U4-Variante in Frankfurt: Ganze Allee müsste gefällt werden

In Frankfurt kommen die Planungen für den U4-Lückenschluss voran, der Campus Westend der Universität soll angeschlossen werden. Doch es gibt eine Hürde.
Frankfurt – Drei Varianten sind übrig: Wie die Stadt den U4-Lückenschluss zwischen Bockenheimer Warte und Ginnheim plant, haben städtisches Mobilitätsdezernat und Verkehrsgesellschaft (VGF) am Mittwochabend der Öffentlichkeit und zwei Ortsbeiräten vorgestellt. Klar wurde: Die von den örtlichen Bürgerinitiativen geforderte Streckenführung hätte massive Nachteile für die Umwelt.
So müssten für Variante 1a entlang von Zeppelin- und Miquelallee alle Bäume entlang der Straßen gefällt werden, hatte Wolfgang Siefert, Persönlicher Referent von Mobilitätsdezernent Stefan Majer (Grüne) bereits im Vorfeld erklärt. Nun ergänzte VGF-Infrastruktur-Experte Jürgen Tiesler: Auch einige Meter von Palmen- und Botanischem Garten würden benötigt. Und am Westrand des Botanischen Gartens und des Grüneburgparks entstünde eine Tunnelrampe. Hinter vorgehaltener Hand kursiert die Zahl: 104 Bäume müssten weg.
Bürgerinitiativen fordern offene Bauweise – Stadt Frankfurt ist strikt dagegen
Favorit fast aller Parteien im Römer ist hingegen Lösung 3i mit einem langen Tunnel tief unterm Grüneburgpark zum Campus Westend der Goethe-Universität, wo unter dem Adorno-Platz eine Station entstünde. Bei Variante 1a, die die BI Grüneburgpark, die Aktionsgemeinschaft Westend und der Umweltverband BUND favorisieren, würde der Tunnel hingegen in offener Bauweise entstehen. Das bedeute einen erheblichen Eingriff ins Grundwasser, jahrelanges, aufwendiges Pumpen werde nötig, so Experte Tiesler. „Das soll vermieden werden.“
Wolfgang Siefert ergänzte: „Die offene Bauweise ist von den Umweltaspekten her heute nicht mehr zeitgemäß.“ Daher prüfe die Stadt die direkte Alternative 1d mit Tunnelbau per Bohrmaschine unterm Palmengarten. „Damit könnte man jede Menge Bäume retten“, merkte Besucher Jakob Hebsacker lobend an.
Wie sich kurzer Tunnel oder offene Baugrube auf die Grundwasserströme auswirken, dazu mochte Hydrogeologie-Gutachter Dirk Brehm vor Vorliegen seiner Messergebnisse noch nichts sagen. „Das ist eine ganz spezielle Ecke.“
Frankfurt: Die billigste muss nicht die beste Lösung sein
Per Tunnelbohrmaschine seien aber Störungen des Grundwasserflusses ausgeschlossen. Das Wasser suche sich einfach neue Wege um die 8-Meter-Röhren herum, so Brehm. Ende 2023 sollen alle Untersuchungen vorliegen, so dass die Stadtverordneten Anfang 2024 die Entscheidung für eine Variante treffen könnten, sagte Siefert. Anfang der 2030er-Jahre könnte die Strecke dann in Betrieb gehen. „Wir sammeln jetzt ganz viele Fakten, um die beste Variante herauszufiltern“, betonte Ingo Kühn, Chef der städtischen Stadtbahn-Baugesellschaft SBEV. Alle drei Varianten hätte ihre Vor- und Nachteile und würden ergebnisoffen geprüft.
Großteils wurde die dreistündige Veranstaltung im Hörsaalzentrum auf dem Uni-Campus Westend, die der Information der Ortsbeiräte 2 (Bockenheim, Westend) und 9 (Dornbusch, Eschersheim, Ginnheim) dienen sollte, von Fundamentalkritik von Gegnern des Projekts geprägt. So fragte ein Anwohner aus der August-Siebert-Straße, die unterirdisch von der Uni-Trasse gekreuzt würde, warum die Stadt nicht die günstigste, also die direkte Variante wähle. „Aus Sparsamkeitsgründen müsste doch die günstigste Variante gewählt werden“, fand auch Wolf-Rüdiger Hansen vom Umweltverband BUND. „Die billigste Variante muss nicht die beste sein“, so Wolfgang Siefert. Es gehe neben den Kosten auch um Aspekte wie „den verkehrlichen Nutzen oder Beeinträchtigungen von Flora und Fauna“.
U4-Variante in Frankfurt: Zuschauer sauer über Kritiker – „Alles wird nur zerrissen“
Auf Fragen erklärte der Referent, dass selbstredend auch der CO2-Ausstoß beim Tunnelbau in die Variantenentscheidung einfließe, dass der Tunnel im Sinn der Mobilitätswende auch unabhängig vom Stadtwachstum notwendig sei und die Straßenbahn im Reuterweg zusätzlich gebaut werden solle. Viel zu wenig werde herausgestellt, wie sehr die neue Strecke auch den nördlichen Stadtteilen nutze, fand Ingrid Häußler, FDP-Fraktionschefin im Neuner. „Es geht nicht nur darum, den Campus anzuschließen.“ Den Fehler einer oberirdischen Strecke solle die Stadt nicht wiederholen. „Da sind wir in Eschersheim schon geprägt.“
Auch geißelte sie, dass den Abend über wieder Grundsatzdebatten geführt worden seien, statt neue Infos zu geben. Auch Besucher Philipp Sturm war stocksauer. „Für die, die sich inhaltlich interessieren, ist es unerträglich, wie alles nur zerrissen wird.“ (Dennis Pfeiffer-Goldmann)