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Von Turnvater Jahn hin zu Capoeira

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Von: Matthias Bittner

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Miriam Wolf ist Sportlerin durch und durch: Die Vorsitzende der FTG Frankfurt spielte früher Handball, zurzeit widmet sie sich dem Triathlon. Der Verein feiert morgen 175-jähriges Bestehen, auch Vorführungen der Copoeira-Kämpfer (Training im Hintergrund) sind zu sehen.
Miriam Wolf ist Sportlerin durch und durch: Die Vorsitzende der FTG Frankfurt spielte früher Handball, zurzeit widmet sie sich dem Triathlon. Der Verein feiert morgen 175-jähriges Bestehen, auch Vorführungen der Copoeira-Kämpfer (Training im Hintergrund) sind zu sehen. Rainer Rüffer © rüffer

Frankfurter Turngemeinde feiert 175. Geburtstag - Morgen Feste mit Vorführungen

Jüngere Semester kennen die Rollschuhbahn am Brentanobad eher von abendlichen Filmvorführungen. Doch sie wurde auch lange von den Sportlern der Frankfurter Turngemeinde (FTG) genutzt. Doch längst haben Kufen bei der FTG die Rollen abgelöst - wer Lust hat, der kann das Eislaufen lernen und perfektionieren.

Miriam Wolf, seit einem halben Jahr Geschäftsführerin des Sportvereins, kannte dieses Angebot nicht. Dass die FTG eine lange Tradition hat, war ihr klar: Schon in Vorstellungsgesprächen wurde betont, dass eine ihrer Hauptaufgaben zunächst die Vorbereitungen für die 175-Jahr-Feier sei. Morgen ist es so weit: Von 11 bis 20 Uhr präsentiert sich der Verein auf dem Carlo-Schmid-Platz neben dem Bockenheimer Depot. Laut Wolf sind diverse Vorführungen, Mitmachangebote für Kinder wie Erwachsene und abends dann Livemusik vorgesehen. Moderiert wird die Veranstaltung von Florian Nass, der für die Sportschau beispielsweise als Reporter von der Tour de France berichtet.

Energiekrise als Herausforderung

In 175 Jahren hat der Verein schon turbulente Zeiten erlebt. Im Moment seien die Herausforderungen allerdings riesig. „Nach Corona wird uns nun die Energiekrise beschäftigen“, sagt Wolf. Man werde prüfen müssen, wo Einsparungen möglich sind. Um vor bösen Überraschungen verschont zu bleiben, habe man die Abschlagszahlungen für Gas und Strom schon anpassen lassen. „Mitglieder müssen aber nicht fürchten, dass sie frieren“, betont Wolf und hofft, dass es eventuell noch Hilfsprogramme oder Unterstützung vom Land oder vom Bund gibt. Ohne die wäre die FTG auch in der schweren Corona-Zeit nicht über die Runden gekommen. 2000 seiner ursprünglich 9000 Mitglieder hat der Sportverein während diese Phase eingebüßt. Obwohl zuletzt wieder vermehrt Eintritte zu verzeichnen gewesen seien, werde der Verein wohl erst in zehn Jahren seinen ursprünglichen Mitgliederstand erreichen.

Vor 175 Jahren hätte wohl keiner der Gründungsväter überhaupt damit gerechnet, dass der Verein einmal einer der größten Frankfurts sein wird. Im September 1847 wurde er als Bockenheimer Turnverein, die sich 1860 in Bockenheimer Turngemeinde umbenannte, gegründet. Die Frankfurter Turngemeinde entstand aber erst 1971 durch die Fusion von Rödelheimer Turngemeinde (gegründet 1847), Bockenheimer Turngemeinde und Praunheimer Turngemeinde (gegründet 1884). Ende des 18. Jahrhunderts waren erste Sportstätten die Wachstube des damaligen Rathauses am heutigen Kirchplatz (Bockenheim) und das Außengelände des Gasthauses „Zum Taunus“ (Rödelheim). Heute hat die FTG drei eigene Sportstätten: Sportpunkt (Marburger Straße), Sportfabrik (Ginnheimer Straße) und Sportgarten (Rebstöcker Weg).

In den Anfangsjahren war das Sportangebot noch sehr überschaubar, vor allem Leibesübungen nach dem Vorbild von Turnvater gab es. In den 1880er Jahren kamen dann auch Ballsport- und Wettkampfsportarten hinzu. Die FTG ist aber grundsätzlich ein Breitensportverein, sagt Wolf. Sehr erfolgreich waren einst die Gewichtheber, aktuell zeigen die Bowling-Damen in der Bundesliga Spitzensport. 1897 zählte der Verein gerade mal 18 weibliche Mitglieder, Frauen waren zu dieser Zeit noch von vielen Sportarten ausgeschlossen und bei Wettkämpfen nicht zugelassen.

Anfang des 19. Jahrhunderts ging es steil bergauf mit dem Verein. 1912 wurde die Turnhalle in der Marburger Straße eröffnet, 1924 erwarb die Bockenheimer Turngemeinde den Sportplatz „Am Rebstock“ und war damals der zweite Verein in der Stadt mit eigenem Übungsfeld. Ein Rückschlag ereilte den Verein 1944, als beide Sporthallen bei Luftangriffen zerstört wurden und erst in den 50er Jahren wieder aufgebaut wurden. Ein Meilenstein war 1995 dann die Eröffnung der Sportfabrik.

Für Wolf, die nach zehn Jahren bei einem großen Supermarktbetreiber eine neue Herausforderung suchte, passt das Engagement bei einem Sportverein eigentlich sehr gut. Bis die Schulter nicht mehr mitspielte, war sie aktive Handballerin. Nachdem sie zuletzt mehrere Marathon-Läufe (Bestzeit 3:47 Stunden) bestritten hat, konzentriert sie sich nun auf Triathlon. Durchhaltevermögen ist ihr also nicht fremd, das kann im Beruf eigentlich nie schaden. Matthias Bittner

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