.

Ausverkauf bei Karstadt auf der Zeil in Frankfurt - Mitarbeiter weiter in Beschäftigung

Den großen Ausverkauf organisieren die britischen Gordon Brothers, die sich auf Rausverkäufe spezialisiert haben. Die bisherigen Mitarbeiter von Karstadt sind mittendrin und dabei. „Es geht ja weiter für uns“, sagt eine Verkäuferin erleichtert. „Wir bleiben bei der Modekette Aachener, die im Juli hier reingeht. Mindestens bis Ende 2025.“ Aber vorher muss alles raus. Von der Schaufensterpuppe über Kleiderständer, vom Kuscheltier bis zum Raclette. Immer wieder wird Ware umgeräumt, werden Flächen freigemacht. Wer öfter kommt, muss sich neu orientieren, so schnell leeren sich die Regale und Abteilungen.

Teure Füllfederhalter von Montblanc, Lamy und Faber Castell sind noch da, 30 bis 40 Prozent rabattiert. „Ich will nicht mehr als 20 Euro ausgeben. Das reicht nicht für Füller, aber für eine ganze Menge Klamotten“, erklärt Lisa (16), die auf Schnäppchenjagd ist. „Das ist besser als jeder Flohmarkt“, findet sie und greift zu bei Socken und T-Shirts. Im Erdgeschoss gibt es fast alles. Küchengeräte und Schals, Heizungen und Nähzubehör. Man muss ich nur zurecht finden. Vor 120 Jahren wurde das damals kleinere Gebäude als „Grand Bazar“ eröffnet.

So nackt wie diese Schaufensterpuppen sind mittlerweile viele Regale im ehemaligen Kaufhaus Karstadt auf der Zeil. Auch das Inventar steht zum Verkauf. Ende des Monats ist Schluss. Dann zieht die Modekette Aachener ein.
So nackt wie diese Schaufensterpuppen sind mittlerweile viele Regale im ehemaligen Kaufhaus Karstadt auf der Zeil in Frankfurt. Auch das Inventar steht zum Verkauf. Ende des Monats ist Schluss. Dann zieht die Modekette Aachener ein. © rainer rüffer

In seinen letzten Wochen ist Karstadt wieder ein Bazar, in dem gewühlt, gefeilscht und gehandelt wird. „Wir verkaufen ja kaum anderes als vorher, aber plötzlich sind die Leute da. Hätten sie früher so geshoppt wie jetzt, wäre uns sicherlich einiges erspart geblieben und Galeria an der Zeil hätte erhalten werden können“, sagt ein Mitarbeiter schulterzuckend.

Manche Kunden, die durch die teilweise leer gekauften Abteilungen schlendern, sind tatsächlich um ersten Mal hier drinnen. „Gar nicht so schlecht eigentlich“, meint ein junges Paar, das sich ein komplettes Geschirr gekauft hat. „Hier hat die Oma eingekauft. Wir hätten nicht gedacht, dass es hier auch moderne Sachen gibt“, sagen sie erstaunt.

Frankfurter Zeil im Wandel: Ausverkauf bei Karstadt - Auch Görtz schließt Filiale

Die Zeil ist im Wandel. Zara steht weiterhin leer. Das abgerundete Eckhaus neben Karstadt ist leer. Schräg gegenüber von Galeria Karstadt ist ebenfalls Ausverkauf. Die Görtz-Filiale schließt. Auf alles gibt es 30 bis 50 Prozent Rabatt. Kunden fallen wie Vandalen über Schuhkartons her, Verkäuferinnen räumen ihnen hinterher.

„Wir lassen die Schuhe in Kartons, sonst finden sich die Paare nie mehr zusammen“, sagt eine Verkäuferin leicht genervt, weil ein Dutzend Schuhpaare einfach auf dem Boden liegenbleiben und sie zum x. Mal alles wieder sortieren muss. „Es hieß, dass wir bleiben“, schildert die Verkäuferin. Dann hatten wir die ersten Rabatte und wir haben schon gemunkelt, dass das merkwürdig ist. Spätestens Ende Juli ist es auch hier vorbei. Da hätten sie uns auch gleich für März kündigen können“, sagt sie enttäuscht und weiß noch nicht, wie es weiter geht. Ob und wer einzieht, wenn Görtz auszieht, ist aktuell noch unklar. (Sabine Schramek)

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