OB-Wahl: Becker holt sich fast ganz Frankfurt, Josef wildert bei Grünen
Christdemokrat Uwe Becker erhält bei der OB-Wahl in Frankfurt den größten Zulauf von Nichtwählern, Mike Josef (SPD) von den Grünen. Die Wahl-Analyse.
Frankfurt - Die ganze Nacht haben die städtischen Statistiker nach der Oberbürgermeisterwahl am Sonntag in Frankfurt durchgearbeitet. Am Montagmorgen legten sie sogleich eine Analyse der Ergebnisse vor und die zeigt: Der nach dem ersten Urnengang vorne liegende CDU-Kandidat Uwe Becker hat 39 von 44 Stadtteilen* für sich gewinnen können. Sein bei der Stichwahl am 26. März gegen ihn antretender Konkurrent Mike Josef (SPD) bekam hingegen nur in zwei Stadtteilen die meisten Stimmen und zwar in Bornheim, wo er mit seiner Familie lebt, sowie im Riederwald. Die drittplatzierte Grünen-Kandidatin Manuela Rottmann hatte immerhin in drei Stadtteilen - Bockenheim, Nordend-Ost, Ostend - die Nase vorne. Sie ist dennoch ausgeschieden.
OB-Wahl in Frankfurt: Analyse zur Wählerwanderung
Bei der OB-Wahl in Frankfurt am Sonntag, die nach den Worten von Eileen O’Sullivan (Volt), die für Wahlen und Statistik zuständige Stadträtin, „gut und reibungslos“ verlaufen ist, waren 508 510 Frankfurter aufgerufen, ihr Kreuzchen zu machen. Von ihrem Stimmrecht machten 205 219 Bürger Gebrauch. Sprich: Die Wahlbeteiligung lag bei 40,4 Prozent. Das waren 2,8 Prozentpunkte mehr als noch bei der OB-Wahl im Jahr 2018. Zudem kann man festhalten, dass die Wahlbeteiligung bei den Frauen höher war als bei den Männern. Junge Menschen machten seltener ihr Kreuz als ältere. 84 056 der Wähler (41 Prozent) stimmten per Brief ab. Im Vergleich zu 2018 war dies ein Plus von 16,6 Prozentpunkten.
Uwe Becker bei OB-Wahl in Frankfurt: Zulauf von Nicht-Wählern
Von den abgegebenen Stimmen konnte Uwe Becker 70 411 auf sich vereinen. Das heißt: 34,5 Prozent der Wähler machten ihr Kreuzchen hinter seinem Namen. Die Wahlanalyse zeigt, dass der hessische Staatssekretär für Bundes- und Europaangelegenheiten mit Abstand am stärksten auch frühere Wähler mobilisieren konnte. Mehr als neun von zehn Wählern, die schon bei der Kommunalwahl die CDU gewählt hatten, gaben Becker auch am Sonntag ihre Stimme. Und so ist es nicht verwunderlich, dass der Großteil der für ihn abgegebenen Stimmen von Wählern kam, die sich auch schon vor zwei Jahren für die CDU entschieden hatten (63,2 Prozent). Allerdings konnte der 53-Jährige auch von einem starken Zulauf von ehemaligen Nichtwählern profitieren. Die Nichtwähler machten bei den Stimmen für den Christdemokraten immerhin einen Anteil von 12,9 Prozent aus. Zudem bekam Becker, der mit 56,6 Prozent der Stimmen sein bestes Ergebnis in seinem Heimatstadtteil Nieder-Eschbach erzielte, viele Stimmen von ehemaligen FDP-Wählern. Frühere Wähler der Grünen (4,9 Prozent) und der SPD (4,2 Prozent) gaben ihm deutlich seltener ihre Stimme. Noch weniger Zuspruch bekam der Christdemokrat von ehemaligen AfD- und Linken-Wählern.

Mike Josef bei OB-Wahl in Frankfurt: Stammwähler streiken
Der Frankfurter Planungsdezernent Mike Josef, der im ersten Wahlgang 24,0 Prozent der Stimmen bekam, konnte sich im Gegensatz zu Becker nur in einem geringen Maß auf die Stammwählerschaft seiner Partei stützen. Nur 41,3 Prozent der Wähler, die auch 2021 für die SPD gestimmt hatten, machten hinter Josefs Namen ein Kreuzchen. Das heißt im Umkehrschluss: 58,7 Prozent der früheren SPD-Wähler haben anders oder gar nicht gewählt.
