Zum ersten Mal am Main

Engagiert im English Theater
K atie Matsell und Flora Dawson haben eine gute Zeit. Für die beiden Schauspielerinnen, die zurzeit im English Theatre in dem Stück „Suddenly last Summer“ auf der Bühne stehen, ist’s das erste Mal, dass sie in Frankfurt sind. „Wir sind zum ersten Mal überhaupt in Deutschland“, sagt die 27-jährige Katie Matsell, die in dem Stück aus der Feder von Tennessee Williams die Catharine Holly gibt. Flora Dawson und sie kannten sich vorher nicht, haben sich angefreundet und erkunden nun gemeinsam die Stadt.
Seit ziemlich genau einem Monat arbeiten sie in der Mainmetropole. „Anfangs konnten wir nicht wirklich viel unternehmen, weil wir lange und intensiv geprobt haben“, erinnert sich Flora Dawson, die in der Fernseh-Serie „Malory Tower“ die Rolle der Mrs. Rivers spielt. Nun läuft das Stück seit Mitte des vergangenen Monats und seitdem lernten sie einige Restaurants kennen. „Vergangene Woche war meine Familie hier und wir waren in Sachsenhausen - wir hatten Schnitzel und Grie Soß, Bier und Ebbelwei“, berichtet sie. Während ihre Verwandtschaft die Aufführung schon gesehen hat, wird Katie Matsells Freund, ein Autor, in den nächsten Tagen vorbeischauen. Wie sie und Flora Dawson, wohnt er in London.
Es sei schon ein seltsames Gefühl, nach dem Brexit hier in Deutschland zu sein. „Wir beide waren dagegen“, sagt Flora Dawson, die auch irische Wurzeln hat. „Wir merken es sehr, dass wir nicht mehr Teil der EU sind“, ergänzt Katie Matsell. Diese Entscheidung habe sie sehr getroffen, obwohl sie, wie Katie Matsell erklärt, „very, very English“ sei. Doch die heutige Krönung von König Charles III. verfolge sie nicht. Beide interessiert das nicht. „Meine Großmutter wird sicher einen wunderschönen Tag haben“, sagt Flora Dawson.
Die 38-Jährige tanzt seit ihrem zweiten Lebensjahr. „So kam ich ans Theater. Vor allen Dingen ans Musiktheater.“ Vor etwa fünf Jahren meldete sich ihr Körper, sagte, dass es genug sei mit dem Tanzen. Deshalb konzentrierte sie sich aufs Theaterspielen. „Ich machte mehr Stücke und bekam die Rolle bei ’Malory Towers’“, berichtet sie.
An diesem sonnigen Nachmittag nehmen sie den Palmengarten unter die Lupe, schauen - natürlich - im Palmenhaus vorbei und machen sich auf die Suche nach einer fleischfressenden Pflanze. Dionaea muscipula. Die Venusfliegenfalle. Sie finden sie - allerdings ist sie sehr klein. Bei Kartoffelsalat und Frankfurter Würstchen erzählen die zwei Schauspielerinnen von der Premiere, die sehr gut gelaufen sei. Sie fühlen sich wohl in Frankfurt. „Jeder hier ist so freundlich und zuvorkommend“, ist Katie Matsell aufgefallen. Sie stand vergangenes Jahr in Kanada vor der Kamera - für die fünfte Staffel der Serie „Titans“. „Ich spiele eine Kellnerin, die in Schwierigkeiten gerät“, plaudert sie aus dem Nähkästchen, will aber nicht mehr verraten. Zu dieser Rolle kam sie, weil die Macher nach einer hörgeschädigten Darstellerin suchten, denn die von ihr dargestellte Kellnerin hört sehr schlecht. Kaum hatte sie ihr Video eingereicht, saß sie auch schon im Flieger.
„Das ist eine der schönsten Seiten unserer Arbeit, wenn wir reisen dürfen“, so Katie Matsell, die ein Problem mit dem Gehör hat. Seit Kindertagen begeistert sich Katie Matsell für die Schauspielerei. Ihr großes Vorbild: ihre Mutter. Sie war Teil einer Laientheatergruppe. „Sie hat es geliebt und ich habe es geliebt, ihr zuzusehen.“ Irgendwann war sie schließlich selbst Teil der Gruppe und entschied sich mit 16, die Schauspielschule zu besuchen.
Der Ausblick auf eine Auslandserfahrung war es, der beide Frauen ans English Theatre im Bahnhofsviertel lockte. Ihr Agent habe Katie Matsell den Job vermittelt. „Als ich das Stück gelesen hatte, wusste ich, dass ich diesen Charakter spielen musste“, so die Schauspielerin, die zuvor am National Theater in London engagiert war. „Es fühlt sich an wie ein Abenteuer, in einem neuen Land und in einer neuen Stadt - aber hauptsächlich war’s die Rolle“, unterstreicht sie.
Ähnlich geht es Flora Dawson, die gleich zwei Rollen spielt. „Ich wollte unbedingt mit Regisseur Josh Seymour zusammenarbeiten. Das war ein großer Wurf für mich, auch das Stück an sich sowie die große Veränderung in meinem Leben“, zählt Flora Dawson einige Gründe auf, warum sie dabei sein wollte. enr