Überflutungen durch Starkregen in Frankfurt: Diese Bereiche sind besonders gefährdet

In Teilen Frankfurts ist das Risiko für Überschwemmungen besonders hoch. Die Stadt jedoch sieht nur begrenzt Möglichkeiten zum Eingreifen.
Frankfurt - Sommerzeit ist Starkregenzeit. Extreme Wettereignisse werden wegen des Klimawandels häufiger, da ist sich die Wissenschaft einig. Auch die Kommunen müssen sich darauf einstellen. Was kann die Stadt Frankfurt machen, was steht an? Manfred Becht sprach darüber mit Peter Dommermuth, dem Leiter des städtischen Umweltamtes, und Alexander Kehl, dessen Abteilung für das Thema zuständig ist.
Herr Dommermuth, Herr Kehl, die Technische Universität Kaiserslautern hat in einer unlängst veröffentlichen Studie erklärt, kaum eine Stadt oder Gemeinde in Deutschland sei auf Überflutungen durch Starkregen wirklich vorbereitet. Muss Frankfurt sich diesen Schuh anziehen?
Peter Dommermuth: Nein, den Schuh ziehen wir uns nicht an. Wir haben für das gesamte Stadtgebiet Starkregengefahrenkarten erarbeiten lassen. Damit kann jeder erkennen, wo sich das Wasser bei einem Starkregen in welcher Höhe sammeln kann und in welcher Richtung es fließt. Diese Karten sind im Internet einsehbar, jeder kann sich informieren. Das ist ein wichtiger Schritt zu mehr Schutz vor Überflutungen.
Aber man kann doch nicht wissen, wo es Starkregen gibt. Wie macht man denn da solche Karten?
Dommermuth: Die Karten stellen die Berechnungen möglicher Starkregenereignisse dar und zeigen so auf, wo der Starkregen besonders gravierende Folgen haben kann.
Welche Faktoren sind in die Erarbeitung der Karten eingegangen?
Alexander Kehl: Mehrere. Erstens das Gelände der Stadt selbst, das als digitales Geländemodell vorliegt. Dazu kommen unter anderem Informationen über die Bebauung, die Versiegelung und die Nutzung der Flächen. Und noch die Kanalisation, die pauschal berücksichtigt ist. Mit diesen Informationen und zudem Ansätzen für Niederschläge wurden die Überflutungen mit Hilfe von spezieller Software durch ein Ingenieurbüro berechnet.
Überschwemmungen in Frankfurt: Frankfurter Berg als problematischer Bereich
Und wo wurden besonders problematische Bereiche identifiziert?
Kehl: Ein Beispiel ist der Frankfurter Berg, wo Regenwasser vom Hang abfließt und zu Überflutungen führt. Damit befassen sich die zuständigen Stellen wie das Amt für Straßenbau und Erschließung und die Stadtentwässerung bereits. Auch am Südbahnhof ist die Stadt bereits aktiv geworden. Es gibt aber auch Quartiere, die so dicht bebaut sind, dass mit übergeordneten Maßnahmen nicht viel zu erreichen ist. Zum Beispiel in Alt-Sachenhausen. Dann muss man sich umso mehr um den Schutz der vorhandenen Gebäude kümmern.
Dommermuth: Die Eigenvorsorge ist aber ohnehin die wichtige Aufgabe der privaten Hausbesitzer.
Was können die tun?
Kehl: Es gibt bauliche Maßnahmen, die auch finanziell gar nicht so aufwendig sein müssen. Bei den Lichtschächten zum Beispiel reicht oft eine kleine Aufmauerung in Höhe von bis 10 oder 20 Zentimetern aus, um zu verhindern, dass Wasser in den Keller läuft. Druckdichte Fenster sind eine weitere, wenn auch nicht mehr ganz so preiswerte Maßnahme. Ein absolutes Muss sind immer Rückschlagklappen in den Kellerabläufen. Diese verhindern, dass das Wasser aus der Kanalisation in den Keller läuft. Sie müssen aber auch regelmäßig darauf überprüft werden, ob sie noch funktionieren.
