Für „Würde im Alter“: Hier finden queere Senioren ein tolerantes Zuhause in Frankfurt
Beim Diversitätsprojekt „Wir l(i)eben Vielfalt!“ im Schwanthaler Carrée in Frankfurt geht es um Toleranz und ein friedliches Miteinander.
Frankfurt – Die Welt ist bunt und vielfältig – und das spiegelt sich auch im Seniorenwohnheim Agaplesion im Schwanthaler Carree wider. Im Pflegebereich des Heims am Martha-Wertheimer-Platz in Frankfurt wohnen rund 49 Senioren, viele von ihnen leiden an Demenz. Zudem leben Senioren in 79 betreuten Wohnungen in den obereren Stockwerken des Hauses.
Die Bewohner und die fast 40-köpfige Belegschaft stammen aus aller Herren Länder, gehören unterschiedlichen Religionen an und haben mitunter verschiedene sexuelle Orientierungen. Christen, Muslime, Juden leben und arbeiten unter einem Dach. Bis vor kurzem lebte in der Einrichtung ein homosexueller Bewohner, der täglich von seinem Partner besucht wurde, und auch die Belegschaft ist „divers“, von homo- bis bi- oder transsexuell orientiert.
Frankfurt: Projekt will Diskriminierung vorbeugen
Drum passt das Diversitätsprojekt, das vor drei Jahren im Schwanthaler Carrée startete und das gestern mit einem Frühlingsfest gefeiert wurde, gut zum Haus. „Wir hatten früh festgestellt, dass das Thema wichtig ist und dass wir was tun müssen“, sagt Hannelore Rexroth, Geschäftsführerin der Agaplesion Markus Diakonie gGmbH.

Denn es gehe darum, zu sensibilisieren, um Diskriminierung vorzubeugen, so dass sich im Haus alle wohlfühlen, trotz und wegen ihrer Vielfalt. Dazu gehört etwa, zu lernen, was diskriminierungsfreie Sprache ist und wie man besser darauf achten kann, so zu sprechen, dass sich alle angenommen fühlen.
Ziel des Projekts „Diversität: Toleranz für vielfältige Lebensentwürfe im Schwanthaler Carrée“ im Rahmen des städtischen Programms „Würde im Alter“ war ein „tolerantes und akzeptierendes Umfeld in der Pflege herzustellen“. „Wir sind sehr stolz auf alle, die so engagiert dabei waren und das Projekt möglich gemacht haben“, sagt Hausleiter Florian Scheib. Vor allem in Zeiten steigender Strafdelikte mit queer-feindlichen Hintergründen ist dies besonders wichtig.
Seniorenheim-Mitarbeiter nahmen am CSD Frankfurt teil
Projektleiter Tom Dörr war zuvor bei der Aidshilfe Frankfurt beschäftigt. Der Diversitätsbeauftragte brachte jede Menge Ideen ein, schulte Mitarbeiter rund um kultur- und diskriminierungssensible Pflege.
Mitarbeiter und Führungskräfte der Agaplesion machten vergangenes Jahr sogar beim Christopher Street Day in Frankfurt mit. In der Reihe Café Karussel im Kulturcafé Switchboard für schwule Frankfurter ab 60 Jahren sprachen Tom Dörr und Vanessa Tarnow, Fachkraft für Altenpflege, zum Thema „Queere Menschen und Demenz“.

Auch Drag Queen Christy Moon aus Frankfurt ist zu Gast
Höhepunkt im Schwanthaler Carree war das beliebte Diversitätscafé, das bereits zwei Mal Bewohner und Belegschaft zu Kaffee und Regenbogentorte eingeladen hat – die bunte Torte gab es auch gestern zum Frühlingsfest. Im September 2021 trat dort die Frankfurter Drag Queen Christy Moon auf, „ihr Besuch kam sehr gut an“, erinnert sich Dörr.
Vergangenes Jahr am bundesweiten „Diversity Day“ unterschrieb zudem die Personalvorständin der Agaplesion, Constance von Struensee, die „Charta der Vielfalt“, die bereits 4900 Unternehmen in Deutschland unterzeichnet haben.

Enthüllt wurde gestern zudem das neue Diversitätslogo des Hauses, das bei dem queeren Künstler Andre Levy Silva in Auftrag gegeben worden war: Unter einem stilisierten Schwan mit regenbogenfarbenen Flügeln steht „Wir l(i)eben Vielfalt“. Es soll künftig die Briefbögen zieren und etwa in Form von Schlüsselanhängern „die queere Seele des Hauses nach außen tragen“, so Dörr. Das Logo, das nicht das alte ersetzt, sondern zusätzlich genutzt wird, solle zeigen, „dass diakonische Werte, also auch das Leitbild der Agaplesion, mit Diversität Hand in Hand gehen.“
Hannelore Rexroth fügte an: „Wir sind nicht alle queer, aber wir sind ein offenes, tolerantes Haus, in dem sich jeder willkommen fühlen kann“. In Zukunft soll zudem das Schlagwort „Inklusion“ in den Mittelpunkt gerückt werden, auch dies ein sensibles Thema, das zu mehr Verständnis für Vielfalt beitragen soll. (Stefanie Wehr)