Hochhäuser in Frankfurt: Der Boom ist vorbei

Noch sind in Frankfurt große Hochhäuser in Bau, in der Innenstadt entsteht gar das Megaprojekt „Four“, das die Skyline sehr verändern wird. Doch die Zahl neuer Projekte sinkt.
Frankfurt - Noch vor dreieinhalb Jahren schien der Hochhausboom in Frankfurt kein Ende zu nehmen. Die Zinsen waren niedrig, der Anlagedruck internationaler Investoren hoch, der Büroleerstand deutlich zurückgegangen – und die politische Lage galt als stabil. Die Skyline war da in kurzer Zeit bereits kräftig gewachsen, um den Omniturm etwa, ein 190 Meter hohes Büro- und Wohnhochhaus, und um das 155 Meter hohe Bürohochhaus Marienturm im Bankenviertel. An der Messe schossen fast gleichzeitig mehrere Türme in die Höhe. Der Bau des 190 Meter hohen Büro- und Hotelhochhauses One, des 140 Meter in den Himmel ragenden Wohn- und Hotelturms 140 West auf dem früheren AfE-Gelände und des 175 Meter hohen Wohnturms Grand Tower waren nur die spektakulärsten Projekte. Und vieles sprach dafür, dass rasch weitere große Vorhaben in den Bau gehen.
Die Pandemie, der Krieg in der Ukraine und die Folgen haben die Situation sehr verändert. Immer noch werden riesige Flächen in Frankfurt bebaut, in der Innenstadt etwa entstehen das Megaprojekt „Four“ mit gleich vier Hochhäusern und der BüroturmCentral Business Tower, der am Knick der Neuen Mainzer Straße einmal 205 Meter in die Höhe ragen soll. Richtfeste werden durchaus noch gefeiert. Spatenstiche und Grundsteinlegungen werden aber seltener. Im Vergleich zur Zeit vor 2020 ist das Baugeschehen regelrecht eingebrochen. Die lange boomende Bau- und Immobilienbranche steckt in einer tiefen Krise.
Hochhausbau in Frankfurt: Investoren warten ab, warten auf eine klarere Situation
Die Baukosten sind hoch, die Zinsen stark gestiegen, die Konjunktur sehr schwach. Hinzu kommt eine große Unsicherheit. Und die hat auch mit der veränderten Arbeitswelt zu tun. Viele Unternehmen erlauben es ihren Beschäftigten, zwei, drei Tage pro Woche von zu Hause zu arbeiten – und nutzen das auch, um ihre Büroflächen zu verkleinern. Der Leerstand wächst bereits wieder. Ein paar Jahre lang floss viel Geld in Wohntürme. Doch vielen gilt der Markt für solchen ultrateuren Wohnraum selbst in Frankfurt als sehr begrenzt. Das alles führt dazu, dass Investoren, Banken, Projektentwickler vorsichtiger werden. Es gibt Zeiten, da kann es Bauherren nicht schnell genug gehen. Derzeit warten viele ab, warten auf eine stabilere, klarere Situation.
Sobald sich die Lage aufhellt, könnten in nur wenigen Jahren gleich mehrere Großprojekte die Skyline noch etwas höher und dichter werden lassen. Am meisten wird wohl an der Messe geschehen. Die Gerchgroup plant bereits seit Jahren, auf dem Gelände des früheren Polizeipräsidiums einen 175 Meter hohen, vorwiegend für Büros genutzten Turm zu bauen, Arbeitstitel: „Präsidium“. Auf dem angrenzenden Areal der Matthäuskirche könnte der Projektentwickler Becken einen 130 Meter hohen Turm errichten. CA Immo plant in unmittelbarer Nähe sogar einen288 Meter hohen Wolkenkratzer mit Büronutzung, der einmal Deutschlands höchster Wolkenkratzer sein könnte. Bisher ist das der Commerzbank Tower mit 259 Metern. Auf demselben Areal soll ein 157 hoher Wohnturm Platz finden.
Hochhausbau in Frankfurt: Flächen für neue Türme werden knapp
In der Innenstadt ist weniger zu erwarten. Falls sich die Stadtverordneten für den Bau des Schauspielhauses auf dem bisherigen Sparkassengrundstück entscheiden, dürfte ihre Muttergesellschaft Helaba angrenzend einen 160 Meter hohen Turm bauen.
Nach und nach werden allerdings auch die Flächen für mögliche Hochhäuser knapp. Von den im Hochhausrahmenplan ausgewiesenen Standorten sind die allermeisten inzwischen bebaut. Die Arbeit an dessen Fortschreibung ist zwar weit gediehen. Nach bisherigem Stand will die Stadt aber nur etwa ein Dutzend neue Türme ermöglichen – im Bankenviertel, im Bahnhofsviertel und im Bereich Ostbahnhof / Osthafen. Das hat auch mit einem schon vor Jahren erfolgten Kurswechsel zu tun. Inzwischen gilt es als sinnvoll, dass die Skyline nur noch behutsam wächst. Die Zeiten, in denen Frankfurt immer „amerikanischer“ werden sollte, sind vorbei. (Christoph Manus)