Was tun, wenn das Baby nicht mehr atmet?

Workshop zeigt Eltern, wie sie ihrem Kind in Notfällen helfen können.
In der Mitte des Raumes steht ein kleiner, aufgeklappter Kinder-Arztkoffer zum Spielen, mit Mini-Stethoskop, Reflexhämmerchen und einer Spritze aus Holz. In einer Ecke liegen die Trainings-Säuglingspuppe "Anne" und der Torso eines kleinen Jungen. Gespannt kommen junge Eltern mit und ohne Babys ins Gemeindezentrum der evangelischen Erlösergemeinde, um vier Stunden lang mit Lisa Zimmermann den Notfall zu proben. "Wann habt ihr zuletzt einen Erste-Hilfe-Kurs gemacht?", fragt die Kinderkrankenschwester, die sich mit verschiedenen Kursangeboten für Säuglinge und Babys selbstständig gemacht hat, in die Runde. Die Antwort von allen: vor der Führerscheinprüfung. Eine Auffrischung ist dringend nötig.
Nur Andy hat bisher erlebt, wie wichtig Erste Hilfe ist. "Mein Vater hatte einen Herzinfarkt", erzählt er, und schaut liebevoll auf seinen knapp fünf Monate alten Sohn, der sich neugierig umschaut. Er und vier weitere Väter und Mütter haben sich fürs Angebot des Mehrgenerationenhauses NBZ-Ostend beim Nachbarschaftszentrum Oberrad angemeldet.
Zunächst erklärt Zimmermann, dass Babys niemals ohne Grund schreien. "Auch wenn die Gründe nicht immer klar sind." Dann schickt sie die Eltern in ihre eigene Kindheit zurück und fragt, wie deren Eltern reagierten, wenn sie sich als Kind wehgetan hatten. Die Antworten reichen von "Schmerzableitung durchs Ohr" bis zu "Indianer kennen keinen Schmerz". Schön fand das niemand. "Wichtig ist, das Kind ernst zu nehmen. Ihm zu erklären, was da Aua gemacht hat, es zu trösten, zu streicheln, in den Arm zu nehmen", sagt Zimmermann. Mitgefühl sei für die Kleinen deutlich besser als wegzugucken oder Sprüche zu klopfen. "Wenn sie sich nicht ernst genommen fühlen, erzählen sie sonst irgendwann nicht mehr, was wo wehtut", sagt sie, und empfiehlt Kinderbücher wie die "Eule mit der Beule" oder den Mini-Arztkoffer.
Singen beruhigt Nerven und Atmung
Dann wird es ernst: Die Gruppe widmet sich dem Thema "Notfall". Der erste Schritt: Ruhe bewahren. Tief ein- und ausatmen, nicht in Panik verfallen, weil kleine Kinder "ganz besonders feine Antennen haben", lieber singen, weil es die Atmung beruhigt und Angstzustände lindert. Zweiter Schritt: Die Telefonnummern 112 für den Rettungsdienst oder 116 117 für den ärztlichen Bereitschaftsdienst wählen. Dritter Schritt: Das Baby leicht an den Schultern rütteln. Puppe Anna liegt weiter stumm auf dem Rücken und hat die Augen geschlossen. "Wenn beim Ansprechen und leichten Rütteln keine Reaktion kommt, gibt es ein Problem", erklärt Zimmermann. "Ruft sofort um Hilfe, spürt mit dem Gesicht, ob das Kind atmet und fühlt mit der Hand auf dem Brustkasten, ob er sich bewegt. Wenn nicht, macht die Atemwege frei, indem ihr den Kopf zur Seite legt. Und beatmet dann. Sofort."
Die Eltern gucken erschrocken, als sie lernen, Puppe Anna zu beatmen. Fünf Mal. Und danach die Herzdruckmassage: Mit zwei Fingern am unteren Ende des Brustbeins den Körper um ein Drittel eindrücken. 30 Mal, dann zweimal beatmen, dann wieder 30 Mal drücken. Im Tempo des Liedes "I will Survive". Nach drei Minuten ohne Sauerstoff treten bei Kleinkindern ernste Schädigungen auf. Das Üben der Herzdruckmassage kostet alle Überwindung, genauso wie das richtige Klopfen, wenn das Baby sich verschluckt, und das Retten bei Vergiftungen, Verbrennungen und Verletzungen. Zimmermann ermutigt alle. "Erste Hilfe kann Leben retten. Nichts ist Schlimmer, als nicht zu helfen oder nicht helfen zu können." Sabine Schramek
Kursanmeldungen
Das NBZ bietet regelmäßig Kurse für junge Eltern an. Informationen gibt es per Telefon unter 0 69/43 96 45 und online auf www.nbz-ostend.de/oberrad.