Wer soll Klimaschutz plus niedrige Mieten bezahlen? Frankfurt hat da eine Idee ...

Die Stadt will ein Förderprogramm für energetische Sanierungen auflegen. Aktuell aber blockiert die Milieuschutzsatzung viele Vorhaben
Frankfurt -Ohne konkrete Ergebnisse ist der erste Runde Tisch der Stadt mit Mietern und Vermietern geblieben. Beide Seite sprechen zwar von „guten und konstruktiven Gesprächen“. Dennoch will Noch-Planungsdezernent Mike Josef (SPD) am Konzept für den Milieuschutz nachbessern: Ziel seien „Klimaschutz plus niedrige Mieten“. Das soll ein Förderprogramm ermöglichen.
Bisher verhindern die strengen Regeln der Stadt in den 14 Gebieten, in denen Milieuschutz gilt, faktisch viele energetische Sanierungen. Die Stadt lässt die nämlich nur zu, wenn die Hauseigentümer nach dem Gebäudeenergiegesetz dazu verpflichtet sind. Das erklärt Josefs Sprecherin Caroline Nützel. Das Gesetz sieht aber nur Mindeststandards vor, wie eine Erneuerung von Heizkesseln oder das Dämmen von Leitungen und Decken zu unbeheizten Dachböden. Will ein Hausbesitzer effektiver energetisch sanieren, verhindert die Milieuschutzsatzung dies.
Deren strenge Regeln hat die Stadt in vielen Stadtteilen mit hoher Bevölkerungsdichte erlassen wie dem östlichen Gallus, Bornheim, Nord- und Ostend, Gutleutviertel, Alt-Eschersheim, Dornbusch, Riederwald und Sachsenhausen-Nord. Das Verbot der energetischen Sanierung steht dabei einem anderen städtischen Ziel entgegen: Die Koalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt will Klimaneutralität bis 2035.
„Alle beteiligten Ämter der Stadtverwaltung sind sich einig, dass auch in Milieuschutzgebieten umfassendere energetische Sanierungen möglich sein müssen“, erklärt Nützel. Deshalb habe eine stadtinterne Arbeitsgruppe den Entwurf eines neuen Konzepts erarbeitet. Dieser sei „auch schon mit Vertretern/-innen der Wohnungswirtschaft erörtert“ worden. Die Vorschläge würden „nun“ in den politischen Gremien eingebracht und beraten, sagt die Josef-Sprecherin. Wann genau, kann sie nicht sagen.
Über Milieuschutz sprach Josef Ende März bei einem „Runden Tisch Milieuschutz“ mit an die 40 Vertretern von Eigentümer- und Mieterseite, beispielsweise von den Wohnungsbaugesellschaften ABG und Nassauische Heimstätte. „Leider mit nur vier Mietervertretern“, sagt Rolf Janßen vom Mieterschutzverein Frankfurt. Das Treffen sei nicht ausgewogen und zu groß gewesen. „Für die Zukunft wäre im Sinn eines inhaltlich fruchtbaren Austauschs zu wünschen, dass die Teilnehmerzahl reduziert wird.“
Runder Tisch als erster Schritt
Dennoch lobt Janßen, dass Josef überhaupt zum Gespräch gebeten hatte - eine mehrere Jahre alte, gemeinsame Forderung von Mieterschutzverein und Eigentümerverband Haus & Grund. Dessen Vorsitzender Jürgen H. Conzelmann lobt: „Das war ein guter, konstruktiver Austausch“, aber auch nicht mehr: Es hätten alle Seiten ihre bekannten Sichtweisen dargestellt. Konkrete Ergebnisse habe es nicht gegeben. „Das war noch nicht detailliert genug, um veränderte Vorgaben zu erhalten“, sagt Conzelmann.
Die sind laut Haus & Grund in Milieuschutzgebieten aber nötig: Es müssten die zu strengen Regeln mindestens gelockert werden, da diese bisher weitgehend den Bau von Wohnungen unterm Dach oder als Aufstockung verhinderten. Angesichts der Wohnungsknappheit „muss es möglich sein, den Bestand schnell nutzen zu können“, sagt Conzelmann. Dafür sei seitens der Stadt „mehr Flexibilität nötig“. Im Gegenzug sei zum Beispiel denkbar, dass Eigentümer konstante Warmmieten für Bestandsmieter zusicherten. Das Problem der Luxussanierungen, das vor einigen Jahren zum Erlass der Milieuschutzsatzungen geführt habe, sei heute „nahezu nicht mehr relevant“, da sich der Markt radikal gewandelt habe, so Conzelmann.
Denkbar sei, dass die Stadt die Mehrkosten für die energetischen Sanierungen übernimmt, die nicht auf Mieter umgelegt werden sollten, regt Haus & Grund an. Dem Vernehmen nach reicht dafür der bald von einer auf zehn Millionen aufgestockte Fördertopf jedoch nicht aus. 20 Millionen Euro im Jahr wären nötig. „Wir müssen die Warmmieten-Neutralität nach einer Modernisierung sicherstellen“, fordert Mieterlobbyist Janßen. „Sonst haben die Mieter das Nachsehen.“
Es seien „gute Gespräche“ und ein „guter Auftakt“ des Runden Tisches gewesen, sagt Mike Josefs Sprecherin Nützel. Einen solchen Austausch zum Milieuschutz sehe auch der Koalitionsvertrag ausdrücklich vor. Mieter- wie Vermieterseite kritisieren allerdings, dass es bisher nur Austausch zu diesem einzelnen Thema gibt.
„Wir müssen dringend noch über anderes sprechen, was den Wohnungsbau in Frankfurt derzeit stark hemmt“, sagt Mietervertreter Rolf Janßen. Schleppende Nachverdichtung und drohende hohe Kosten für Mieter durch städtische Begrünungsvorgaben nennt er. Fehlendes Bauland und zu geringe Bauhöhen ergänzt Vermieterlobbyist Conzelmann. „Wir sollten jetzt gemeinsam, Mieter und Vermieter, überlegen, wie wir es hinbekommen, dass die Lage auf dem Wohnungsmarkt nicht noch weiter aus dem Ruder läuft.“