Wo die Lese-Eule auf einen eitlen Pfau trifft

Kinder waren zu einem Sommer-Abenteuer in den Zoo eingeladen
Der Pfau redet mit. Immer wenn Stefan Graf die Stimme erhebt, beispielsweise weil jemand in der Geschichte vom „Stadtbär“ nach der Polizei ruft, reagiert der prächtige Vogel, der im Grzimek-Camp des Frankfurter Zoos herumläuft, darauf mit seinem ganz eigenen Schreien. Der Schauspieler am Mikrofon bezieht das gerne ein, fordert auf zum Applaus für den bodenständigen Begleiter. Die Zwischentöne passen so schön in die Erzählung von Katja Gehrmann hinein, die der seit 15 Jahren beruflich an das Rhein-Main-Gebiet gebundene Schweizer seinen etwa 50 kleinen und größeren Zuhörern vorträgt. Waldbewohner nisten sich darin in ungewohntem Umfeld ein, sorgen für Unruhe auf Straßen und zwischen Häusern, obwohl sie den Menschen gar nichts tun.
Premiere im Freien gefeiert
Die Lese-Eule hatte am Freitag eingeladen; erstmals gab es bei der gemeinsamen Aktion der Stadtbücherei und des Schauspiels Frankfurt, bei der diese Zeitung als Medienpartner wirkt, ein Sommer-Abenteuer im Angebot. Das im Jahresplan obligatorische Zoo-Erlebnis feierte so auch seine Premiere im Freien, an dem kleinen Platz im hinteren Teil des Tiergartens, der dem früherem Direktor Bernhard Grzimek gewidmet ist, wo ein Jeep mit Zebrastreifen, eine Hütte und ein Kleinflugzeug an dessen Afrika-Reisen erinnern.
Bei Popcorn und kühlen Getränken lauschten Kinder wie Erwachsene, wie der bärige Protagonist der Lesung sich außerhalb seines Reviers schlug. Die bunten Zeichnungen aus dem Bilderbuch für Leseanfänger, die dabei auf zwei Staffeleien gezeigt wurden, 20 an der Zahl, wurden danach verlost, und manche Familie und Kleingruppe konnte gleich mehrere davon wegtragen. Im Anschluss daran ging es in zwei Gruppen noch gemeinsam zu einigen Gehegen und Anlagen der Zoo-Bewohner, und natürlich stand dabei auch ein Besuch bei den Brillenbären, quasi den Verwandten der Hauptperson beim literarischen Spaß an.
Manu und Chimbo, so die Namen der WG-Partner im Ukumari-Land, verbrachten ihre Zeit gerade mit dem, was bei Temperaturen weit über 20 Grad einige der Jungen und Mädchen selbst gerne getan hätten: Sie kühlten sich im Pool ab und verspeisten dabei das Obst, die Äpfel und Melonen, die ihnen der stellvertretende Revierleiter, Daniel Höflich, von draußen zuwarf.
Bei diesem Wetter sei das für die beiden tierischen Männer, die, was nicht selbstverständlich sei, bestens miteinander könnten, das Beste, erklärte der Fachmann. Und überhaupt: Fleisch und Fisch gebe es für die schwarzen Gesellen nur selten, jeweils einmal in der Woche etwa. „Am liebsten essen sie Chicoree und Karotten“, seien bei drei bis vier Kilogramm Gemüse pro Tag aber keine Vegetarier. „In der Natur fressen Brillenbären auch mal Aas“, so Höflich, aber im Domizil mit Vollpension, wo sie alles bekommen könnten, bevorzugten sie andere Naturalien. Fisch habe den Vorteil, dass er ihr Fell zum Glänzen bringe.
Brillenbären schälen ihr Obst selbst
Zum Spielen hängen ein paar Autoreifen herum. Manchmal, so Höflich, werden diese abgenommen und erst später wieder zurückgebracht. „Dann sind sie wieder interessant für die beiden“, die sich mit dem, was man ihnen zur Animation bereitstellt, irgendwann langweilen. Ihr Obst schälen sie selbst; auch das dient dem Zeitvertreib, wie eine der Besucherinnen feststellte.
„Schauspiel“-Ensemblemitglied Stefan Graf, der die Lese-Eule schon mal in die Goldkammer begleitet hatte, hatte sein Einsatz erneut „viel Spaß“ gemacht. „Ich wohne direkt am Zoo“, da sei es nahe liegend gewesen, dass er sich vor seinem bevorstehenden Sommerurlaub Zeit dafür nahm. Ulkigerweise passte die Aufgabe gut mit einer Verpflichtung beim Hessischen Rundfunk zusammen, wie Graf erklärte. „Da habe ich gerade als Sprecher einen Bären-Job gehabt.“ Katja Sturm