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Wer zu schnell rennt, der verliert

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Auf los geht es los: Der kleine weiße Kasten, die Sportstation, gibt das Startsignal für die Ziehenschüler.
Auf los geht es los: Der kleine weiße Kasten, die Sportstation, gibt das Startsignal für die Ziehenschüler. © Rainer Rüffer

Zwei Sportstationen animieren Ziehenschüler zu mehr Bewegung

Eschersheim -Gespannt blicken Mia, Linda und Emilina auf den kleinen weißen Kasten, der auf zwei leeren Farbeimern in der Turnhalle der Ziehenschule steht. Rot ist das Display, „Mach Dich bereit“ steht darauf. Dann wechselt die Farbe zu Grün, die 13-jährigen Schülerinnen laufen los. Durch eine Lichtschranke. Mia, die ein Band um das rechte Handgelenk trägt, läuft vorweg, ihre Freundinnen folgen ihr. Vorbei geht es an zwei orangefarbenen Hütchen, beim dritten wird gewendet und dieselbe Strecke auf der anderen Seite zurückgelaufen. Noch beim Passieren der Lichtschranke blickt Mia wieder auf das Display. 8,13 Sekunden zeigt es an. „Nein, jetzt waren wir zu schnell“, sagt sie. Enttäuscht sind die Mädchen aber nicht - im Gegenteil. Ihr Ehrgeiz ist geweckt. Unbedingt wollen sie die Strecke in exakt neun Sekunden schaffen.

Aufgebaut wie ein PC-Spiel

Etwas abseits, aber die Schüler allesamt im Blick, steht Wolfgang Paes. Er ist der Erfinder des kleinen weißen Kastens, der in den Kindern den sportlichen Ehrgeiz weckt. Der Sportstation. „Genau das wollen wir erreichen. Es geht nicht um Schnelligkeit, nicht darum, wer zuerst durchs Ziel läuft. In diesem Falle geht es um Genauigkeit“, sagt er. Aufgebaut sei die Sportstation wie ein PC-Spiel, verschiedene Modi könnten dort eingestellt werden. In diesem Falle sollen die Schüler es eben schaffen, eine bestimmte Strecke in exakt neun Sekunden zu laufen. Gemessen wird das Tempo mit einem Chip am Armband, wie Mia es trägt.

„Das ist ganz schön schwierig“, sagt derweil eine jüngere Schülerin, die mit ihrer Gruppe soeben die Lichtschranke durchlaufen hat. Und auch die älteren Jungen an der zweiten Station tun sich schwer. Sie waren viel zu schnell.

Seit einem halben Jahr wird die Sportstation bereits in der Sport-AG, die von „Football in your life“ angeboten wird, genutzt. „Die Kinder haben unglaublichen Spaß daran. Zudem werden so auch die Kinder gefordert und für Sport begeistert, die vielleicht nicht so die Sportskanonen sind“, sagt Geschäftsführer Birger Naß. Weshalb er der Schule auch vorschlug, zwei dieser Stationen anzuschaffen. Denn nutzbar, sagt er, wären sie nicht nur im Sportunterricht. Auch die Pausen könnte man damit abwechslungsreich gestalten.

Betrieben wird die Sportstation mit einem Akku, störende Kabel gibt es nicht. Und ist der einmal leer, dann kann das Gerät an einer Powerbank geladen und gleichzeitig weiter genutzt werden. „Das macht das Gerät unglaublich flexibel“, erklärt Paes. Für die Schüler können Profile angelegt werden, sie sammeln nach und nach Sterne. Eine zusätzliche Motivation für die Kinder, weiß er.

Unterstützung von Sponsoren

Doch eine Sportstation kostet 2500 Euro. Geld, das eine Schule nicht immer zur Verfügung hat. Weshalb sich vor vier Monaten der Förderverein einschaltete. Muriel Schulte und Bettina Holland waren ebenso begeistert von dem Angebot. Erst recht, als sie sich im Internet kundig machten. „Sogar im Profifußball wird die Station eingesetzt. Das ist wirklich toll“, sagt Schulte. Und so gingen sie auf Sponsorensuche. 2000 Euro bekamen sie von „Lotto hilft Hessen“, 500 Euro steuerte der Förderverein der Ziehenschule bei. Und die zweite Station? Deren Kosten übernahm die Initiative „Kinder Joy of Moving“ - ein globales, edukatives Bewegungsprogramm von Ferrero, das sich zum Ziel gesetzt hat, Kinder und Jugendliche nachhaltig für Sport und Bewegung zu begeistern. „Die Sportstation hat uns überzeugt, weil sie auch die Schwächeren mitnimmt“, sagt Volkmar Schwenk, Mitglied der Geschäftsleitung.

Und auch Chris Helding, Sportlehrer an der Ziehenschule, ist begeistert über die zusätzlichen Möglichkeiten im Sportunterricht. „Die Digitalisierung zieht zunehmend in die Schulen ein und nun eben auch im Sportunterricht. Man sieht ja an den Schülern, dass dies tatsächlich eine schöne Abwechslung ist“, sagt er und zeigt auf die Jungen, die nach wie vor die neun Sekunden noch nicht geschafft haben. Auch bei der dritten Runde nicht.

Und auch Mia, Emilina und Linda haben die magische Grenze noch nicht geknackt. Sie stecken ihre Köpfe zusammen und beraten, was sie besser machen können. Nun soll Linda vorweg laufen, im Kopf die Sekunden zählen und das Tempo vorgeben. Doch es klappt schon wieder nicht. „Aufgeben kommt aber nicht in Frage“, sagen die Mädchen. Sie wollen weitermachen - bis sie die Sportstation „besiegt“ haben.

judith dietermann

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