Dommermuth: Wichtig sind auch gewisse Verhaltensregeln. So sollte man sich unbedingt aus überfluteten Kellern fernhalten. Andernfalls läuft man Gefahr, vom Wasser eingeschlossen zu werden, weil sich die Türen nicht mehr öffnen lassen. Auch zu tödlichen Stromschlägen kann es kommen. Am besten lagert man wertvolle Gegenstände gar nicht erst im Keller, um das Risiko von Sachschäden zu minimieren.
Hochwasser in Frankfurt: Bei neuen Kanälen an Starkregen denken
Das ist ja ein vielschichtiges Problem. Wo kann man sich beraten lassen? Gibt es Zuschüsse?
Dommermuth: Für eine Erstberatung steht das Umweltamt der Stadt durchaus zur Verfügung. Direkte Zuschüsse gibt es zwar nicht. Aber zum Beispiel Maßnahmen zur Begrünung von Dächern und Fassaden werden im Rahmen des Programms "Frankfurt frischt auf!" von der Stadt finanziell unterstützt. Das Risiko von möglichen Hochwasserschäden sollte Motivation genug sein, diese zu verhindern.
Kehl: Flächenentsiegelung ist immer eine gute Präventionsmaßnahme. Auch Schottergärten sind nicht geeignet sind, Wasser zurück zu halten. Hausbesitzer sollten prüfen, ob auf dem Grundstück Mulden angelegt werden können, in die das Regenwasser fließen kann, bevor es Lichtschächte und Kellereingänge erreicht.
Aber die Stadt kann es doch nicht dabei belassen, die Starkregengefahrenkarten zur Verfügung zu stellen und die Bürger zu beraten.
Kehl: Das tut sie auch nicht. Die Stadtverwaltung schaut sich jetzt nach und nach alle problematischen Bereiche an und priorisiert diese bezüglich der Bearbeitung.
Was ist denn mit der Kanalisation? Gibt es da keine Optimierungsmöglichkeiten?
Dommermuth: Ganz allgemein kann man sagen, dass es weder finanziell noch technisch zu schaffen ist, die gesamte Kanalisation so zu verändern, dass kein Starkregen mehr ein Problem sein kann. Aber wenn Kanäle erneuert oder neu gebaut werden müssen, dann werden Anpassungen durch die Stadtentwässerung natürlich geprüft.
Frankfurt: Starkregengefahrenkarten gehört bei jeder Bauplanung dazu
Und andere Bauprojekte?
Kehl: Da ist eine Menge möglich. Ob privates Gebäude oder städtisches Projekt, die Planer müssen das Thema im Blick haben. Man darf heute ein Gebäude nicht mehr so bauen, dass es bei einem Starkregen überflutet wird. Für solche Fragen müssen Bauherren sensibilisiert werden; der Blick auf die Starkregengefahrenkarten gehört bei jeder Bauplanung zur Grundlagenermittlung.
Hat die Flutkatastrophe an der Ahr das Bewusstsein gestärkt?
Dommermuth: Auf jeden Fall. Was dort passiert ist, hat uns alle so intensiv betroffen gemacht, dass das Thema einen ganz anderen Stellenwert bekommen hat. Die Bevölkerung ist ebenfalls sensibilisiert - das zeigt sich auch daran, wie stark nach der Veröffentlichung unsere Starkregenkarten genutzt wurden.
Info
Die Starkregengefahrenkarte der Stadt können Frankfurter im Internet ansehen. Am einfachsten Interessierte über einen Link auf der Städtischen Homepage zur Karte, zu finden unter: https://frankfurt.de/themen/umwelt-und-gruen/umwelt-und-gruen-a-z/wasser/starkregen/behoerden