Für den 40-Jährigen bedeutet dies: Seine Wählerschaft setzte sich stärker als bei allen anderen Kandidatinnen und Kandidaten aus ehemaligen Wählern anderer Parteien zusammen. Von den 49 033 Stimmen, die auf ihn entfielen, kamen nur 30,5 Prozent von Frankfurtern, die auch früher schon für die SPD gestimmt haben. Fast ein Viertel seiner Stimmen hingegen bekam er von früheren Grünen-Wählern. Zudem wurde er von vielen Linken-Anhängern gewählt. Sie machten immerhin einen Anteil von 16,3 Prozent aus. Wenig Zuspruch bekam Josef hingegen von ehemaligen Wählern der CDU und der AfD. Sein stadtweit bestes Ergebnis erzielte er mit 37,9 Prozent der Stimmen im Riederwald. Die wenigsten Stimmen bekam er mit 15,4 Prozent in Nieder-Eschbach.
Manuela Rottmann bei OB-Wahl in Frankfurt: Kaum überzeugend
Die stärksten Stimmenverluste mussten die Grünen mit ihrer ausgeschiedenen Kandidatin Manuela Rottmann hinnehmen, immerhin war die Partei zuvor vier Mal hintereinander stärkste Kraft in Frankfurt. Die 50-Jährige Rottmann, die insgesamt 43 502 der Wählerstimmen erhielt, konnte sich zwar stärker als die in die Stichwahl eingezogenen Kandidaten auf die Stammwähler ihrer Partei verlassen. Der Anteil von Frankfurtern, die den Grünen auch bei der Kommunalwahl 2021 ihre Stimme gegeben hatten, machten immerhin 82,6 Prozent aus. Rottmann schaffte es aber nicht, Wähler anderer Parteien von sich zu überzeugen. Mit einem Anteil von 5,3 Prozent bekam sie noch den größten Zuspruch von früheren Nichtwählern, gefolgt von früheren FDP-Anhängern (4,8 Prozent). Frühere CDU- und SPD-Anhänger trugen jedoch nur mit je 1,1 Prozent der Stimmen zu ihrem Wahlergebnis bei. Im Gegenzug verlor Rottmann viele Wähler an ihre Konkurrenten von der CDU und der SPD. Ihr stadtweit bestes Ergebnis erhielt die Grünen-Politikern mit 31,4 Prozent der Stimmen wenig verwunderlich im Nordend-Ost. Die wenigsten Stimmen bekam sie mit 9,8 Prozent in Sindlingen.
OB-Wahl in Frankfurt: Josef bei Frauen beliebt, Becker bei Männern
Doch wer kam bei den jungen Wählern besser an, wer bei den alten? Wer war bei Frauen beliebter, wer bei Männern? Eine Stichprobe in fünf Urnenwahlbezirken und vier Briefwahlbezirken hat ergeben, dass Rottmann vor allem jüngere Frankfurter überzeugen konnte. Zudem bekam sie eher von Frauen ihre Stimme als von Männern. Besonders bei den Wählerinnen zwischen 18 und 24 Jahren schnitt sie gut ab. Bei den älteren Frankfurtern hingegen bekam sie deutlich weniger Zuspruch als Becker und Josef.
So kann man sagen: CDU-Kandidat Becker sprach mit einem Anteil von 57,5 Prozent vor allem die älteren Wähler ab 70 Jahre an. Generell war er bei Männern beliebter als bei Frauen. Für seinen Konkurrenten Josef sieht das anders aus: Der SPD-Politiker kam bei Frauen besser an als bei Männern. Insgesamt konnte der Stadtrat aber über alle Altersgruppen hinweg punkten. (Julia Lorenz)
Das Duell
Die Frankfurter Neue Presse und das Höchster Kreisblatt laden für kommenden Dienstag, 14. März, zu einem Duell mit den beiden verbleibenden OB-Kandidaten Uwe Becker (CDU) und Mike Josef (SPD) im Haus am Dom, Domplatz 3, ein. Los geht es um 19 Uhr.
*) Normalerweise zählt Frankfurt 46 Stadtteile. Bei dieser Statistik wurden allerdings das Gutleut- und Bahnhofsviertel sowie Sachsenhausen-Süd und Flughafen zusammengefasst.