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Wenn das Schmuddelige zum Schönen wird

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Jasmin Muschert fotografiert Frankfurts unbekannteste und dunkelste Ecken und veröffentlicht die Bilder bei Instagram.
Jasmin Muschert fotografiert Frankfurts unbekannteste und dunkelste Ecken und veröffentlicht die Bilder bei Instagram. © Nikolai Kuhnert

Jasmin Muschert sucht sich aufwendig die dunklen und unbekannten Ecken der Stadt und organisiert Events mit der Community.

Oft läuft Jasmin Muschert (39) stundenlang durch Frankfurt. Sie beobachtet, dreht sich und läuft weiter. Immer auf der Suche nach der perfekten Perspektive. „Häufig wird mir gesagt, dass ich das Hässliche schön mache“, erzählt die Hobbyfotografin mit Stolz. Ihr Markenzeichen sind einzigartige Orte.

„Ich mag einfach Abwechslung. Nur die Skyline wäre mir zu langweilig, viel mehr faszinieren mich Spiegelungen, gerade Linien und Symmetrie.“ Diese Faszination teilt auch ihre Community auf Instagram. Dort hat Muschert als frankfurter_maedsche_385 über 7.000 Follower und ist damit eine der Erfolgreichsten für Fotografie in Frankfurt. Dabei wäre ihre Instagram-Karriere 2021 fast vorbei gewesen.

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Damals löschte Instagram ihren Account. „Ich habe keine Ahnung, warum das passierte, aber meine Welt brach für zwei Tage zusammen“, erinnert sich die Frohnatur Muschert. Damals folgten ihr 5.000 Menschen. Schnell war aber klar: Sie will einen Neuanfang starten. Schon 2022 war ihre Community wieder bei alter Größe, so dass sie mit eigenen „Instawalks“ durch Frankfurt anfing. „Ich hatte die Idee, weil immer mehr mit mir fotografieren wollten und ich nicht so viel Zeit habe“, sagt Muschert, die hauptberuflich beim Jugendamt arbeitet. Weil sie jedoch ihren Instagram-Account nur nebenher gestaltet, schienen Instawalks perfekt. Das sind Treffen, bei denen bis zu zehn Follower und Muschert zusammen fotografieren gehen. Muschert plant die Route und legt das Thema fest. Von Westhafen über U-Bahn-Stationen bis Zoo war schon alles dabei. Angekündigt werden die Treffen auf Instagram. Seit Dezember hat sie vier solcher Treffen organisiert. „Oft fragen mich Teilnehmer nach Tipps oder machen mir nach. Das ist für mich immer ein komisches Gefühl, da ich nicht gerne im Mittelpunkt stehe“, sagt Muschert, die selbst erst seit 2018 fotografiert.

Wenn der Hobbyfotografin ein Foto vor den Augen erscheint, bleibt sie stehen und zückt die Kamera. Sie geht in die Hocke, hält die Kamera über dem Kopf oder sucht nach einer Spiegelung. Muschert blendet alles andere aus. Für einen kurzen Moment gibt es nur sie, die Kamera und die Stadt.

„Frankfurt ist meine Heimat. Durch das Fotografieren habe ich die Stadt viel detailreicher kennengelernt. Sie ist perfekt. Es gibt die Skyline, den Main, viele Grünflächen und ganz viel Architektur.“ Doch einer ihrer Lieblingsorte sei der Westhafen. Das Gerippte bei Sonnenuntergang hängt sogar als einziges über ihrem Schreibtisch. Solche Fotos bietet sie auch in ihrem Shop an. „Das ist ein kleiner Nebenverdienst. Aber die meisten sehen die Arbeit hinter einem Foto nicht und würden die Bilder nur kostenlos haben wollen.“ Diese Erfahrung hat auch Marcel Waldmann (26) gemacht. Er hat mit seinem Fotografie-Account marcel_waldmann etwas weniger als 7000 Follower und musste nach einem Jahr seinen Shop deaktivieren. „Ich habe kein einziges Foto verkauft. Das hat sich nicht gelohnt.“ Doch seine Träume hat das nicht eingeschränkt.

„Nach meinem Studium will ich am liebsten Reisefotograf werden“, sagt Waldmann. Aber auch Frankfurt liege ihm am Herzen. Besonders brennt er für die Skyline und geht deshalb oft zum Sonnenaufgang um halb fünf Uhr aus dem Haus. „Diese Stimmung und Ruhe zusammen mit der Skyline ist einzigartig.“ Doch eines seiner besten Fotos hätte Waldmann aus dem Fenster über der Toilette gemacht, wie er sich selbst ironisch eingesteht. „Im Hintergrund ist die Skyline, im Vordergrund grüne Blätter. Die Komposition ist einfach perfekt“, sagt Waldmann.

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Seine Fotos sind hell, farbenfroh und oft mit Wolkenkratzern. „Ich will meinen Followern ein gutes Gefühl geben.“ Muscherts hingegen sind dunkel und von unbekannteren Orten. „Ich bearbeite meine Fotos so, wie sie mir am besten gefallen. Vielleicht ist die Dunkelheit der Ausdruck meiner schwarzen Seele“, scherzt die Instagrammerin, die normalerweise ein farbenfroher Mensch ist.

Nachdem Muschert einen Winkel gefunden hat, aus dem sie ein Hochhaus am Skyline Plaza ablichten will, kniet sie sich und sucht nach der Spiegelung in der Pfütze vor ihr. Muschert lächelt und drückt ab. Zufrieden steht sie wieder auf und sagt: „Heute ist bestimmt mindestens ein gutes Foto dabei.“

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