Warum immer mehr Frankfurter aufs Auto setzen

Verkehrswende? Die Frankfurter machen bisher nicht mit: Die Pkw-Anzahl in Frankfurt steigt deutlich stärker als bundesweit.
Frankfurt -Die Zahl der Autos auf Frankfurts Straßen nimmt überdurchschnittlich stark zu. Laut Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes sind im Jahresvergleich mehr Autos in der Stadt zugelassen. So verzeichnete die Behörde zu Jahresbeginn 2022 noch 343 598 Personenwagen. Ein Jahr später sind es 347 638 Fahrzeuge. Mit der Zunahme liegt Frankfurt deutlich oberhalb des bundesweiten Trends. Die Zahl der Fahrzeuge ist in der Stadt dreimal so stark gestiegen wie in ganz Deutschland. Hier legte die Zahl der zugelassenen Personenwagen nämlich nur um gut 0,4 Prozent auf aktuell 48,76 Millionen zu.
Einher geht die Zunahme der Pkw mit einer Politik im Römer, die das Gegenteil erreichen will: weniger Autoverkehr in der Stadt. So haben Grüne, SPD, FDP und Volt mit ihrer Verkehrspolitik im vorigen Jahr noch einmal verstärkt Auto- in Fahrradspuren umgewandelt.
Auto-Club: Die Menschen umerziehen funktioniert nicht
Warum aber reagieren die Menschen genau anders als gewollt? „Offensichtlich tut die Stadt nicht genug, um den Mobilitätserfordernissen der Menschen anderweitig gerecht zu werden“, erklärt Malte Dringenberg, Sprecher des Automobilclubs von Deutschland (AvD). „Die Maßnahmen von Politik und Stadtverwaltung, die Menschen umerziehen zu wollen, gehen ins Leere.“
Zahl der Elektroautos mehr als verdoppelt
Immerhin wird die Auto-Flotte der Frankfurter ein klein wenig sauberer. So hat sich die Zahl der Elektroautos von 6647 auf 13 290 mehr als verdoppelt - die stärkste Zunahme unter allen Antriebsarten. E-Autos machen mit nur 3,8 Prozent noch immer einen sehr kleinen Anteil der Pkw-Flotte in der Mainmetropole aus - der aber deutlich über dem bundesweiten Anteil von gut zwei Prozent liegt. Mit dem Ausbau der Elektroladesäulen indes kommt die Stadt seit Jahren nicht voran. Erst zuletzt war es der städtischen Wirtschaftsförderung gelungen, die internen städtischen Genehmigungsprozesse etwas zu beschleunigen, so dass seit einem Jahr Ladesäulen in größerer Zahl entstehen können.
In Frankfurt hat auch die Zahl der Hybridfahrzeuge zugenommen: Waren 2022 noch 24 837 Autos unterwegs, die sowohl Verbrenner- als auch unterstützenden Elektroantrieb haben, sind es im laufenden Jahr 34 515. Die Zahl der Plug-In-Hybride ist von 11 105 auf 16 480 gestiegen. Bei Plug-In-Hybriden lässt sich der Elektromotor auch per Steckdose laden, wodurch die Fahrstrecke, die rein mit Elektroantrieb zurückgelegt werden kann, länger ist als bei normalen Hybriden, bei denen die Batterie häufig nur durchs Rückgewinnen von Bremsenergie auflädt.
CDU: „Mit Verboten, Gängelei und Quälerei wird niemand überzeugt“
Die Zunahme der Pkw-Zahlen zeige, „dass die Verkehrspolitik der Römerkoalition an den Bedürfnissen der Menschen in unserer Stadt vorbeigeht“, sagt der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Römer, Nils Kößler. „Mit Verboten, Gängelei und Quälerei wird niemand überzeugt.“ Trotz mehr Parkraumbewirtschaftung, höherer Parkgebühren und der Mainkai-Sperrung werde das Auto weiter von vielen als Mobilität ihrer Wahl geschätzt „oder auch einfach knallhart gebraucht“.
Relevant für die überdurchschnittliche Zunahme der Autozahlen in Frankfurt sei auch die in den vergangenen Monaten immer schlechter werdende Zuverlässigkeit von Bahnen und Bussen in der Stadt, schätzt AvD-Sprecher Dringenberg. Seit Wochen häufen sich Ausfälle. Über den vorigen Jahreswechsel waren wegen des Personalmangels eine Straßenbahn- und eine Buslinie über Monate hinweg komplett, eine weitere Tram-Linie teilweise eingestellt. Dies trage dazu bei, dass Menschen ihre Autos weiterhin führen oder neue kauften, sagt Dringenberg. Zwar stünden Autos durch die Sperrungen und weggefallene Spuren öfter im Stau.
Alternative Nahverkehr noch schlechter als Stau
„Es ist bezeichnend, dass die Menschen trotzdem nicht umsteigen, weil die Alternativen als noch schlechter angesehen werden.“ Wer sich auf Bahn und Bus verlasse, laufe Gefahr, zu Terminen oder zu Arbeitsbeginn zu spät zu kommen“, warnt der AvD-Sprecher. „Die Menschen suchen eine verlässliche Alternative, aber die bietet der ÖPNV nicht.“
Das Deutschlandticket habe „kein Wunder bewirkt“, sagt CDU-Fraktionschef Kößler. Die bekannten Probleme des Nahverkehrs dauerten an. Der Ausbau dauere zu lang - zum Beispiel die U5-Verlängerungen ins Europaviertel und zum Frankfurter Berg sowie der U4-Lückenschluss - und der Nahverkehr sei „einfach zu schmutzig“, erinnert Kößler. Wie es die grün-geführte Koalition umsetze, „gibt es keine Verkehrswende, die von den Menschen unterstützt wird“. (Dennis Pfeiffer-Goldmann)