„Starkregenkarte“: Wo in Frankfurt bei einem Jahrhundertunwetter Überschwemmungen drohen

Eine neue Starkregenkarte simuliert, wie hoch das Wasser in den Straßen in Frankfurt stehen könnte. Ein Hochwasser könnte brenzlig werden.
Frankfurt – Das Ahrtal in Rheinland-Pfalz und der Fluss Erft in Nordrhein-Westfalen waren im Sommer Schauplatz der tödlichsten Hochwasserkatastrophe Deutschlands seit dem Zweiten Weltkrieg. Im Mittel sind 90 Liter Wasser pro Quadratmeter gefallen, örtlich oft ein Vielfaches. Es war ein extremes Hochwasser.
Wie sich eine solche Niederschlagsmenge in einer Stadt wie Frankfurt auswirken könnte, zeigt eine neue Karte. Die Starkregengefahrenkarte umfasst das gesamte Stadtgebiet, und manche Straßenzüge erscheinen als blau, dunkelblau oder gar violett - symbolisch für den Wasserstand, von fünf Zentimetern bis zu mehr als einem Meter. Seit gestern können sich die Bürger unter geoportal.frankfurt.de/starkregen informieren, ob sie an einem solch prekären Standort wohnen. Die Karte richtet sich an Hausbesitzer, Mieter, Gewerbetreibende, Immobilienentwickler und betroffene städtische Ämter.
Hochwasserkarte zeigt gefährdete Gebiete in Frankfurt
Neben der Wasserhöhe, errechnet mit Computersimulationen und in sechs Blautönen dargestellt, kann man in der Karte auch die Fließgeschwindigkeit erkennen. Kleine Pfeile in unterschiedlichen Farben deuten Fließrichtung und -geschwindigkeit an, von 20 Zentimetern pro Sekunde bis zu zwei Metern pro Sekunde. Dies entspricht 7,2 km/h.
Die Karte kann solche Wolkenbrüche zwar nicht verhindern. Aber sie kann helfen, die Nutzung der Räume besser zu planen. Umweltdezernentin Rosemarie Heilig und Mobilitätsdezernent Stefan Majer (beide Grüne) haben die Starkregengefahrenkarten gestern vorgestellt.
Frankfurt: Risiko bei Hochwassern von Niederschlagsmenge abhängig
Majer nannte ein Beispiel zur Nutzung der Karten: "Ich bin ja auch im Evangelischen Regionalverband. Wenn ich mir ansehe, dass das Dominikanerkloster voll gefährdet ist, frage ich mich, ob historische Akten im Keller gelagert werden sollten." Ähnlich sei es für jeden, der eine Einliegerwohnung einrichten möchte - die im Ernstfall volllaufen könnte. "Wie nutzt man die Kellerräume? Wo besteht Gefahr?", fragte Heilig. Die Antworten könnten die Bürger jetzt aus den Hochwasserkarten entnehmen. Dabei sei die eigene Vorsorge der Bürger so wichtig wie die der Kommune.
Welche Gefahren bestehen, hängt natürlich davon ab, wie stark es regnet. Die Karte, die das Umweltamt in Kooperation mit vielen Ämtern und einem Ingenieurbüro aus Darmstadt erstellt hat und die die gesamte Stadt abbildet, spielt drei Szenarien durch: Eines mit einem "seltenen" Starkregen, der statistisch bislang alle 30 Jahre gefallen ist und 46 Liter pro Quadratmeter gebracht hat, eines mit einem "außergewöhnlichen", der nur alle 100 Jahre vorkommt (56 Liter) und schließlich einen "extremen" Starkregen, der mit einer Regenmenge von 96 Litern pro Quadratmeter noch viel seltener vorkommt als nur alle 100 Jahre.
Hochwasser in Frankfurt: 140 vollgelaufene Bahnstationen möglich
In diesem letztgenannten Szenario gibt es in Frankfurt 1800 betroffene Flächen, und alleine 140 Bahnstationen könnten volllaufen. Darauf muss die Verkehrsgesellschaft reagieren - als eine von vielen Institutionen, die jetzt auf das Kartenmaterial zugreifen können.
"Wir erinnern uns noch, als der Südbahnhof vollgelaufen war", sagte Majer. Als Reaktion darauf wurden Schotten eingebaut, die solches künftig verhindern. Dabei sind entsprechende Starkregen gar nicht so selten. Rosemarie Heilig sieht vor allem den Klimawandel und die Erwärmung als ursächlich an: "Es wird heiße Sommer und Starkregenereignisse weiter geben." Dabei ist bei Gewittern schwer vorherzusagen, in welcher Stärke sie kommen. Im Juli 2021 etwa, als der Wolkenbruch mit 15 Litern pro Quadratmeter noch harmlos erschien, regnete es in Rödelheim 26 und in Niederrad gar 50 Liter, so Heilig. Was das Problem der Bäche betrifft, die im Taunus Wasser sammeln und dann in Frankfurt Überschwemmungen verursachen, sei die Stadt Majer zufolge in intensiven Gesprächen mit den Nachbarkommunen. Allerdings sind solche Flusshochwasser - wie im August 2020 in Unterliederbach - nicht Bestandteil der neuen Karte, die sich auf Starkregen in Frankfurt beschränkt.
Die Kanalisation ist in Frankfurt so ausgerichtet, dass sie bis zu 26 Liter pro Quadratmeter aufnehmen kann, ein Gewitter, das alle drei Jahre vorkommt. Diese Regenmenge wird in der Karte abgezogen. (Thomas J. Schmidt)