1. Startseite
  2. Frankfurt

Wärme aus dem Main gewinnen

Kommentare

Im Heizkraftwerk West könnte nach einem Umbau Mainwasser zum Betrieb einer Flusswärmepumpe genutzt werden, die bis 99 Grad heißes Wasser in das Fernwärmenetz speisen könnte. FOTO: Gernot Gottwals
Im Heizkraftwerk West könnte nach einem Umbau Mainwasser zum Betrieb einer Flusswärmepumpe genutzt werden, die bis 99 Grad heißes Wasser in das Fernwärmenetz speisen könnte. © Gottwals

Mit Umrüstung des Heizkraftwerks West günstige Energie erzeugen

Für eine Flusswärmepumpe für günstige und saubere Energie setzt sich Grünen-Fraktionssprecher Alexander Mitsch ein und hat einen Antrag an den Magistrat im Ortsbeirat 1 (Altstadt, Bahnhofs-, Europa- und Gutleutviertel, Gallus, Innenstadt) verabschiedet, einen geeigneten Standort am Main prüfen zu lassen. Besonders sollen hier die Mainova und der Standort des Heizkraftwerks West einbezogen werden. Als Vorbild dient ein Modellprojekt in Mannheim: Dort wird das Flusswasser des Rheins, das bis zu 25 Grad und im Winter noch bis zu 5 Grad warm ist, zum Betrieb einer Flusswärmepumpe genutzt. Bis 99 Grad heißes Wasser kann so in das Fernwärmenetz eingespeist werden. Angepasst an die Frankfurter Verhältnisse, kann das auch im Main funktionieren, ist Mitsch überzeugt.

„Eine Flusswärmepumpe entzieht dem Mainwasser über einen Wärmetauscher Energie. Durch Komprimierung wird warmes Wasser so sehr verdichtet, dass es sich erhitzt und der Fernwärme zugeführt werden kann. So wird die Wärme genutzt“, erläutert Mitsch. „Gleichzeitig wird dadurch das Mainwasser gekühlt, was für die Gewässerökologie vor allem im Sommer wichtig ist.“

Die Flusswärmepumpe soll CO2-neutral erzeugte Wärme mittelfristig ins Fernwärmenetz einspeisen und für viele Tausend Haushalte bereitstellen. „Die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung ist nicht nur dringend notwendig, um bis Mitte des Jahrhunderts Netto-Null-Emissionen zu erreichen, sondern auch, um die Energieversorgung in geopolitisch unsicheren Zeiten zu sichern“, betont Mitsch. Eine Umstellung des Heizkraftwerks West von Kohle auf Gas und Wasserstoff werde jedoch viele Jahre in Anspruch nehmen, da die Technik teuer und aufwendig sei.

Das Großkraftwerk Mannheim könne im Rahmen des Reallabors der Energiewende „Großwärmepumpen in Fernwärmenetzen“ des Bundesministeriums für Wirtschaft als Vorbild dienen, da das Mannheimer Kraftwerk mit dem Frankfurter vergleichbar sei. „Die bestehende Infrastruktur der Wasserkühlung wird genutzt und mit relativ simpler Technik ergänzt“, erläutert Mitsch. „Durch eine Flusswärmepumpe entsteht grüne Wärme, die klimafreundlich und CO2-neutral aus dem Flusswasser über einen Wärmetauscher gewonnen wird.“

Die Mainova steht diesem einstimmig verabschiedeten Antrag auf Anfrage ebenso offen wie vorsichtig gegenüber: „Im Zuge der Dekarbonisierung unserer Frankfurter Fernwärme kann eine Flusswasser-Wärmepumpe künftig als Bestandteil einen Anteil an der laufenden Umrüstung des HKW West haben“, erklärt Mainova-Sprecher Sven Birgmeier. Aufgrund der hiesigen technischen Bedingungen im Zusammenhang mit dem Ferndampf-Bedarf der Mainova-Kunden sei es jedoch keineswegs die alleinige Lösung.

Bei einer Umrüstung des Heizkraftwerks West sei zu berücksichtigen, dass Wärmepumpen hinsichtlich des Temperaturniveaus technischen Einschränkungen unterliegen. Sie stellen somit nur bedingt eine Alternative zu Gasen dar, da sie nicht in das Innenstadt-Dampfnetz der Mainova integriert werden können. „Dieses arbeitet im Vergleich zu Fernwärme mittels Heißwasser mit deutlich höheren Temperaturen von bis zu 340 Grad Celsius“, erklärt Birgmeier. Der Umstieg auf Gas sei die derzeit technisch und wirtschaftlich sinnvollste Lösung für den Standort HKW West, das darauf bis voraussichtlich 2026 vollständig umgestellt werden soll. Im Gutleutviertel entstünden zwei neue, leistungsfähige Gasturbinenanlagen mit Abhitzedampferzeugern. Diese produzieren weiterhin hocheffizient Wärme und Strom gleichzeitig.

Großes Potenzial sieht die Mainova daher in der Integration von Abwärme aus Rechenzentren mittels Großwärmepumpen. Zu den ersten Projekten zählt wie berichtet auch die Versorgung des Quartiers „Franky“ in der Kleyerstraße mit Abwärme aus dem Rechenzentrum der Telehouse.

„Im Vergleich zur Nutzung des Flusswassers räumen wir der Nutzung von Abwärme aus Klärabwasser der Stadtentwässerung aufgrund des höheren Temperaturniveaus ein höheres wirtschaftliches Potenzial ein“, räumt Birgmeier ein. Deshalb wird das Heizkraftwerk West zwar im Gesamtkonzept betrachtet und berücksichtigt, das Heizkraftwerk Niederrad bevorzugt untersucht.

„Investitionsanreize und die Wirtschaftlichkeit von Großwärmepumpen-Projekten hängen von vielen Faktoren ab. Dabei sind jegliche Potenziale stets standortspezifisch zu prüfen und gegenüber Alternativen zu bewerten“, resümiert Birgmeier.

Gernot Gottwals

Auch interessant

Kommentare